mer fortsetzt, dass ein grosses, edles, auf die herrlichsten Verheissungen eines zuver- lässigen Nationalgottes unternommenes Ge- schäft gleich in seinem Anfange zu schei- tern droht, und auch niemals in seiner ganzen Fülle vollendet werden kann.
Wenn uns das Ungemüthliche dieses Inhalts, der, wenigstens für den ersten Anblick, verworrene, durch das Ganze lau- fende Grundfaden unlustig und verdriess- lich macht, so werden diese Bücher durch eine höchst traurige, unbegreifliche Redac- tion ganz ungeniessbar. Den Gang der Geschichte sehen wir überall gehemmt durch eingeschaltete zahllose Gesetze, von deren grösstem Theil man die eigentliche Ursache und Absicht nicht einsehen kann, wenigstens nicht warum sie in dem Augen- blick gegeben worden, oder, wenn sie spä- tern Ursprungs sind, warum sie hier ange- führt und eingeschaltet werden. Man sieht nicht ein, warum bey einem so ungeheuren Feldzuge, dem ohnehin so viel im Wege stand, man sich recht absichtlich und kleinlich bemüht, das religiöse Ceremonien-Gepäck zu vervielfältigen, wodurch jedes Vorwärts-
mer fortsetzt, daſs ein groſses, edles, auf die herrlichsten Verheiſsungen eines zuver- lässigen Nationalgottes unternommenes Ge- schäft gleich in seinem Anfange zu schei- tern droht, und auch niemals in seiner ganzen Fülle vollendet werden kann.
Wenn uns das Ungemüthliche dieses Inhalts, der, wenigstens für den ersten Anblick, verworrene, durch das Ganze lau- fende Grundfaden unlustig und verdrieſs- lich macht, so werden diese Bücher durch eine höchst traurige, unbegreifliche Redac- tion ganz ungenieſsbar. Den Gang der Geschichte sehen wir überall gehemmt durch eingeschaltete zahllose Gesetze, von deren gröſstem Theil man die eigentliche Ursache und Absicht nicht einsehen kann, wenigstens nicht warum sie in dem Augen- blick gegeben worden, oder, wenn sie spä- tern Ursprungs sind, warum sie hier ange- führt und eingeschaltet werden. Man sieht nicht ein, warum bey einem so ungeheuren Feldzuge, dem ohnehin so viel im Wege stand, man sich recht absichtlich und kleinlich bemüht, das religiöse Ceremonien-Gepäck zu vervielfältigen, wodurch jedes Vorwärts-
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[426[428]/0438]
mer fortsetzt, daſs ein groſses, edles, auf
die herrlichsten Verheiſsungen eines zuver-
lässigen Nationalgottes unternommenes Ge-
schäft gleich in seinem Anfange zu schei-
tern droht, und auch niemals in seiner
ganzen Fülle vollendet werden kann.
Wenn uns das Ungemüthliche dieses
Inhalts, der, wenigstens für den ersten
Anblick, verworrene, durch das Ganze lau-
fende Grundfaden unlustig und verdrieſs-
lich macht, so werden diese Bücher durch
eine höchst traurige, unbegreifliche Redac-
tion ganz ungenieſsbar. Den Gang der
Geschichte sehen wir überall gehemmt
durch eingeschaltete zahllose Gesetze, von
deren gröſstem Theil man die eigentliche
Ursache und Absicht nicht einsehen kann,
wenigstens nicht warum sie in dem Augen-
blick gegeben worden, oder, wenn sie spä-
tern Ursprungs sind, warum sie hier ange-
führt und eingeschaltet werden. Man sieht
nicht ein, warum bey einem so ungeheuren
Feldzuge, dem ohnehin so viel im Wege
stand, man sich recht absichtlich und kleinlich
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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 426[428]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/438>, abgerufen am 22.11.2024.
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