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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

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Die objectiven Versuche

303.

verlangen hingegen nothwendig den Sonnenschein,
der, wenn er sich auch einstellt, nicht immer den wün-
schenswerthen Bezug auf den ihm entgegengestellten Ap-
parat haben kann. Bald steht die Sonne zu hoch, bald
zu tief, und doch auch nur kurze Zeit in dem Meridian
des am besten gelegenen Zimmers. Unter dem Beobach-
ten weicht sie; man muß mit dem Apparat nachrücken,
wodurch in manchen Fällen die Versuche unsicher wer-
den. Wenn die Sonne durchs Prisma scheint, so of-
fenbart sie alle Ungleichheiten, innere Fäden und Bläs-
chen des Glases, wodurch die Erscheinung verwirrt, ge-
trübt und mißfärbig gemacht wird.

304.

Doch müssen die Versuche beyder Arten gleich ge-
nau bekannt seyn. Sie scheinen einander entgegenge-
setzt und gehen immer mit einander parallel; was die
einen zeigen, zeigen die andern auch, und doch hat je-
de Art wieder ihre Eigenheiten, wodurch gewisse Wir-
kungen der Natur auf mehr als eine Weise offenbar
werden.

305.

Sodann giebt es bedeutende Phänomene, wel-
che man durch Verbindung der subjectiven und objec-
tiven Versuche hervorbringt. Nicht weniger gewähren
uns die objectiven den Vortheil, daß wir sie meist

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Die objectiven Verſuche

303.

verlangen hingegen nothwendig den Sonnenſchein,
der, wenn er ſich auch einſtellt, nicht immer den wuͤn-
ſchenswerthen Bezug auf den ihm entgegengeſtellten Ap-
parat haben kann. Bald ſteht die Sonne zu hoch, bald
zu tief, und doch auch nur kurze Zeit in dem Meridian
des am beſten gelegenen Zimmers. Unter dem Beobach-
ten weicht ſie; man muß mit dem Apparat nachruͤcken,
wodurch in manchen Faͤllen die Verſuche unſicher wer-
den. Wenn die Sonne durchs Prisma ſcheint, ſo of-
fenbart ſie alle Ungleichheiten, innere Faͤden und Blaͤs-
chen des Glaſes, wodurch die Erſcheinung verwirrt, ge-
truͤbt und mißfaͤrbig gemacht wird.

304.

Doch muͤſſen die Verſuche beyder Arten gleich ge-
nau bekannt ſeyn. Sie ſcheinen einander entgegenge-
ſetzt und gehen immer mit einander parallel; was die
einen zeigen, zeigen die andern auch, und doch hat je-
de Art wieder ihre Eigenheiten, wodurch gewiſſe Wir-
kungen der Natur auf mehr als eine Weiſe offenbar
werden.

305.

Sodann giebt es bedeutende Phaͤnomene, wel-
che man durch Verbindung der ſubjectiven und objec-
tiven Verſuche hervorbringt. Nicht weniger gewaͤhren
uns die objectiven den Vortheil, daß wir ſie meiſt

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[115/0169] Die objectiven Verſuche 303. verlangen hingegen nothwendig den Sonnenſchein, der, wenn er ſich auch einſtellt, nicht immer den wuͤn- ſchenswerthen Bezug auf den ihm entgegengeſtellten Ap- parat haben kann. Bald ſteht die Sonne zu hoch, bald zu tief, und doch auch nur kurze Zeit in dem Meridian des am beſten gelegenen Zimmers. Unter dem Beobach- ten weicht ſie; man muß mit dem Apparat nachruͤcken, wodurch in manchen Faͤllen die Verſuche unſicher wer- den. Wenn die Sonne durchs Prisma ſcheint, ſo of- fenbart ſie alle Ungleichheiten, innere Faͤden und Blaͤs- chen des Glaſes, wodurch die Erſcheinung verwirrt, ge- truͤbt und mißfaͤrbig gemacht wird. 304. Doch muͤſſen die Verſuche beyder Arten gleich ge- nau bekannt ſeyn. Sie ſcheinen einander entgegenge- ſetzt und gehen immer mit einander parallel; was die einen zeigen, zeigen die andern auch, und doch hat je- de Art wieder ihre Eigenheiten, wodurch gewiſſe Wir- kungen der Natur auf mehr als eine Weiſe offenbar werden. 305. Sodann giebt es bedeutende Phaͤnomene, wel- che man durch Verbindung der ſubjectiven und objec- tiven Verſuche hervorbringt. Nicht weniger gewaͤhren uns die objectiven den Vortheil, daß wir ſie meiſt 8 *

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/169>, abgerufen am 22.12.2024.