Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.Ruh geredet, und der dringendste Ungestüm mit ei¬ So hatte das Herzogthum Nassau schon vor dem Ruh geredet, und der dringendſte Ungeſtüm mit ei¬ So hatte das Herzogthum Naſſau ſchon vor dem <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0061" n="53"/> Ruh geredet, und der dringendſte Ungeſtüm mit ei¬<lb/> ner abſchläglichen Zahlung abgewieſen; für die ſpä¬<lb/> ter einlaufenden Forderungen, die von Gerichtswe¬<lb/> gen, wie die franzöſiſche Schuld, ſchon gemäßigt wa¬<lb/> ren, wurde von jenen Papieren und Phraſen, die<lb/> nie nach dem Nennwerth gelten, ein reichlicher Vor<lb/> rath eingelegt, und ein wohlbeſtelltes Lager jener<lb/> Quincailleriewaaren etablirt, die uns die Revolution<lb/> gebracht, und mit denen der Zeitgeiſt, wie jener Vogel<lb/> mit der Silberkugel, ſpielend ſich vergnügt: Ver¬<lb/> günſtigungen, die nichts koſten, aber jedesmal zählen<lb/> bey der Parade; Freyheiten, die ſich entweder von<lb/> ſelbſt verſtehen, oder bey der Willkühr als ihrem Brod¬<lb/> herrn Hofedienſt zu leiſten ſich entſchließen; Bewilligun¬<lb/> gen durch Ausnahmegeſetze weislich gezügelt; hohle For¬<lb/> meln und gleiſſende brillantirte Lügen, in die die Eitelkeit<lb/> ſich gern putzen mag, und wie die Behelfe heißen mö¬<lb/> gen, mit denen die Klugheit der Welt ſich durchſchla¬<lb/> gen zu müſſen glaubt. Als die kleine Waare Liebha¬<lb/> ber gefunden, ließ ſich ſpäter wohl die Hoffnung faſ¬<lb/> ſen, auch die früheren Einräumungen wieder abzu¬<lb/> kaufen; die Conſequenz war vollkommen gerettet; und<lb/> die Willkühr, die jetzt die Appretur gewonnen, wie<lb/> ſie die Mode der Zeit verlangt, war wieder ein gang¬<lb/> barer Meß-Artikel.</p><lb/> <p>So hatte das Herzogthum Naſſau ſchon vor dem<lb/> Congreſſe eine Verfaſſung erlangt, an der man theo¬<lb/> retiſch nichts ſonderliches auszuſetzen gefunden, die<lb/> aber praktiſch ſeither zu wenig Erklecklichem geführt. Unter<lb/> dem Vorwande, die ſtets wechſelnden Territorialver¬<lb/> hältniſſe des Landes erlaubten die Zuſammenberufung<lb/></p> </body> </text> </TEI> [53/0061]
Ruh geredet, und der dringendſte Ungeſtüm mit ei¬
ner abſchläglichen Zahlung abgewieſen; für die ſpä¬
ter einlaufenden Forderungen, die von Gerichtswe¬
gen, wie die franzöſiſche Schuld, ſchon gemäßigt wa¬
ren, wurde von jenen Papieren und Phraſen, die
nie nach dem Nennwerth gelten, ein reichlicher Vor
rath eingelegt, und ein wohlbeſtelltes Lager jener
Quincailleriewaaren etablirt, die uns die Revolution
gebracht, und mit denen der Zeitgeiſt, wie jener Vogel
mit der Silberkugel, ſpielend ſich vergnügt: Ver¬
günſtigungen, die nichts koſten, aber jedesmal zählen
bey der Parade; Freyheiten, die ſich entweder von
ſelbſt verſtehen, oder bey der Willkühr als ihrem Brod¬
herrn Hofedienſt zu leiſten ſich entſchließen; Bewilligun¬
gen durch Ausnahmegeſetze weislich gezügelt; hohle For¬
meln und gleiſſende brillantirte Lügen, in die die Eitelkeit
ſich gern putzen mag, und wie die Behelfe heißen mö¬
gen, mit denen die Klugheit der Welt ſich durchſchla¬
gen zu müſſen glaubt. Als die kleine Waare Liebha¬
ber gefunden, ließ ſich ſpäter wohl die Hoffnung faſ¬
ſen, auch die früheren Einräumungen wieder abzu¬
kaufen; die Conſequenz war vollkommen gerettet; und
die Willkühr, die jetzt die Appretur gewonnen, wie
ſie die Mode der Zeit verlangt, war wieder ein gang¬
barer Meß-Artikel.
So hatte das Herzogthum Naſſau ſchon vor dem
Congreſſe eine Verfaſſung erlangt, an der man theo¬
retiſch nichts ſonderliches auszuſetzen gefunden, die
aber praktiſch ſeither zu wenig Erklecklichem geführt. Unter
dem Vorwande, die ſtets wechſelnden Territorialver¬
hältniſſe des Landes erlaubten die Zuſammenberufung
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