Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Görres, Joseph:] [Rezension zu:] Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder gesammelt von L. A. v. Arnim u. C. Brentano. In: Heidelbergische Jahrbücher der Literatur, Fünfte Abtheilung. Philologie, Historie, schöne Literatur und Kunst, Jg. 2 (1809), Bd. 1, Heft 5, S. 222‒237 und Jg. 3 (1810), Bd. 2, Heft 9, S. 30‒52.

Bild:
<< vorherige Seite

fen, nachdem sie weltlich Recht gerichtet. Denn gegen jegliche Missethat ist der Arm der Gerechtigkeit gewaffnet; die Juden zu Passau hat sie dem Schwerdte hingegeben, weil sie das Sakrament entehrt; gar schlecht ist es Fritschen und dem alten Lindenschmidt gegen sie gelungen; auch des Mägdeleins treue Liebe mag im Lied vom Ringe nicht den armen Sünder retten; wie die von Nürnberg den Schittensamen mit List gefangen, berichtet das alte fliegende Blatt; und wie übel die von Ulm dem Hammen von Reystett mitgespielt; und wie die Dithmarscher den Wieben Peter aufs Haupt geschlagen, und sein Haupt dann auf das Rad; wo auch in Augsburg Nothzucht die Schuld gebüßt.

Vom Hochgerichte gehen wir zurück, um uns in das emsige Summen bürgerlicher Geschäftigkeit zu versenken. Es rasseln und schlagen die Weber fröhlich das Weberlied; Schmiedegesellen Gruß wird mit höflichen Geberden und unumwundnen Worten abgethan; aus der Schmiede bricht Hämmergesang, wunderkünstlich gesetzt; frisch Futter für Declamatoren, damit die Glocke einmal ausruht; der junge Zimmergesell baut dem Markgrafen sein Haus mit sechshundert Schauläden hinaus; Kerbholz und Knotenstock, Pocket book für Handwerksgesellen zur Wanderschaft; Bruder Liederlich will im Rechenexempel mit dem Meister sich setzen; facit: hast du gelumpt, hast du gesoffen, die ganze Woche, Null für Null geht auf; Trotz den Meistern wird geboten im Gesellenauflag, und freye Gespräche werden geführt; lockre Gesellen aber haben das schwerste Leiden erdacht. Abschied von Bremen, der wunderschönen Stadt, nimmt pfeiffend der Schiffer; Hennecke Knecht will sich auf der See versuchen; der Fuhrmann schwenkt sein Hütel vor der Schönen Haus; auf der Weinstraße zieht der stolze Schimmel; Bauerwirths Heimkehr entdeckt bösen Liebeshandel; durch den Schnee bricht mit Schellenklang die Schlittenfahrt. Von der Zinne ertönen die Wächterlieder; schwere Wacht muß verstohlene Liebe hüten; aber übele

fen, nachdem sie weltlich Recht gerichtet. Denn gegen jegliche Missethat ist der Arm der Gerechtigkeit gewaffnet; die Juden zu Passau hat sie dem Schwerdte hingegeben, weil sie das Sakrament entehrt; gar schlecht ist es Fritschen und dem alten Lindenschmidt gegen sie gelungen; auch des Maͤgdeleins treue Liebe mag im Lied vom Ringe nicht den armen Suͤnder retten; wie die von Nuͤrnberg den Schittensamen mit List gefangen, berichtet das alte fliegende Blatt; und wie uͤbel die von Ulm dem Hammen von Reystett mitgespielt; und wie die Dithmarscher den Wieben Peter aufs Haupt geschlagen, und sein Haupt dann auf das Rad; wo auch in Augsburg Nothzucht die Schuld gebuͤßt.

Vom Hochgerichte gehen wir zuruͤck, um uns in das emsige Summen buͤrgerlicher Geschaͤftigkeit zu versenken. Es rasseln und schlagen die Weber froͤhlich das Weberlied; Schmiedegesellen Gruß wird mit hoͤflichen Geberden und unumwundnen Worten abgethan; aus der Schmiede bricht Haͤmmergesang, wunderkuͤnstlich gesetzt; frisch Futter fuͤr Declamatoren, damit die Glocke einmal ausruht; der junge Zimmergesell baut dem Markgrafen sein Haus mit sechshundert Schaulaͤden hinaus; Kerbholz und Knotenstock, Pocket book fuͤr Handwerksgesellen zur Wanderschaft; Bruder Liederlich will im Rechenexempel mit dem Meister sich setzen; facit: hast du gelumpt, hast du gesoffen, die ganze Woche, Null fuͤr Null geht auf; Trotz den Meistern wird geboten im Gesellenauflag, und freye Gespraͤche werden gefuͤhrt; lockre Gesellen aber haben das schwerste Leiden erdacht. Abschied von Bremen, der wunderschoͤnen Stadt, nimmt pfeiffend der Schiffer; Hennecke Knecht will sich auf der See versuchen; der Fuhrmann schwenkt sein Huͤtel vor der Schoͤnen Haus; auf der Weinstraße zieht der stolze Schimmel; Bauerwirths Heimkehr entdeckt boͤsen Liebeshandel; durch den Schnee bricht mit Schellenklang die Schlittenfahrt. Von der Zinne ertoͤnen die Waͤchterlieder; schwere Wacht muß verstohlene Liebe huͤten; aber uͤbele

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0025" n="37"/>
fen, nachdem sie <hi rendition="#g">weltlich Recht</hi> gerichtet. Denn gegen jegliche Missethat ist der Arm der Gerechtigkeit gewaffnet; die <hi rendition="#g">Juden zu Passau</hi> hat sie dem Schwerdte hingegeben, weil sie das Sakrament entehrt; gar  schlecht ist es <hi rendition="#g">Fritschen</hi> und dem <hi rendition="#g">alten Lindenschmidt</hi> gegen sie gelungen; auch des  Ma&#x0364;gdeleins treue Liebe mag im <hi rendition="#g">Lied vom Ringe</hi> nicht den armen Su&#x0364;nder retten; wie die von  Nu&#x0364;rnberg den <hi rendition="#g">Schittensamen</hi> mit List gefangen, berichtet das alte fliegende Blatt; und  wie u&#x0364;bel die von Ulm dem <hi rendition="#g">Hammen von Reystett</hi> mitgespielt; und wie die Dithmarscher den <hi rendition="#g">Wieben Peter</hi> aufs Haupt geschlagen, und sein Haupt dann auf das Rad; wo auch in Augsburg  Nothzucht die <hi rendition="#g">Schuld</hi> gebu&#x0364;ßt. </p><lb/>
        <p> Vom Hochgerichte gehen wir zuru&#x0364;ck, um uns in das emsige Summen bu&#x0364;rgerlicher Gescha&#x0364;ftigkeit  zu versenken. Es rasseln und schlagen die Weber fro&#x0364;hlich das <hi rendition="#g">Weberlied; Schmiedegesellen  Gruß</hi> wird mit ho&#x0364;flichen Geberden und unumwundnen Worten abgethan; aus der <hi rendition="#g">Schmiede</hi> bricht  Ha&#x0364;mmergesang, wunderku&#x0364;nstlich gesetzt; frisch Futter fu&#x0364;r Declamatoren, damit die Glocke  einmal ausruht; der <hi rendition="#g">junge Zimmergesell</hi> baut dem Markgrafen sein Haus mit sechshundert  Schaula&#x0364;den hinaus; <hi rendition="#g">Kerbholz und Knotenstock</hi>, Pocket book fu&#x0364;r Handwerksgesellen zur  Wanderschaft; <hi rendition="#g">Bruder Liederlich</hi> will im <hi rendition="#g">Rechenexempe</hi>l mit dem Meister sich setzen;  facit: hast du gelumpt, hast du gesoffen, die ganze Woche, Null fu&#x0364;r Null geht auf; <hi rendition="#g">Trotz den Meistern</hi> wird geboten im Gesellenauflag, und freye Gespra&#x0364;che werden gefu&#x0364;hrt;  lockre Gesellen aber haben das <hi rendition="#g">schwerste Leiden</hi> erdacht. <hi rendition="#g">Abschied von Bremen</hi>, der  wunderscho&#x0364;nen Stadt, nimmt pfeiffend der Schiffer; <hi rendition="#g">Hennecke Knecht</hi> will sich auf der  See versuchen; der <hi rendition="#g">Fuhrman</hi>n schwenkt sein Hu&#x0364;tel vor der Scho&#x0364;nen Haus; auf der <hi rendition="#g">Weinstraße</hi> zieht der stolze Schimmel; <hi rendition="#g">Bauerwirths Heimkehr</hi> entdeckt bo&#x0364;sen Liebeshandel; durch den  Schnee bricht mit Schellenklang die <hi rendition="#g">Schlittenfahrt</hi>. Von der Zinne erto&#x0364;nen die Wa&#x0364;chterlieder; <hi rendition="#g">schwere Wacht</hi> muß verstohlene Liebe hu&#x0364;ten; aber u&#x0364;bele<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0025] fen, nachdem sie weltlich Recht gerichtet. Denn gegen jegliche Missethat ist der Arm der Gerechtigkeit gewaffnet; die Juden zu Passau hat sie dem Schwerdte hingegeben, weil sie das Sakrament entehrt; gar schlecht ist es Fritschen und dem alten Lindenschmidt gegen sie gelungen; auch des Maͤgdeleins treue Liebe mag im Lied vom Ringe nicht den armen Suͤnder retten; wie die von Nuͤrnberg den Schittensamen mit List gefangen, berichtet das alte fliegende Blatt; und wie uͤbel die von Ulm dem Hammen von Reystett mitgespielt; und wie die Dithmarscher den Wieben Peter aufs Haupt geschlagen, und sein Haupt dann auf das Rad; wo auch in Augsburg Nothzucht die Schuld gebuͤßt. Vom Hochgerichte gehen wir zuruͤck, um uns in das emsige Summen buͤrgerlicher Geschaͤftigkeit zu versenken. Es rasseln und schlagen die Weber froͤhlich das Weberlied; Schmiedegesellen Gruß wird mit hoͤflichen Geberden und unumwundnen Worten abgethan; aus der Schmiede bricht Haͤmmergesang, wunderkuͤnstlich gesetzt; frisch Futter fuͤr Declamatoren, damit die Glocke einmal ausruht; der junge Zimmergesell baut dem Markgrafen sein Haus mit sechshundert Schaulaͤden hinaus; Kerbholz und Knotenstock, Pocket book fuͤr Handwerksgesellen zur Wanderschaft; Bruder Liederlich will im Rechenexempel mit dem Meister sich setzen; facit: hast du gelumpt, hast du gesoffen, die ganze Woche, Null fuͤr Null geht auf; Trotz den Meistern wird geboten im Gesellenauflag, und freye Gespraͤche werden gefuͤhrt; lockre Gesellen aber haben das schwerste Leiden erdacht. Abschied von Bremen, der wunderschoͤnen Stadt, nimmt pfeiffend der Schiffer; Hennecke Knecht will sich auf der See versuchen; der Fuhrmann schwenkt sein Huͤtel vor der Schoͤnen Haus; auf der Weinstraße zieht der stolze Schimmel; Bauerwirths Heimkehr entdeckt boͤsen Liebeshandel; durch den Schnee bricht mit Schellenklang die Schlittenfahrt. Von der Zinne ertoͤnen die Waͤchterlieder; schwere Wacht muß verstohlene Liebe huͤten; aber uͤbele

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Universität Duisburg-Essen, Projekt Lyriktheorie (Dr. Rudolf Brandmeyer): Bereitstellung der Texttranskription. (2018-02-08T18:42:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rudolf Brandmeyer: Herausgeber
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-02-08T18:42:42Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_wunderhorn_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_wunderhorn_1809/25
Zitationshilfe: [Görres, Joseph:] [Rezension zu:] Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder gesammelt von L. A. v. Arnim u. C. Brentano. In: Heidelbergische Jahrbücher der Literatur, Fünfte Abtheilung. Philologie, Historie, schöne Literatur und Kunst, Jg. 2 (1809), Bd. 1, Heft 5, S. 222‒237 und Jg. 3 (1810), Bd. 2, Heft 9, S. 30‒52, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_wunderhorn_1809/25>, abgerufen am 28.11.2024.