Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.Versunken. Voll Locken kraus ein Haupt so rund! -- Und darf ich dann in solchen reichen Haaren, Mit vollen Händen hin und wieder fahren Da fühl' ich mich von Herzensgrund gesund. Und küss' ich Stirne, Bogen, Auge, Mund, Dann bin ich frisch und immer wieder wund. Der fünfgezackte Kamm wo sollt' er stocken? Er kehrt schon wieder zu den Locken. Das Ohr versagt sich nicht dem Spiel, Hier ist nicht Fleisch, hier ist nicht Haut, So zart zum Scherz so liebeviel! Doch wie man auf dem Köpfchen kraut, Man wird in solchen reichen Haaren Für ewig auf und nieder fahren. So hast du Hafis auch gethan, Wir fangen es von vornen an. Versunken. Voll Locken kraus ein Haupt so rund! — Und darf ich dann in solchen reichen Haaren, Mit vollen Händen hin und wieder fahren Da fühl’ ich mich von Herzensgrund gesund. Und küss’ ich Stirne, Bogen, Auge, Mund, Dann bin ich frisch und immer wieder wund. Der fünfgezackte Kamm wo sollt’ er stocken? Er kehrt schon wieder zu den Locken. Das Ohr versagt sich nicht dem Spiel, Hier ist nicht Fleisch, hier ist nicht Haut, So zart zum Scherz so liebeviel! Doch wie man auf dem Köpfchen kraut, Man wird in solchen reichen Haaren Für ewig auf und nieder fahren. So hast du Hafis auch gethan, Wir fangen es von vornen an. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0062" n="52"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Versunken</hi></hi>.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <l>Voll Locken kraus ein Haupt so rund! —</l><lb/> <l>Und darf ich dann in solchen <choice><sic>reicheu</sic><corr>reichen</corr></choice> Haaren,</l><lb/> <l>Mit vollen Händen hin und wieder fahren</l><lb/> <l>Da fühl’ ich mich von Herzensgrund gesund.</l><lb/> <l>Und küss’ ich Stirne, Bogen, Auge, Mund,</l><lb/> <l>Dann bin ich frisch und immer wieder wund.</l><lb/> <l>Der fünfgezackte Kamm wo sollt’ er stocken?</l><lb/> <l>Er kehrt schon wieder zu den Locken.</l><lb/> <l>Das Ohr versagt sich nicht dem Spiel,</l><lb/> <l>Hier ist nicht Fleisch, hier ist nicht Haut,</l><lb/> <l>So zart zum Scherz so liebeviel!</l><lb/> <l>Doch wie man auf dem Köpfchen kraut,</l><lb/> <l>Man wird in solchen reichen Haaren</l><lb/> <l>Für ewig auf und nieder fahren.</l><lb/> <l>So hast du Hafis auch gethan,</l><lb/> <l>Wir fangen es von vornen an.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [52/0062]
Versunken.
Voll Locken kraus ein Haupt so rund! —
Und darf ich dann in solchen reichen Haaren,
Mit vollen Händen hin und wieder fahren
Da fühl’ ich mich von Herzensgrund gesund.
Und küss’ ich Stirne, Bogen, Auge, Mund,
Dann bin ich frisch und immer wieder wund.
Der fünfgezackte Kamm wo sollt’ er stocken?
Er kehrt schon wieder zu den Locken.
Das Ohr versagt sich nicht dem Spiel,
Hier ist nicht Fleisch, hier ist nicht Haut,
So zart zum Scherz so liebeviel!
Doch wie man auf dem Köpfchen kraut,
Man wird in solchen reichen Haaren
Für ewig auf und nieder fahren.
So hast du Hafis auch gethan,
Wir fangen es von vornen an.
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/62>, abgerufen am 23.07.2024. |