sie aus dem Bette fallen mache; daß ein Stein Ophthalmus, in ein Lorbeerblatt gewickelt, Unsichtbar- keit gebe; daß der Stein Meda gestoßen und in Wasser zergangen, dem die Hände abfallen mache, der sich darin wasche; daß der Agat den Menschen gewaltig mache, daß der Saphir Friede und Einigkeit bewirke, und mehr dergleichen. Die Zeit für diesen Glauben ist vorüber, aber man dulde ihn immerhin, da ohne- hin dergleichen Dinge in der öffentlichen Meinung stillschweigend als Mährchen gelten, und niemand weiter mehr berücken. Dasselbe ist beim vierten Buche der Fall, das von den Kräften und allerlei Tugen- den einiger Thiere handelt. Im fünften Buche von viel köstlichen Arzneimitteln, besonders Aqua vitae, das ist vom lebendigen Wasser, oder vom Wasser des Lebens, meist unschädliche Tincturen und Latwergen aus dem Pflanzenreiche, selten mit Gewürzen ver- setzt, daher nicht leicht dem Mißbrauche unterworfen, und allenfalls nur negativ schädlich, durch Verhin- derung des Bessern, das aber dem Landmann nur selten geboten werden kann. Albertus magnus war übri- gens bekanntlich scholastischer Philosoph, von 1254 an Provinzial der Dominikaner in Deutschland, 1260 Bischof zu Regensburg bis 1280, wo er starb in Cöln. Diesem Umstand besonders, nebst seiner großen Celebrität,
ſie aus dem Bette fallen mache; daß ein Stein Ophthalmus, in ein Lorbeerblatt gewickelt, Unſichtbar- keit gebe; daß der Stein Meda geſtoßen und in Waſſer zergangen, dem die Hände abfallen mache, der ſich darin waſche; daß der Agat den Menſchen gewaltig mache, daß der Saphir Friede und Einigkeit bewirke, und mehr dergleichen. Die Zeit für dieſen Glauben iſt vorüber, aber man dulde ihn immerhin, da ohne- hin dergleichen Dinge in der öffentlichen Meinung ſtillſchweigend als Mährchen gelten, und niemand weiter mehr berücken. Daſſelbe iſt beim vierten Buche der Fall, das von den Kräften und allerlei Tugen- den einiger Thiere handelt. Im fünften Buche von viel köſtlichen Arzneimitteln, beſonders Aqua vitae, das iſt vom lebendigen Waſſer, oder vom Waſſer des Lebens, meiſt unſchädliche Tincturen und Latwergen aus dem Pflanzenreiche, ſelten mit Gewürzen ver- ſetzt, daher nicht leicht dem Mißbrauche unterworfen, und allenfalls nur negativ ſchädlich, durch Verhin- derung des Beſſern, das aber dem Landmann nur ſelten geboten werden kann. Albertus magnus war übri- gens bekanntlich ſcholaſtiſcher Philoſoph, von 1254 an Provinzial der Dominikaner in Deutſchland, 1260 Biſchof zu Regensburg bis 1280, wo er ſtarb in Cöln. Dieſem Umſtand beſonders, nebſt ſeiner großen Celebrität,
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ſie aus dem Bette fallen mache; daß ein Stein
Ophthalmus, in ein Lorbeerblatt gewickelt, Unſichtbar-
keit gebe; daß der Stein Meda geſtoßen und in Waſſer
zergangen, dem die Hände abfallen mache, der ſich
darin waſche; daß der Agat den Menſchen gewaltig
mache, daß der Saphir Friede und Einigkeit bewirke,
und mehr dergleichen. Die Zeit für dieſen Glauben
iſt vorüber, aber man dulde ihn immerhin, da ohne-
hin dergleichen Dinge in der öffentlichen Meinung
ſtillſchweigend als Mährchen gelten, und niemand
weiter mehr berücken. Daſſelbe iſt beim vierten Buche
der Fall, das von den Kräften und allerlei Tugen-
den einiger Thiere handelt. Im fünften Buche von
viel köſtlichen Arzneimitteln, beſonders Aqua vitae,
das iſt vom lebendigen Waſſer, oder vom Waſſer des
Lebens, meiſt unſchädliche Tincturen und Latwergen
aus dem Pflanzenreiche, ſelten mit Gewürzen ver-
ſetzt, daher nicht leicht dem Mißbrauche unterworfen,
und allenfalls nur negativ ſchädlich, durch Verhin-
derung des Beſſern, das aber dem Landmann nur ſelten
geboten werden kann. Albertus magnus war übri-
gens bekanntlich ſcholaſtiſcher Philoſoph, von 1254 an
Provinzial der Dominikaner in Deutſchland, 1260
Biſchof zu Regensburg bis 1280, wo er ſtarb in Cöln.
Dieſem Umſtand beſonders, nebſt ſeiner großen Celebrität,
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Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/47>, abgerufen am 24.11.2024.
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