schaft doppelt lieb werden. Als Kronprinz höchst sorgfältig zum freysten, thätigsten Leben erzogen, verliess er das Land, um weit in Osten sich auszubilden und zu prü- fen.
Kurz nach dem Tode Mahmuds, von welchem wir so viel Rühmliches zu melden hatten, kam er nach Gasna, wurde von dessen Sohne Messud freundlichst aufge- nommen und, in Gefolg mancher Kriegs- und Friedensdienste, mit einer Schwester vermählt. An einem Hofe, wo vor we- nigen Jahren Firdusi das Schach Nameh ge- schrieben, wo eine grosse Versammlung von Dichtern und talentvollen Menschen nicht ausgestorben war, wo der neue Herr- scher, kühn und kriegerisch wie sein Va- ter, geistreiche Gesellschaft zu schätzen wusste, konnte Kjekjawus auf seiner Irr- fahrt den köstlichsten Raum zu fernerer Ausbildung finden.
Doch müssen wir zuerst von seiner Erziehung sprechen. Sein Vater hatte, die körperliche Ausbildung aufs höchste zu stei- gern, ihn einem trefflichen Pädagogen über- geben. Dieser brachte den Sohn zurück,
schaft doppelt lieb werden. Als Kronprinz höchst sorgfältig zum freysten, thätigsten Leben erzogen, verlieſs er das Land, um weit in Osten sich auszubilden und zu prü- fen.
Kurz nach dem Tode Mahmuds, von welchem wir so viel Rühmliches zu melden hatten, kam er nach Gasna, wurde von dessen Sohne Messud freundlichst aufge- nommen und, in Gefolg mancher Kriegs- und Friedensdienste, mit einer Schwester vermählt. An einem Hofe, wo vor we- nigen Jahren Firdusi das Schach Nameh ge- schrieben, wo eine groſse Versammlung von Dichtern und talentvollen Menschen nicht ausgestorben war, wo der neue Herr- scher, kühn und kriegerisch wie sein Va- ter, geistreiche Gesellschaft zu schätzen wuſste, konnte Kjekjawus auf seiner Irr- fahrt den köstlichsten Raum zu fernerer Ausbildung finden.
Doch müssen wir zuerst von seiner Erziehung sprechen. Sein Vater hatte, die körperliche Ausbildung aufs höchste zu stei- gern, ihn einem trefflichen Pädagogen über- geben. Dieser brachte den Sohn zurück,
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schaft doppelt lieb werden. Als Kronprinz
höchst sorgfältig zum freysten, thätigsten
Leben erzogen, verlieſs er das Land, um
weit in Osten sich auszubilden und zu prü-
fen.
Kurz nach dem Tode Mahmuds, von
welchem wir so viel Rühmliches zu melden
hatten, kam er nach Gasna, wurde von
dessen Sohne Messud freundlichst aufge-
nommen und, in Gefolg mancher Kriegs-
und Friedensdienste, mit einer Schwester
vermählt. An einem Hofe, wo vor we-
nigen Jahren Firdusi das Schach Nameh ge-
schrieben, wo eine groſse Versammlung
von Dichtern und talentvollen Menschen
nicht ausgestorben war, wo der neue Herr-
scher, kühn und kriegerisch wie sein Va-
ter, geistreiche Gesellschaft zu schätzen
wuſste, konnte Kjekjawus auf seiner Irr-
fahrt den köstlichsten Raum zu fernerer
Ausbildung finden.
Doch müssen wir zuerst von seiner
Erziehung sprechen. Sein Vater hatte, die
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gern, ihn einem trefflichen Pädagogen über-
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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/524>, abgerufen am 24.11.2024.
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