Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.wieder hervorzuziehen, und so ein neues Teutschland Die andere Parthey, die dieser bald entgegen trat, wieder hervorzuziehen, und ſo ein neues Teutſchland Die andere Parthey, die dieſer bald entgegen trat, <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0096" n="88"/> wieder hervorzuziehen, und ſo ein neues Teutſchland<lb/> aus dem Verderben des Alten zu reſtauriren.</p><lb/> <p>Die andere Parthey, die dieſer bald entgegen trat,<lb/> urtheilte aus anderem Geſichtspunkt: Was ſoll uns<lb/> dies alte Teutſchland, was ſollen dieſe Lappen alter<lb/> Herrlichkeit, die zu ihrer Zeit gut geweſen, weil ſie<lb/> auf ihre Zeit gegründet war, aber nun auf immer<lb/> hingeſchwunden; was ſoll dieſer Aberglauben, der mit<lb/> den Gebeinen alter Helden und Heiligen ſeinen Göz¬<lb/> zendienſt zu treiben affektirt? Was haben dieſe Ritter<lb/> in unſerer Zeit zu ſuchen; ihr Geiſt iſt nicht mehr<lb/> unter uns, ihre Burgen ſtehen gebrochen auf Berg<lb/> und Hügel; jene alten Münſter ſind verrödet, ein an¬<lb/> derer Glaube iſt in ſie eingewandert. Jene Inſtitu¬<lb/> tionen und Landesordnungen mögen paßlich geweſen<lb/> ſeyn für ihre Jahrhunderte; aber ihr Schutt und<lb/> ihre Trümmer, die noch in der Geſellſchaft ſtehen ge¬<lb/> blieben, ſind ihr zur Ueberlaſt, und ihre Pergamente<lb/> modern in den Archiven; was wir ſehen, iſt Leibei¬<lb/> genſchaft, Reich der Gewalt und des Aberglaubens,<lb/> drückende Feudalität, und in finſterer Nacht des Mit¬<lb/> telalters umwandelnd wie im Hades, die Geſtalten<lb/> einiger großen Männer, die kein Todtenopfer herauf¬<lb/> beſchwören wird. Zwey ungeheure Begebenheiten, die<lb/><hi rendition="#g">auch</hi> der Geſchichte angehören, haben durch eine un¬<lb/> überſteigliche Kluft von ihnen uns geſchieden, die Re¬<lb/> formation und die Revolution; ſeither iſt wirklich ein<lb/> anderes Volk eingewandert, neu in Sitte, Geſinnung<lb/> und Denkungsart, mit andern Rechten und Bedürf¬<lb/> niſſen; ſeither iſt eine neue Welt an die Stelle des<lb/> untergegangenen Mittelalters aus den Fluten aufge¬<lb/></p> </body> </text> </TEI> [88/0096]
wieder hervorzuziehen, und ſo ein neues Teutſchland
aus dem Verderben des Alten zu reſtauriren.
Die andere Parthey, die dieſer bald entgegen trat,
urtheilte aus anderem Geſichtspunkt: Was ſoll uns
dies alte Teutſchland, was ſollen dieſe Lappen alter
Herrlichkeit, die zu ihrer Zeit gut geweſen, weil ſie
auf ihre Zeit gegründet war, aber nun auf immer
hingeſchwunden; was ſoll dieſer Aberglauben, der mit
den Gebeinen alter Helden und Heiligen ſeinen Göz¬
zendienſt zu treiben affektirt? Was haben dieſe Ritter
in unſerer Zeit zu ſuchen; ihr Geiſt iſt nicht mehr
unter uns, ihre Burgen ſtehen gebrochen auf Berg
und Hügel; jene alten Münſter ſind verrödet, ein an¬
derer Glaube iſt in ſie eingewandert. Jene Inſtitu¬
tionen und Landesordnungen mögen paßlich geweſen
ſeyn für ihre Jahrhunderte; aber ihr Schutt und
ihre Trümmer, die noch in der Geſellſchaft ſtehen ge¬
blieben, ſind ihr zur Ueberlaſt, und ihre Pergamente
modern in den Archiven; was wir ſehen, iſt Leibei¬
genſchaft, Reich der Gewalt und des Aberglaubens,
drückende Feudalität, und in finſterer Nacht des Mit¬
telalters umwandelnd wie im Hades, die Geſtalten
einiger großen Männer, die kein Todtenopfer herauf¬
beſchwören wird. Zwey ungeheure Begebenheiten, die
auch der Geſchichte angehören, haben durch eine un¬
überſteigliche Kluft von ihnen uns geſchieden, die Re¬
formation und die Revolution; ſeither iſt wirklich ein
anderes Volk eingewandert, neu in Sitte, Geſinnung
und Denkungsart, mit andern Rechten und Bedürf¬
niſſen; ſeither iſt eine neue Welt an die Stelle des
untergegangenen Mittelalters aus den Fluten aufge¬
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