Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.standen waren, ohne sich über die Wege, um dahin Sie urtheilten ferner, daß, da an den Völkern die Form ſtanden waren, ohne ſich über die Wege, um dahin Sie urtheilten ferner, daß, da an den Völkern die Form <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0094" n="86"/> ſtanden waren, ohne ſich über die Wege, um dahin<lb/> zu gelangen, näher zu verſtändigen, in zwey Haupt¬<lb/> partheyen. Die Eine, die ſogenannte <hi rendition="#g">Hiſtoriſche</hi><lb/> erkannte, daß ehemals ein beſſerer Zuſtand Teutſch¬<lb/> lands in der Wirklichkeit beſtanden, wo es in ſich<lb/> geeint unter einem Schirmvogte, und wieder getheilt<lb/> in Glieder und Gliedesglieder, Landſchaften, Stände<lb/> und blühende Körperſchaften in ſich geſichert, frey,<lb/> kräftig und reich in eigenthümlicher Sitte, und Ein¬<lb/> richtung auf ſich ſelber ruhte, von außen geehrt, ge¬<lb/> achtet, gefürchtet und gebiethend, und leicht abweh¬<lb/> rend jede fremde Gewalt, die ſich an ihm verſuchte.<lb/> Sie erkannte ferner wie, weil das Haupt dumm ge¬<lb/> worden und blöde, die Glieder aber geil und über¬<lb/> müthig, in das blühende Leben zuerſt Verwirrung<lb/> und Krankheit ſich eingeſchlichen; wie bey ſtets wach¬<lb/> ſendem Mißverhältniß die Zerrüttung immer zugenom¬<lb/> men; bis ſie endlich nach der Reformation in jenen<lb/> wüthenden Paroxismus ausgebrochen, der als orga¬<lb/> niſchen Fehler einen bis hierhin unheilbaren Gegen¬<lb/> ſatz in das Reich hineingetragen; eine Wunde mit<lb/> geluptem, vergifteten Schwerd geſchlagen, wie jene<lb/> des Titurel, an der es gleich dieſem nicht ſterbend<lb/> und nicht geneſend ins zweyte und dritte Jahrhundert<lb/> geſiecht, bis endlich Feindesgewalt die in ſich ausge¬<lb/> zehrte, wankende Geſtalt umgeſtürzt, unter den Fuß<lb/> getreten, und an den Siegeswagen gebunden, die<lb/> Entehrte, ein klägliches Schauſpiel für Götter und<lb/> für Menſchen, umgeſchleift, und ihre zerſtückten Glie¬<lb/> der wie Medea die des Abſyrtus umher geſtreut.</p><lb/> <p>Sie urtheilten ferner, daß, da an den Völkern die Form<lb/></p> </body> </text> </TEI> [86/0094]
ſtanden waren, ohne ſich über die Wege, um dahin
zu gelangen, näher zu verſtändigen, in zwey Haupt¬
partheyen. Die Eine, die ſogenannte Hiſtoriſche
erkannte, daß ehemals ein beſſerer Zuſtand Teutſch¬
lands in der Wirklichkeit beſtanden, wo es in ſich
geeint unter einem Schirmvogte, und wieder getheilt
in Glieder und Gliedesglieder, Landſchaften, Stände
und blühende Körperſchaften in ſich geſichert, frey,
kräftig und reich in eigenthümlicher Sitte, und Ein¬
richtung auf ſich ſelber ruhte, von außen geehrt, ge¬
achtet, gefürchtet und gebiethend, und leicht abweh¬
rend jede fremde Gewalt, die ſich an ihm verſuchte.
Sie erkannte ferner wie, weil das Haupt dumm ge¬
worden und blöde, die Glieder aber geil und über¬
müthig, in das blühende Leben zuerſt Verwirrung
und Krankheit ſich eingeſchlichen; wie bey ſtets wach¬
ſendem Mißverhältniß die Zerrüttung immer zugenom¬
men; bis ſie endlich nach der Reformation in jenen
wüthenden Paroxismus ausgebrochen, der als orga¬
niſchen Fehler einen bis hierhin unheilbaren Gegen¬
ſatz in das Reich hineingetragen; eine Wunde mit
geluptem, vergifteten Schwerd geſchlagen, wie jene
des Titurel, an der es gleich dieſem nicht ſterbend
und nicht geneſend ins zweyte und dritte Jahrhundert
geſiecht, bis endlich Feindesgewalt die in ſich ausge¬
zehrte, wankende Geſtalt umgeſtürzt, unter den Fuß
getreten, und an den Siegeswagen gebunden, die
Entehrte, ein klägliches Schauſpiel für Götter und
für Menſchen, umgeſchleift, und ihre zerſtückten Glie¬
der wie Medea die des Abſyrtus umher geſtreut.
Sie urtheilten ferner, daß, da an den Völkern die Form
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