Gründliche und wahrhaftige Relation, so hiebe- vor auch französisch, lateinisch und nieder- ländisch ausgegangen, von einem Juden Namens Ahasvero von Jerusalem, der von der Zeit des gecreuzigten Herrn J. C. durch sonderbare Schickung zu einem lebendigen Zeugniß herumgehen muß. Durch Chryso- stomum Dudulaeum Westphalum. 1634.
Im Jahr 1547 erschien in der Gegend von Ham- burg ein Mensch baarfuß, in zerrissenem Unterkleid, einem umgürteten Leibrock, welcher ihm bisauf die Knie gangen, und einem Mantel, der bis auf die Füße reichte, etwa fünfzig Jahr alt schien, und sich nun für einen Zeitgenossen von Christus ausgab; erzählte, er sey ein Schuhmacher von Jerusalem gewesen, und wie Christus mit dem Kreutze an seinem Hause vor- beigekommen, habe er dort ruhen wollen, er habe ihn aber weggetrieben; darauf habe Christus gesprochen: "Ich will allhie stehen und ruhen, aber du sollt gehen bis an den jüngsten Tag"; -- er habe sich dann auf- gemacht, und wandre nun bis zu diesem Augenblick. Er erzählte dabei aus der Geschichte, was Alles sich seit jener Zeit begeben, und lebte übrigens frugal und
26.
Gruͤndliche und wahrhaftige Relation, ſo hiebe- vor auch franzoͤſiſch, lateiniſch und nieder- laͤndiſch ausgegangen, von einem Juden Namens Ahasvero von Jeruſalem, der von der Zeit des gecreuzigten Herrn J. C. durch ſonderbare Schickung zu einem lebendigen Zeugniß herumgehen muß. Durch Chryso- stomum Dudulaeum Westphalum. 1634.
Im Jahr 1547 erſchien in der Gegend von Ham- burg ein Menſch baarfuß, in zerriſſenem Unterkleid, einem umgürteten Leibrock, welcher ihm bisauf die Knie gangen, und einem Mantel, der bis auf die Füße reichte, etwa fünfzig Jahr alt ſchien, und ſich nun für einen Zeitgenoſſen von Chriſtus ausgab; erzählte, er ſey ein Schuhmacher von Jeruſalem geweſen, und wie Chriſtus mit dem Kreutze an ſeinem Hauſe vor- beigekommen, habe er dort ruhen wollen, er habe ihn aber weggetrieben; darauf habe Chriſtus geſprochen: „Ich will allhie ſtehen und ruhen, aber du ſollt gehen bis an den jüngſten Tag“; — er habe ſich dann auf- gemacht, und wandre nun bis zu dieſem Augenblick. Er erzählte dabei aus der Geſchichte, was Alles ſich ſeit jener Zeit begeben, und lebte übrigens frugal und
26.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0219"n="201"/><bibl>Gruͤndliche und wahrhaftige Relation, ſo hiebe-<lb/>
vor auch franzoͤſiſch, lateiniſch und nieder-<lb/>
laͤndiſch ausgegangen, von einem Juden<lb/>
Namens Ahasvero von Jeruſalem, der von<lb/>
der Zeit des gecreuzigten Herrn J. C. durch<lb/>ſonderbare Schickung zu einem lebendigen<lb/>
Zeugniß herumgehen muß. Durch <hirendition="#aq">Chryso-<lb/>
stomum Dudulaeum Westphalum.</hi> 1634.</bibl><lb/><p>Im Jahr 1547 erſchien in der Gegend von Ham-<lb/>
burg ein Menſch baarfuß, in zerriſſenem Unterkleid,<lb/>
einem umgürteten Leibrock, welcher ihm bisauf die Knie<lb/>
gangen, und einem Mantel, der bis auf die Füße<lb/>
reichte, etwa fünfzig Jahr alt ſchien, und ſich nun<lb/>
für einen Zeitgenoſſen von Chriſtus ausgab; erzählte,<lb/>
er ſey ein Schuhmacher von Jeruſalem geweſen, und<lb/>
wie Chriſtus mit dem Kreutze an ſeinem Hauſe vor-<lb/>
beigekommen, habe er dort ruhen wollen, er habe ihn<lb/>
aber weggetrieben; darauf habe Chriſtus geſprochen:<lb/>„Ich will allhie ſtehen und ruhen, aber du ſollt gehen<lb/>
bis an den jüngſten Tag“; — er habe ſich dann auf-<lb/>
gemacht, und wandre nun bis zu dieſem Augenblick.<lb/>
Er erzählte dabei aus der Geſchichte, was Alles ſich<lb/>ſeit jener Zeit begeben, und lebte übrigens frugal und<lb/><fwplace="bottom"type="sig">26.</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[201/0219]
Gruͤndliche und wahrhaftige Relation, ſo hiebe-
vor auch franzoͤſiſch, lateiniſch und nieder-
laͤndiſch ausgegangen, von einem Juden
Namens Ahasvero von Jeruſalem, der von
der Zeit des gecreuzigten Herrn J. C. durch
ſonderbare Schickung zu einem lebendigen
Zeugniß herumgehen muß. Durch Chryso-
stomum Dudulaeum Westphalum. 1634.
Im Jahr 1547 erſchien in der Gegend von Ham-
burg ein Menſch baarfuß, in zerriſſenem Unterkleid,
einem umgürteten Leibrock, welcher ihm bisauf die Knie
gangen, und einem Mantel, der bis auf die Füße
reichte, etwa fünfzig Jahr alt ſchien, und ſich nun
für einen Zeitgenoſſen von Chriſtus ausgab; erzählte,
er ſey ein Schuhmacher von Jeruſalem geweſen, und
wie Chriſtus mit dem Kreutze an ſeinem Hauſe vor-
beigekommen, habe er dort ruhen wollen, er habe ihn
aber weggetrieben; darauf habe Chriſtus geſprochen:
„Ich will allhie ſtehen und ruhen, aber du ſollt gehen
bis an den jüngſten Tag“; — er habe ſich dann auf-
gemacht, und wandre nun bis zu dieſem Augenblick.
Er erzählte dabei aus der Geſchichte, was Alles ſich
ſeit jener Zeit begeben, und lebte übrigens frugal und
26.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/219>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.