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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.

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Was darauf erfolgt gehört nicht hier-
her, nur bemerken wir, dass die bitterste
Klage des verzweiflenden Königs die Be-
trachtung enthält, er werde künftig, wie
ein Thier im Walde, einsam leben, weil
niemand in seiner Gegenwart ein freyes
Wort hervorzubringen wagen könne. Diese
Rede, sie gehöre dem König oder dem Ge-
schichtsschreiber, bestätigt dasjenige was
wir oben vermuthet.

Noch im vorigen Jahrhunderte durfte
man dem Kaiser von Persien bey Gastmalen
unverschämt widersprechen, zuletzt wurde
denn freylich der überkühne Tischgenosse
bey den Füssen weg und am Fürsten nah vor-
bey geschleppt, ob dieser ihn vielleicht be-
gnadige? Geschah es nicht, hinaus mit ihm
und zusammengehauen.

Wie gränzenlos hartnäckig und wider-
setzlich Günstlinge sich gegen den Kaiser
betrugen, wird uns von glaubwürdigen Ge-
schichtsschreibern anecdotenweis überliefert.
Der Monarch ist wie das Schicksal, uner-
bittlich, aber man trotzt ihm. Heftige Na-
turen verfallen darüber in eine Art Wahn-

Was darauf erfolgt gehört nicht hier-
her, nur bemerken wir, daſs die bitterste
Klage des verzweiflenden Königs die Be-
trachtung enthält, er werde künftig, wie
ein Thier im Walde, einsam leben, weil
niemand in seiner Gegenwart ein freyes
Wort hervorzubringen wagen könne. Diese
Rede, sie gehöre dem König oder dem Ge-
schichtsschreiber, bestätigt dasjenige was
wir oben vermuthet.

Noch im vorigen Jahrhunderte durfte
man dem Kaiser von Persien bey Gastmalen
unverschämt widersprechen, zuletzt wurde
denn freylich der überkühne Tischgenosse
bey den Füſsen weg und am Fürsten nah vor-
bey geschleppt, ob dieser ihn vielleicht be-
gnadige? Geschah es nicht, hinaus mit ihm
und zusammengehauen.

Wie gränzenlos hartnäckig und wider-
setzlich Günstlinge sich gegen den Kaiser
betrugen, wird uns von glaubwürdigen Ge-
schichtsschreibern anecdotenweis überliefert.
Der Monarch ist wie das Schicksal, uner-
bittlich, aber man trotzt ihm. Heftige Na-
turen verfallen darüber in eine Art Wahn-

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[358/0368] Was darauf erfolgt gehört nicht hier- her, nur bemerken wir, daſs die bitterste Klage des verzweiflenden Königs die Be- trachtung enthält, er werde künftig, wie ein Thier im Walde, einsam leben, weil niemand in seiner Gegenwart ein freyes Wort hervorzubringen wagen könne. Diese Rede, sie gehöre dem König oder dem Ge- schichtsschreiber, bestätigt dasjenige was wir oben vermuthet. Noch im vorigen Jahrhunderte durfte man dem Kaiser von Persien bey Gastmalen unverschämt widersprechen, zuletzt wurde denn freylich der überkühne Tischgenosse bey den Füſsen weg und am Fürsten nah vor- bey geschleppt, ob dieser ihn vielleicht be- gnadige? Geschah es nicht, hinaus mit ihm und zusammengehauen. Wie gränzenlos hartnäckig und wider- setzlich Günstlinge sich gegen den Kaiser betrugen, wird uns von glaubwürdigen Ge- schichtsschreibern anecdotenweis überliefert. Der Monarch ist wie das Schicksal, uner- bittlich, aber man trotzt ihm. Heftige Na- turen verfallen darüber in eine Art Wahn-

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/368>, abgerufen am 23.12.2024.