und wiederziehende Caravanen, mit den Seinigen erhalten wird. Nach manchem Zweifel und Zögern entschliesst er sich zu- rückzukehren und des Volkes Retter zu werden. Aaron, sein Bruder, kommt ihm entgegen, und nun erfährt er, dass die Gährung im Volke aufs höchste gestiegen sey. Jetzt dürfen es beide Brüder wagen, sich als Repräsentanten vor den König zu stellen. Allein dieser zeigt sich nichts we- niger als geneigt, eine grosse Anzahl Men- schen, die sich seit Jahrhunderten in sei- nem Lande, aus einem Hirtenvolk, zum Acker- bau, zu Handwerken und Künsten gebildet, sich mit seinen Unterthanen vermischt ha- ben, und deren ungeschlachte Masse we- nigstens bey Errichtung ungeheurer Monu- mente, bey Erbauung neuer Städte und Festen, frohnweis wohl zu gebrauchen ist, nunmehr so leicht wieder von sich, und in ihre alte Selbstständigkeit zurückzulassen.
Das Gesuch wird also abgewiesen, und, bey einbrechenden Landplagen, immer drin- gender wiederholt, immer hartnäckiger ver- sagt. Aber das aufgeregte hebräische Volk, in Aussicht auf ein Erbland, das ihm eine
und wiederziehende Caravanen, mit den Seinigen erhalten wird. Nach manchem Zweifel und Zögern entschlieſst er sich zu- rückzukehren und des Volkes Retter zu werden. Aaron, sein Bruder, kommt ihm entgegen, und nun erfährt er, daſs die Gährung im Volke aufs höchste gestiegen sey. Jetzt dürfen es beide Brüder wagen, sich als Repräsentanten vor den König zu stellen. Allein dieser zeigt sich nichts we- niger als geneigt, eine groſse Anzahl Men- schen, die sich seit Jahrhunderten in sei- nem Lande, aus einem Hirtenvolk, zum Acker- bau, zu Handwerken und Künsten gebildet, sich mit seinen Unterthanen vermischt ha- ben, und deren ungeschlachte Masse we- nigstens bey Errichtung ungeheurer Monu- mente, bey Erbauung neuer Städte und Festen, frohnweis wohl zu gebrauchen ist, nunmehr so leicht wieder von sich, und in ihre alte Selbstständigkeit zurückzulassen.
Das Gesuch wird also abgewiesen, und, bey einbrechenden Landplagen, immer drin- gender wiederholt, immer hartnäckiger ver- sagt. Aber das aufgeregte hebräische Volk, in Aussicht auf ein Erbland, das ihm eine
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0444"n="432[434]"/>
und wiederziehende Caravanen, mit den<lb/>
Seinigen erhalten wird. Nach manchem<lb/>
Zweifel und Zögern entschlieſst er sich zu-<lb/>
rückzukehren und des Volkes Retter zu<lb/>
werden. Aaron, sein Bruder, kommt ihm<lb/>
entgegen, und nun erfährt er, daſs die<lb/>
Gährung im Volke aufs höchste gestiegen<lb/>
sey. Jetzt dürfen es beide Brüder wagen,<lb/>
sich als Repräsentanten vor den König zu<lb/>
stellen. Allein dieser zeigt sich nichts we-<lb/>
niger als geneigt, eine groſse Anzahl Men-<lb/>
schen, die sich seit Jahrhunderten in sei-<lb/>
nem Lande, aus einem Hirtenvolk, zum Acker-<lb/>
bau, zu Handwerken und Künsten gebildet,<lb/>
sich mit seinen Unterthanen vermischt ha-<lb/>
ben, und deren ungeschlachte Masse we-<lb/>
nigstens bey Errichtung ungeheurer Monu-<lb/>
mente, bey Erbauung neuer Städte und<lb/>
Festen, frohnweis wohl zu gebrauchen ist,<lb/>
nunmehr so leicht wieder von sich, und in<lb/>
ihre alte Selbstständigkeit zurückzulassen.</p><lb/><p>Das Gesuch wird also abgewiesen, und,<lb/>
bey einbrechenden Landplagen, immer drin-<lb/>
gender wiederholt, immer hartnäckiger ver-<lb/>
sagt. Aber das aufgeregte hebräische Volk,<lb/>
in Aussicht auf ein Erbland, das ihm eine<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[432[434]/0444]
und wiederziehende Caravanen, mit den
Seinigen erhalten wird. Nach manchem
Zweifel und Zögern entschlieſst er sich zu-
rückzukehren und des Volkes Retter zu
werden. Aaron, sein Bruder, kommt ihm
entgegen, und nun erfährt er, daſs die
Gährung im Volke aufs höchste gestiegen
sey. Jetzt dürfen es beide Brüder wagen,
sich als Repräsentanten vor den König zu
stellen. Allein dieser zeigt sich nichts we-
niger als geneigt, eine groſse Anzahl Men-
schen, die sich seit Jahrhunderten in sei-
nem Lande, aus einem Hirtenvolk, zum Acker-
bau, zu Handwerken und Künsten gebildet,
sich mit seinen Unterthanen vermischt ha-
ben, und deren ungeschlachte Masse we-
nigstens bey Errichtung ungeheurer Monu-
mente, bey Erbauung neuer Städte und
Festen, frohnweis wohl zu gebrauchen ist,
nunmehr so leicht wieder von sich, und in
ihre alte Selbstständigkeit zurückzulassen.
Das Gesuch wird also abgewiesen, und,
bey einbrechenden Landplagen, immer drin-
gender wiederholt, immer hartnäckiger ver-
sagt. Aber das aufgeregte hebräische Volk,
in Aussicht auf ein Erbland, das ihm eine
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 432[434]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/444>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.