bes denken? oder wer hat sein Herz noch gegen Pindars Siegeshymnen verwahren wol- len? Die despotische Natur der Herrscher- würde Persiens, wenn sie gleich in jener Zeit ihr Gegenbild in gemeiner Anbetung der Gewalt bey den meisten, welche Für- stenlob sangen, gefunden, hat dennoch durch die Idee verklärter Macht, die sie in edlen Gemüthern erzeugte, auch manche, der Be- wunderung der Nachwelt werthe Dichtun- gen hervorgerufen. Und wie die Dichter dieser Bewunderung noch heute werth sind, sind es auch diese Fürsten, bey welchen wir ächte Anerkennung der Würde des Menschen, und Begeisterung für die Kunst, welche ihr Andenken feyert, vorfinden. Enweri Chakani, Sahir Farjabi und Achestegi sind die Dichter dieses Zeit- raums im Fache der Panegyrik, deren Werke der Orient noch heute mit Entzücken liest, und so auch ihren edlen Namen vor jeder Verunglimpfung sicher stellt. Ein Beweis, wie nahe das Streben des panegyrischen Dichters an die höchste Forderung, die an den Menschen gestellt werden kann, gränze, ist der plötzliche Uebertritt eines dieser pa-
bes denken? oder wer hat sein Herz noch gegen Pindars Siegeshymnen verwahren wol- len? Die despotische Natur der Herrscher- würde Persiens, wenn sie gleich in jener Zeit ihr Gegenbild in gemeiner Anbetung der Gewalt bey den meisten, welche Für- stenlob sangen, gefunden, hat dennoch durch die Idee verklärter Macht, die sie in edlen Gemüthern erzeugte, auch manche, der Be- wunderung der Nachwelt werthe Dichtun- gen hervorgerufen. Und wie die Dichter dieser Bewunderung noch heute werth sind, sind es auch diese Fürsten, bey welchen wir ächte Anerkennung der Würde des Menschen, und Begeisterung für die Kunst, welche ihr Andenken feyert, vorfinden. Enweri Chakani, Sahir Farjabi und Achestegi sind die Dichter dieses Zeit- raums im Fache der Panegyrik, deren Werke der Orient noch heute mit Entzücken liest, und so auch ihren edlen Namen vor jeder Verunglimpfung sicher stellt. Ein Beweis, wie nahe das Streben des panegyrischen Dichters an die höchste Forderung, die an den Menschen gestellt werden kann, gränze, ist der plötzliche Uebertritt eines dieser pa-
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bes denken? oder wer hat sein Herz noch
gegen Pindars Siegeshymnen verwahren wol-
len? Die despotische Natur der Herrscher-
würde Persiens, wenn sie gleich in jener
Zeit ihr Gegenbild in gemeiner Anbetung
der Gewalt bey den meisten, welche Für-
stenlob sangen, gefunden, hat dennoch durch
die Idee verklärter Macht, die sie in edlen
Gemüthern erzeugte, auch manche, der Be-
wunderung der Nachwelt werthe Dichtun-
gen hervorgerufen. Und wie die Dichter
dieser Bewunderung noch heute werth sind,
sind es auch diese Fürsten, bey welchen
wir ächte Anerkennung der Würde des
Menschen, und Begeisterung für die Kunst,
welche ihr Andenken feyert, vorfinden.
Enweri Chakani, Sahir Farjabi und
Achestegi sind die Dichter dieses Zeit-
raums im Fache der Panegyrik, deren Werke
der Orient noch heute mit Entzücken liest,
und so auch ihren edlen Namen vor jeder
Verunglimpfung sicher stellt. Ein Beweis,
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Dichters an die höchste Forderung, die an
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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/359>, abgerufen am 23.12.2024.
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