Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.Und das hellste will nur sagen: Jetzo glänz' ich meiner Stelle, Wollte Gott euch mehr betagen, Glänztet ihr wie ich so helle. Denn vor Gott ist alles herrlich, Eben weil er ist der beste, Und so schläft nun aller Vogel In dem gross und kleinen Neste. Einer sitzt auch wohl gestängelt Auf den Aesten der Cypresse, Wo der laue Wind ihn gängelt Bis zu Thaues luft'ger Nässe. Solches hast du mich gelehret, Oder etwas auch dergleichen, Was ich je dir abgehöret Wird dem Herzen nicht entweichen. Eule will ich, deinetwegen, Kauzen hier auf der Terrasse, Bis ich erst des Nordgestirnes Zwillings-Wendung wohl erpasse. Und das hellste will nur sagen: Jetzo glänz’ ich meiner Stelle, Wollte Gott euch mehr betagen, Glänztet ihr wie ich so helle. Denn vor Gott ist alles herrlich, Eben weil er ist der beste, Und so schläft nun aller Vogel In dem groſs und kleinen Neste. Einer sitzt auch wohl gestängelt Auf den Aesten der Cypresse, Wo der laue Wind ihn gängelt Bis zu Thaues luft’ger Nässe. Solches hast du mich gelehret, Oder etwas auch dergleichen, Was ich je dir abgehöret Wird dem Herzen nicht entweichen. Eule will ich, deinetwegen, Kauzen hier auf der Terrasse, Bis ich erst des Nordgestirnes Zwillings-Wendung wohl erpasse. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0212" n="202"/> <lg n="4"> <l>Und das hellste will nur sagen:</l><lb/> <l>Jetzo glänz’ ich meiner Stelle,</l><lb/> <l>Wollte Gott euch mehr betagen,</l><lb/> <l>Glänztet ihr wie ich so helle.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Denn vor Gott ist alles herrlich,</l><lb/> <l>Eben weil er ist der beste,</l><lb/> <l>Und so schläft nun aller Vogel</l><lb/> <l>In dem groſs und kleinen Neste.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Einer sitzt auch wohl gestängelt</l><lb/> <l>Auf den Aesten der Cypresse,</l><lb/> <l>Wo der laue Wind ihn gängelt</l><lb/> <l>Bis zu Thaues luft’ger Nässe.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Solches hast du mich gelehret,</l><lb/> <l>Oder etwas auch dergleichen,</l><lb/> <l>Was ich je dir abgehöret</l><lb/> <l>Wird dem Herzen nicht entweichen.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Eule will ich, deinetwegen,</l><lb/> <l>Kauzen hier auf der Terrasse,</l><lb/> <l>Bis ich erst des Nordgestirnes</l><lb/> <l>Zwillings-Wendung wohl erpasse.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [202/0212]
Und das hellste will nur sagen:
Jetzo glänz’ ich meiner Stelle,
Wollte Gott euch mehr betagen,
Glänztet ihr wie ich so helle.
Denn vor Gott ist alles herrlich,
Eben weil er ist der beste,
Und so schläft nun aller Vogel
In dem groſs und kleinen Neste.
Einer sitzt auch wohl gestängelt
Auf den Aesten der Cypresse,
Wo der laue Wind ihn gängelt
Bis zu Thaues luft’ger Nässe.
Solches hast du mich gelehret,
Oder etwas auch dergleichen,
Was ich je dir abgehöret
Wird dem Herzen nicht entweichen.
Eule will ich, deinetwegen,
Kauzen hier auf der Terrasse,
Bis ich erst des Nordgestirnes
Zwillings-Wendung wohl erpasse.
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/212>, abgerufen am 23.07.2024. |