überwundenen Valentinian? Wie es aber mit den Münzen damaliger Zeit aussehe, ist uns leider nur zu wohl bekannt. Auch hat sich das Dichterisch-mährchen- hafte jener überbliebenen Monumente nach und nach, durch Bemühung der Kenner, zur historischen Prosa herabgestimmt. Da wir denn nun deutlich auch in diesem Bey- spiel begreifen, dass ein Volk auf einer hohen sittlich-religiosen Stufe stehen, sich mit Pracht und Prunk umgeben und in Be- zug auf Künste noch immer unter die bar- barischen gezählt werden kann.
Eben so müssen wir auch, wenn wir orientalische und besonders persische Dicht- kunst der Folgezeit redlich schätzen und nicht, zu künftigem eignen Verdruss und Beschämung, solche überschätzen wollen, gar wohl bedenken, wo denn eigentlich die werthe, wahre Dichtkunst in jenen Tagen zu finden gewesen.
Aus dem Westlande scheint sich nicht viel selbst nach dem nächsten Osten verlo- ren zu haben, Indien hielt man vorzüglich im Auge; und da denn doch den Verehrern des Feuers und der Elemente jene verrückt-
überwundenen Valentinian? Wie es aber mit den Münzen damaliger Zeit aussehe, ist uns leider nur zu wohl bekannt. Auch hat sich das Dichterisch-mährchen- hafte jener überbliebenen Monumente nach und nach, durch Bemühung der Kenner, zur historischen Prosa herabgestimmt. Da wir denn nun deutlich auch in diesem Bey- spiel begreifen, daſs ein Volk auf einer hohen sittlich-religiosen Stufe stehen, sich mit Pracht und Prunk umgeben und in Be- zug auf Künste noch immer unter die bar- barischen gezählt werden kann.
Eben so müssen wir auch, wenn wir orientalische und besonders persische Dicht- kunst der Folgezeit redlich schätzen und nicht, zu künftigem eignen Verdruſs und Beschämung, solche überschätzen wollen, gar wohl bedenken, wo denn eigentlich die werthe, wahre Dichtkunst in jenen Tagen zu finden gewesen.
Aus dem Westlande scheint sich nicht viel selbst nach dem nächsten Osten verlo- ren zu haben, Indien hielt man vorzüglich im Auge; und da denn doch den Verehrern des Feuers und der Elemente jene verrückt-
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überwundenen Valentinian? Wie es aber
mit den Münzen damaliger Zeit aussehe,
ist uns leider nur zu wohl bekannt.
Auch hat sich das Dichterisch-mährchen-
hafte jener überbliebenen Monumente nach
und nach, durch Bemühung der Kenner,
zur historischen Prosa herabgestimmt. Da
wir denn nun deutlich auch in diesem Bey-
spiel begreifen, daſs ein Volk auf einer
hohen sittlich-religiosen Stufe stehen, sich
mit Pracht und Prunk umgeben und in Be-
zug auf Künste noch immer unter die bar-
barischen gezählt werden kann.
Eben so müssen wir auch, wenn wir
orientalische und besonders persische Dicht-
kunst der Folgezeit redlich schätzen und
nicht, zu künftigem eignen Verdruſs und
Beschämung, solche überschätzen wollen,
gar wohl bedenken, wo denn eigentlich die
werthe, wahre Dichtkunst in jenen Tagen
zu finden gewesen.
Aus dem Westlande scheint sich nicht
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ren zu haben, Indien hielt man vorzüglich
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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/287>, abgerufen am 23.12.2024.
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