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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.

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Art ausgestattet die Wallfahrt angetreten
und in Beobachtung dessen was sich un-
mittelbar auf den Menschen bezieht so auf-
merksam als glücklich, und im Betragen
gegen jederman in allen Fällen musterhaft
gewesen; so fehlt es ihm doch an Kennt-
niss der Natur, deren Wissenschaft sich
damals nur noch in dem engen Kreise ern-
ster und bedächtiger Forscher bewegte. Da-
her kann er die Aufträge seiner Freunde,
die von Pflanzen und Hölzern, von Gewür-
zen und Arzneyen Nachricht verlangen, nur
unvollkommen befriedigen; die schöne
Maani aber, als ein liebenswürdiger Haus-
arzt, weiss von Wurzeln, Kräutern und
Blumen wie sie wachsen, von Harzen, Bal-
samen, Oelen, Saamen und Hölzern, wie
sie der Handel bringt, genugsame Rechen-
schaft zu geben und ihres Gatten Beobach-
tung, der Landes-Art gemäss, zu berei-
chern.

Wichtiger aber ist diese Verbindung
für Lebens- und Reisethätigkeit. Maani,
zwar vollkommen weiblich, zeigt sich von
resolutem, allen Ereignissen gewachsenem
Charakter; sie fürchtet keine Gefahr, ja

Art ausgestattet die Wallfahrt angetreten
und in Beobachtung dessen was sich un-
mittelbar auf den Menschen bezieht so auf-
merksam als glücklich, und im Betragen
gegen jederman in allen Fällen musterhaft
gewesen; so fehlt es ihm doch an Kennt-
niſs der Natur, deren Wissenschaft sich
damals nur noch in dem engen Kreise ern-
ster und bedächtiger Forscher bewegte. Da-
her kann er die Aufträge seiner Freunde,
die von Pflanzen und Hölzern, von Gewür-
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unvollkommen befriedigen; die schöne
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arzt, weiſs von Wurzeln, Kräutern und
Blumen wie sie wachsen, von Harzen, Bal-
samen, Oelen, Saamen und Hölzern, wie
sie der Handel bringt, genugsame Rechen-
schaft zu geben und ihres Gatten Beobach-
tung, der Landes-Art gemäſs, zu berei-
chern.

Wichtiger aber ist diese Verbindung
für Lebens- und Reisethätigkeit. Maani,
zwar vollkommen weiblich, zeigt sich von
resolutem, allen Ereignissen gewachsenem
Charakter; sie fürchtet keine Gefahr, ja

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[470[472]/0482] Art ausgestattet die Wallfahrt angetreten und in Beobachtung dessen was sich un- mittelbar auf den Menschen bezieht so auf- merksam als glücklich, und im Betragen gegen jederman in allen Fällen musterhaft gewesen; so fehlt es ihm doch an Kennt- niſs der Natur, deren Wissenschaft sich damals nur noch in dem engen Kreise ern- ster und bedächtiger Forscher bewegte. Da- her kann er die Aufträge seiner Freunde, die von Pflanzen und Hölzern, von Gewür- zen und Arzneyen Nachricht verlangen, nur unvollkommen befriedigen; die schöne Maani aber, als ein liebenswürdiger Haus- arzt, weiſs von Wurzeln, Kräutern und Blumen wie sie wachsen, von Harzen, Bal- samen, Oelen, Saamen und Hölzern, wie sie der Handel bringt, genugsame Rechen- schaft zu geben und ihres Gatten Beobach- tung, der Landes-Art gemäſs, zu berei- chern. Wichtiger aber ist diese Verbindung für Lebens- und Reisethätigkeit. Maani, zwar vollkommen weiblich, zeigt sich von resolutem, allen Ereignissen gewachsenem Charakter; sie fürchtet keine Gefahr, ja

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 470[472]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/482>, abgerufen am 23.12.2024.