Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

An beyden entsteht der blaue Rand nunmehr oben.
Dieser, homogen mit dem blauen Bilde, verbindet sich
demselben und scheint es in die Höhe zu heben; nur daß
der hellblaue Rand oberwärts zu sehr absticht. Der vio-
lette Saum ist auch herabwärts ins blaue deutlich genug.
Ebendieser obere blaue Scheinrand ist nun mit dem rothen
Viereck heterogen, er ist in der Gegenwirkung begriffen
und kaum sichtbar. Der violette Saum indessen bringt,
verbunden mit dem Gelbrothen des Bildes, eine Pfirsich-
blüthfarbe zu Wege.

274.

Wenn nun aus der angegebenen Ursache die oberen
Ränder dieser Vierecke nicht horizontal erscheinen, so
erscheinen die untern desto gleicher: denn indem beyde
Farben, die rothe und die blaue, gegen das Weiße ge-
rechnet, dunkler sind, als sie gegen das Schwarze hell
waren, welches besonders von der letztern gilt; so ent-
steht unter beyden der rothe Rand mit seinem gelben
Saume sehr deutlich. Er zeigt sich unter dem gelbro-
then Bilde in seiner ganzen Schönheit, und unter dem
dunkelblauen beynahe wie er unter dem schwarzen er-
schien; wie man bemerken kann, wenn man abermals
die übereinandergesetzten Bilder und ihre Ränder und
Säume vergleicht.

275.

Um nun diesen Versuchen die größte Mannigfal-
tigkeit und Deutlichkeit zu geben, sind Vierecke von ver-
schiedenen Farben in der Mitte der Tafel dergestalt an-
gebracht, daß die Gränze des Schwarzen und Weißen

An beyden entſteht der blaue Rand nunmehr oben.
Dieſer, homogen mit dem blauen Bilde, verbindet ſich
demſelben und ſcheint es in die Hoͤhe zu heben; nur daß
der hellblaue Rand oberwaͤrts zu ſehr abſticht. Der vio-
lette Saum iſt auch herabwaͤrts ins blaue deutlich genug.
Ebendieſer obere blaue Scheinrand iſt nun mit dem rothen
Viereck heterogen, er iſt in der Gegenwirkung begriffen
und kaum ſichtbar. Der violette Saum indeſſen bringt,
verbunden mit dem Gelbrothen des Bildes, eine Pfirſich-
bluͤthfarbe zu Wege.

274.

Wenn nun aus der angegebenen Urſache die oberen
Raͤnder dieſer Vierecke nicht horizontal erſcheinen, ſo
erſcheinen die untern deſto gleicher: denn indem beyde
Farben, die rothe und die blaue, gegen das Weiße ge-
rechnet, dunkler ſind, als ſie gegen das Schwarze hell
waren, welches beſonders von der letztern gilt; ſo ent-
ſteht unter beyden der rothe Rand mit ſeinem gelben
Saume ſehr deutlich. Er zeigt ſich unter dem gelbro-
then Bilde in ſeiner ganzen Schoͤnheit, und unter dem
dunkelblauen beynahe wie er unter dem ſchwarzen er-
ſchien; wie man bemerken kann, wenn man abermals
die uͤbereinandergeſetzten Bilder und ihre Raͤnder und
Saͤume vergleicht.

275.

Um nun dieſen Verſuchen die groͤßte Mannigfal-
tigkeit und Deutlichkeit zu geben, ſind Vierecke von ver-
ſchiedenen Farben in der Mitte der Tafel dergeſtalt an-
gebracht, daß die Graͤnze des Schwarzen und Weißen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0157" n="103"/>
An beyden ent&#x017F;teht der blaue Rand nunmehr oben.<lb/>
Die&#x017F;er, homogen mit dem blauen Bilde, verbindet &#x017F;ich<lb/>
dem&#x017F;elben und &#x017F;cheint es in die Ho&#x0364;he zu heben; nur daß<lb/>
der hellblaue Rand oberwa&#x0364;rts zu &#x017F;ehr ab&#x017F;ticht. Der vio-<lb/>
lette Saum i&#x017F;t auch herabwa&#x0364;rts ins blaue deutlich genug.<lb/>
Ebendie&#x017F;er obere blaue Scheinrand i&#x017F;t nun mit dem rothen<lb/>
Viereck heterogen, er i&#x017F;t in der Gegenwirkung begriffen<lb/>
und kaum &#x017F;ichtbar. Der violette Saum inde&#x017F;&#x017F;en bringt,<lb/>
verbunden mit dem Gelbrothen des Bildes, eine Pfir&#x017F;ich-<lb/>
blu&#x0364;thfarbe zu Wege.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>274.</head><lb/>
              <p>Wenn nun aus der angegebenen Ur&#x017F;ache die oberen<lb/>
Ra&#x0364;nder die&#x017F;er Vierecke nicht horizontal er&#x017F;cheinen, &#x017F;o<lb/>
er&#x017F;cheinen die untern de&#x017F;to gleicher: denn indem beyde<lb/>
Farben, die rothe und die blaue, gegen das Weiße ge-<lb/>
rechnet, dunkler &#x017F;ind, als &#x017F;ie gegen das Schwarze hell<lb/>
waren, welches be&#x017F;onders von der letztern gilt; &#x017F;o ent-<lb/>
&#x017F;teht unter beyden der rothe Rand mit &#x017F;einem gelben<lb/>
Saume &#x017F;ehr deutlich. Er zeigt &#x017F;ich unter dem gelbro-<lb/>
then Bilde in &#x017F;einer ganzen Scho&#x0364;nheit, und unter dem<lb/>
dunkelblauen beynahe wie er unter dem &#x017F;chwarzen er-<lb/>
&#x017F;chien; wie man bemerken kann, wenn man abermals<lb/>
die u&#x0364;bereinanderge&#x017F;etzten Bilder und ihre Ra&#x0364;nder und<lb/>
Sa&#x0364;ume vergleicht.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>275.</head><lb/>
              <p>Um nun die&#x017F;en Ver&#x017F;uchen die gro&#x0364;ßte Mannigfal-<lb/>
tigkeit und Deutlichkeit zu geben, &#x017F;ind Vierecke von ver-<lb/>
&#x017F;chiedenen Farben in der Mitte der Tafel derge&#x017F;talt an-<lb/>
gebracht, daß die Gra&#x0364;nze des Schwarzen und Weißen<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0157] An beyden entſteht der blaue Rand nunmehr oben. Dieſer, homogen mit dem blauen Bilde, verbindet ſich demſelben und ſcheint es in die Hoͤhe zu heben; nur daß der hellblaue Rand oberwaͤrts zu ſehr abſticht. Der vio- lette Saum iſt auch herabwaͤrts ins blaue deutlich genug. Ebendieſer obere blaue Scheinrand iſt nun mit dem rothen Viereck heterogen, er iſt in der Gegenwirkung begriffen und kaum ſichtbar. Der violette Saum indeſſen bringt, verbunden mit dem Gelbrothen des Bildes, eine Pfirſich- bluͤthfarbe zu Wege. 274. Wenn nun aus der angegebenen Urſache die oberen Raͤnder dieſer Vierecke nicht horizontal erſcheinen, ſo erſcheinen die untern deſto gleicher: denn indem beyde Farben, die rothe und die blaue, gegen das Weiße ge- rechnet, dunkler ſind, als ſie gegen das Schwarze hell waren, welches beſonders von der letztern gilt; ſo ent- ſteht unter beyden der rothe Rand mit ſeinem gelben Saume ſehr deutlich. Er zeigt ſich unter dem gelbro- then Bilde in ſeiner ganzen Schoͤnheit, und unter dem dunkelblauen beynahe wie er unter dem ſchwarzen er- ſchien; wie man bemerken kann, wenn man abermals die uͤbereinandergeſetzten Bilder und ihre Raͤnder und Saͤume vergleicht. 275. Um nun dieſen Verſuchen die groͤßte Mannigfal- tigkeit und Deutlichkeit zu geben, ſind Vierecke von ver- ſchiedenen Farben in der Mitte der Tafel dergeſtalt an- gebracht, daß die Graͤnze des Schwarzen und Weißen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/157
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/157>, abgerufen am 22.12.2024.