Allerdings zeugen, um von der Per- sönlichkeit anzufangen, die Werke des ge- nannten Freundes von einem verständigen, umschauenden, einsichtigen, unterrichteten, ausgebildeten und dabey wohlwollenden, frommen Sinne. Ein so begabter Geist blickt, nach eigentlichst orientalischer Wei- se, munter und kühn in seiner Welt um- her, erschafft die seltsamsten Bezüge, ver- knüpft das Unverträgliche, jedoch derge- stalt dass ein geheimer ethischer Faden sich mitschlinge, wodurch das Ganze zu einer gewissen Einheit geleitet wird.
Wenn wir nun vor kurzem die Natur- Elemente, woraus die älteren und vorzüg- lichsten Dichter des Orients ihre Werke bildeten, angedeutet und bezeichnet, so werden wir uns deutlich erklären, indem wir sagen: dass, wenn jene in einer frischen, einfachen Region gewirkt, dieser Freund hingegen in einer ausgebildeten, überbilde- ten, verbildeten, vertrakten Welt leben und wirken, und eben daher sich anschi- cken muss die seltsamsten Elemente zu be- herrschen. Um nun den Gegensatz zwischen der Umgebung eines Beduinen und unseres
Allerdings zeugen, um von der Per- sönlichkeit anzufangen, die Werke des ge- nannten Freundes von einem verständigen, umschauenden, einsichtigen, unterrichteten, ausgebildeten und dabey wohlwollenden, frommen Sinne. Ein so begabter Geist blickt, nach eigentlichst orientalischer Wei- se, munter und kühn in seiner Welt um- her, erschafft die seltsamsten Bezüge, ver- knüpft das Unverträgliche, jedoch derge- stalt daſs ein geheimer ethischer Faden sich mitschlinge, wodurch das Ganze zu einer gewissen Einheit geleitet wird.
Wenn wir nun vor kurzem die Natur- Elemente, woraus die älteren und vorzüg- lichsten Dichter des Orients ihre Werke bildeten, angedeutet und bezeichnet, so werden wir uns deutlich erklären, indem wir sagen: daſs, wenn jene in einer frischen, einfachen Region gewirkt, dieser Freund hingegen in einer ausgebildeten, überbilde- ten, verbildeten, vertrakten Welt leben und wirken, und eben daher sich anschi- cken muſs die seltsamsten Elemente zu be- herrschen. Um nun den Gegensatz zwischen der Umgebung eines Beduinen und unseres
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Allerdings zeugen, um von der Per-
sönlichkeit anzufangen, die Werke des ge-
nannten Freundes von einem verständigen,
umschauenden, einsichtigen, unterrichteten,
ausgebildeten und dabey wohlwollenden,
frommen Sinne. Ein so begabter Geist
blickt, nach eigentlichst orientalischer Wei-
se, munter und kühn in seiner Welt um-
her, erschafft die seltsamsten Bezüge, ver-
knüpft das Unverträgliche, jedoch derge-
stalt daſs ein geheimer ethischer Faden sich
mitschlinge, wodurch das Ganze zu einer
gewissen Einheit geleitet wird.
Wenn wir nun vor kurzem die Natur-
Elemente, woraus die älteren und vorzüg-
lichsten Dichter des Orients ihre Werke
bildeten, angedeutet und bezeichnet, so
werden wir uns deutlich erklären, indem
wir sagen: daſs, wenn jene in einer frischen,
einfachen Region gewirkt, dieser Freund
hingegen in einer ausgebildeten, überbilde-
ten, verbildeten, vertrakten Welt leben
und wirken, und eben daher sich anschi-
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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/383>, abgerufen am 23.12.2024.
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