ist zu Ende, und die Ermordeten kehren als Feuer- schlangen wieder, die die Mörder an ihren empfind- lichsten Theilen wunden. Das ist der Gang des Buches in dem die Fabel rasch wie ein leichter Wind von Land zu Lande eilt; in dem die Einbildungskraft keine Unkosten scheut, und die drei Einheiten auf keine Weise achtet; in dem die Erfindung glücklich, die Handlung gut angelegt und trefflich gehalten und durchgeführt erscheint; in dem überhaupt ein leichter, freier Geist sich kecklich offenbahrt. Wenn auch das Gedicht eben nicht gerade in der besten Zeit geworden ist, wenn die Poesie auch oft in das Abentheuerliche und das Gedicht in die Reisebeschrei- bung sich verliert, so ist das Ganze doch höchst schätz- bar, und in sich rund und vollendet.
Die Meynung Fortunatus sey ein ursprünglich engelländisches Gedicht hat unläugbar vieles für sich; vor Allem, wie wir schon berührt, den Geist des ganzen Werks, jenen unruhig strebenden Gold- und Handels- geist; dann daß die Hauptscene des Romans in Engel- land und Hibernien liegt, und zweimal dahin wieder- kehrt, und mit Wohlgefallen bei dortigen Scenen ver- weilt, z. B. beim Abentheuer in St. Patricius Fegfeuer in Irland; endlich daß das Gedicht schon in sehr alten Zeiten in der engelländischen Literatur in dramatischer Form sich findet. Inzwischen ist auch Manches was
10.
iſt zu Ende, und die Ermordeten kehren als Feuer- ſchlangen wieder, die die Mörder an ihren empfind- lichſten Theilen wunden. Das iſt der Gang des Buches in dem die Fabel raſch wie ein leichter Wind von Land zu Lande eilt; in dem die Einbildungskraft keine Unkoſten ſcheut, und die drei Einheiten auf keine Weiſe achtet; in dem die Erfindung glücklich, die Handlung gut angelegt und trefflich gehalten und durchgeführt erſcheint; in dem überhaupt ein leichter, freier Geiſt ſich kecklich offenbahrt. Wenn auch das Gedicht eben nicht gerade in der beſten Zeit geworden iſt, wenn die Poeſie auch oft in das Abentheuerliche und das Gedicht in die Reiſebeſchrei- bung ſich verliert, ſo iſt das Ganze doch höchſt ſchätz- bar, und in ſich rund und vollendet.
Die Meynung Fortunatus ſey ein urſprünglich engelländiſches Gedicht hat unläugbar vieles für ſich; vor Allem, wie wir ſchon berührt, den Geiſt des ganzen Werks, jenen unruhig ſtrebenden Gold- und Handels- geiſt; dann daß die Hauptſcene des Romans in Engel- land und Hibernien liegt, und zweimal dahin wieder- kehrt, und mit Wohlgefallen bei dortigen Scenen ver- weilt, z. B. beim Abentheuer in St. Patricius Fegfeuer in Irland; endlich daß das Gedicht ſchon in ſehr alten Zeiten in der engelländiſchen Literatur in dramatiſcher Form ſich findet. Inzwiſchen iſt auch Manches was
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iſt zu Ende, und die Ermordeten kehren als Feuer-
ſchlangen wieder, die die Mörder an ihren empfind-
lichſten Theilen wunden. Das iſt der Gang des Buches
in dem die Fabel raſch wie ein leichter Wind von
Land zu Lande eilt; in dem die Einbildungskraft keine
Unkoſten ſcheut, und die drei Einheiten auf keine Weiſe
achtet; in dem die Erfindung glücklich, die Handlung gut
angelegt und trefflich gehalten und durchgeführt erſcheint;
in dem überhaupt ein leichter, freier Geiſt ſich kecklich
offenbahrt. Wenn auch das Gedicht eben nicht gerade
in der beſten Zeit geworden iſt, wenn die Poeſie auch oft in
das Abentheuerliche und das Gedicht in die Reiſebeſchrei-
bung ſich verliert, ſo iſt das Ganze doch höchſt ſchätz-
bar, und in ſich rund und vollendet.
Die Meynung Fortunatus ſey ein urſprünglich
engelländiſches Gedicht hat unläugbar vieles für ſich;
vor Allem, wie wir ſchon berührt, den Geiſt des ganzen
Werks, jenen unruhig ſtrebenden Gold- und Handels-
geiſt; dann daß die Hauptſcene des Romans in Engel-
land und Hibernien liegt, und zweimal dahin wieder-
kehrt, und mit Wohlgefallen bei dortigen Scenen ver-
weilt, z. B. beim Abentheuer in St. Patricius Fegfeuer
in Irland; endlich daß das Gedicht ſchon in ſehr alten
Zeiten in der engelländiſchen Literatur in dramatiſcher
Form ſich findet. Inzwiſchen iſt auch Manches was
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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/91>, abgerufen am 24.11.2024.
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