Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.An vollen Büschelzweigen, Geliebte, sieh' nur hin! Lass dir die Früchte zeigen Umschalet stachlig grün. Sie hängen längst geballet, Still, unbekannt mit sich, Ein Ast der schaukelnd wallet Wiegt sie geduldiglich. Doch immer reift von Innen Und schwillt der braune Kern, Er möchte Luft gewinnen Und säh die Sonne gern. Die Schale platzt und nieder Macht er sich freudig los; So fallen meine Lieder Gehäuft in deinen Schoos. An vollen Büschelzweigen, Geliebte, sieh’ nur hin! Laſs dir die Früchte zeigen Umschalet stachlig grün. Sie hängen längst geballet, Still, unbekannt mit sich, Ein Ast der schaukelnd wallet Wiegt sie geduldiglich. Doch immer reift von Innen Und schwillt der braune Kern, Er möchte Luft gewinnen Und säh die Sonne gern. Die Schale platzt und nieder Macht er sich freudig los; So fallen meine Lieder Gehäuft in deinen Schoos. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0165" n="155"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>An vollen Büschelzweigen,</l><lb/> <l>Geliebte, sieh’ nur hin!</l><lb/> <l>Laſs dir die Früchte zeigen</l><lb/> <l>Umschalet stachlig grün.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Sie hängen längst geballet,</l><lb/> <l>Still, unbekannt mit sich,</l><lb/> <l>Ein Ast der schaukelnd wallet</l><lb/> <l>Wiegt sie geduldiglich.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Doch immer reift von Innen</l><lb/> <l>Und schwillt der braune Kern,</l><lb/> <l>Er möchte Luft gewinnen</l><lb/> <l>Und säh die Sonne gern.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Die Schale platzt und nieder</l><lb/> <l>Macht er sich freudig los;</l><lb/> <l>So fallen meine Lieder</l><lb/> <l>Gehäuft in deinen Schoos.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [155/0165]
An vollen Büschelzweigen,
Geliebte, sieh’ nur hin!
Laſs dir die Früchte zeigen
Umschalet stachlig grün.
Sie hängen längst geballet,
Still, unbekannt mit sich,
Ein Ast der schaukelnd wallet
Wiegt sie geduldiglich.
Doch immer reift von Innen
Und schwillt der braune Kern,
Er möchte Luft gewinnen
Und säh die Sonne gern.
Die Schale platzt und nieder
Macht er sich freudig los;
So fallen meine Lieder
Gehäuft in deinen Schoos.
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