Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

lich im Jahr 1548, in 4. erschienen ist *). In der
Vorrede heißt es: "Darum hab ich Wilhelm Salzmann
mich geflissen dise Histori an den Tag zu bringen, wie-
wohl die vor langen zeiten von den gelerten ist zu latein
geschriben, darnach über lang in französische Zungen
bracht". Wörtlich genau stimmt bis auf einige moder-
nisirte Wörter das teutsche Volksbuch mit dieser Schrift
zusammen, die auch unter dem Namen Florent et
Lyon
längst schon in Troyes gedruckt, und Volksbuch
geworden ist. Der Roman selbst aber gehört dem Kreise
der romantischen Dichtungen von Carl dem Großen,
und zwar der zweiten Periode, an. Sobald nämlich
Carl zum Helden der neuern Poesie geworden war, trat
er durch seine Person nicht allein in dieselbe ein, sondern
man entwarf auch rückwärts einen eignen großen
Heldenstammbaum, durch den man ihn mit Constantin
durch eine ganze Reihe von Heroen in Verbindung
brachte, aus der sich denn die Romantiker die Gegen-
stände ihrer Bearbeitung wählten, oder die sie vielmehr
eben durch ihre Dichtungen begründeten. In diesem
Register, das Quadrio in seiner Storia d'ogni poesia

*) Vaur in seiner Bibliotheca libr. rar. führt eine noch ältere
Ausgabe unter dem Titel: Histori von dem Keyser Octa-
viano, seinem Weib und zweyen Sünen; uß frantz.
Sprach in teutsch verdollmetscht Straßburg 1535.

lich im Jahr 1548, in 4. erſchienen iſt *). In der
Vorrede heißt es: „Darum hab ich Wilhelm Salzmann
mich gefliſſen diſe Hiſtori an den Tag zu bringen, wie-
wohl die vor langen zeiten von den gelerten iſt zu latein
geſchriben, darnach über lang in franzöſiſche Zungen
bracht“. Wörtlich genau ſtimmt bis auf einige moder-
niſirte Wörter das teutſche Volksbuch mit dieſer Schrift
zuſammen, die auch unter dem Namen Florent et
Lyon
längſt ſchon in Troyes gedruckt, und Volksbuch
geworden iſt. Der Roman ſelbſt aber gehört dem Kreiſe
der romantiſchen Dichtungen von Carl dem Großen,
und zwar der zweiten Periode, an. Sobald nämlich
Carl zum Helden der neuern Poeſie geworden war, trat
er durch ſeine Perſon nicht allein in dieſelbe ein, ſondern
man entwarf auch rückwärts einen eignen großen
Heldenſtammbaum, durch den man ihn mit Conſtantin
durch eine ganze Reihe von Heroen in Verbindung
brachte, aus der ſich denn die Romantiker die Gegen-
ſtände ihrer Bearbeitung wählten, oder die ſie vielmehr
eben durch ihre Dichtungen begründeten. In dieſem
Regiſter, das Quadrio in ſeiner Storia d’ogni poesia

*) Vaur in ſeiner Bibliotheca libr. rar. führt eine noch ältere
Ausgabe unter dem Titel: Hiſtori von dem Keyſer Octa-
viano, ſeinem Weib und zweyen Sünen; uß frantz.
Sprach in teutſch verdollmetſcht Straßburg 1535.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0152" n="134"/>
lich im Jahr 1548, in 4. er&#x017F;chienen i&#x017F;t <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Vaur</hi> in &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Bibliotheca libr. rar.</hi> führt eine noch ältere<lb/>
Ausgabe unter dem Titel: Hi&#x017F;tori von dem Key&#x017F;er Octa-<lb/>
viano, &#x017F;einem Weib und zweyen Sünen; uß frantz.<lb/>
Sprach in teut&#x017F;ch verdollmet&#x017F;cht Straßburg 1535.</note>. In der<lb/>
Vorrede heißt es: &#x201E;Darum hab ich Wilhelm Salzmann<lb/>
mich gefli&#x017F;&#x017F;en di&#x017F;e Hi&#x017F;tori an den Tag zu bringen, wie-<lb/>
wohl die vor langen zeiten von den gelerten i&#x017F;t zu latein<lb/>
ge&#x017F;chriben, darnach über lang in franzö&#x017F;i&#x017F;che Zungen<lb/>
bracht&#x201C;. Wörtlich genau &#x017F;timmt bis auf einige moder-<lb/>
ni&#x017F;irte Wörter das teut&#x017F;che Volksbuch mit die&#x017F;er Schrift<lb/>
zu&#x017F;ammen, die auch unter dem Namen <hi rendition="#aq">Florent et<lb/>
Lyon</hi> läng&#x017F;t &#x017F;chon in Troyes gedruckt, und Volksbuch<lb/>
geworden i&#x017F;t. Der Roman &#x017F;elb&#x017F;t aber gehört dem Krei&#x017F;e<lb/>
der romanti&#x017F;chen Dichtungen von Carl dem Großen,<lb/>
und zwar der zweiten Periode, an. Sobald nämlich<lb/>
Carl zum Helden der neuern Poe&#x017F;ie geworden war, trat<lb/>
er durch &#x017F;eine Per&#x017F;on nicht allein in die&#x017F;elbe ein, &#x017F;ondern<lb/>
man entwarf auch rückwärts einen eignen großen<lb/>
Helden&#x017F;tammbaum, durch den man ihn mit Con&#x017F;tantin<lb/>
durch eine ganze Reihe von Heroen in Verbindung<lb/>
brachte, aus der &#x017F;ich denn die Romantiker die Gegen-<lb/>
&#x017F;tände ihrer Bearbeitung wählten, oder die &#x017F;ie vielmehr<lb/>
eben durch ihre Dichtungen begründeten. In die&#x017F;em<lb/>
Regi&#x017F;ter, das <hi rendition="#g">Quadrio</hi> in &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Storia d&#x2019;ogni poesia</hi><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0152] lich im Jahr 1548, in 4. erſchienen iſt *). In der Vorrede heißt es: „Darum hab ich Wilhelm Salzmann mich gefliſſen diſe Hiſtori an den Tag zu bringen, wie- wohl die vor langen zeiten von den gelerten iſt zu latein geſchriben, darnach über lang in franzöſiſche Zungen bracht“. Wörtlich genau ſtimmt bis auf einige moder- niſirte Wörter das teutſche Volksbuch mit dieſer Schrift zuſammen, die auch unter dem Namen Florent et Lyon längſt ſchon in Troyes gedruckt, und Volksbuch geworden iſt. Der Roman ſelbſt aber gehört dem Kreiſe der romantiſchen Dichtungen von Carl dem Großen, und zwar der zweiten Periode, an. Sobald nämlich Carl zum Helden der neuern Poeſie geworden war, trat er durch ſeine Perſon nicht allein in dieſelbe ein, ſondern man entwarf auch rückwärts einen eignen großen Heldenſtammbaum, durch den man ihn mit Conſtantin durch eine ganze Reihe von Heroen in Verbindung brachte, aus der ſich denn die Romantiker die Gegen- ſtände ihrer Bearbeitung wählten, oder die ſie vielmehr eben durch ihre Dichtungen begründeten. In dieſem Regiſter, das Quadrio in ſeiner Storia d’ogni poesia *) Vaur in ſeiner Bibliotheca libr. rar. führt eine noch ältere Ausgabe unter dem Titel: Hiſtori von dem Keyſer Octa- viano, ſeinem Weib und zweyen Sünen; uß frantz. Sprach in teutſch verdollmetſcht Straßburg 1535.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/152
Zitationshilfe: Görres, Joseph: Die teutschen Volksbücher. Heidelberg, 1807, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_volksbuecher_1807/152>, abgerufen am 25.11.2024.