Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.des Mittelalters im teutschen Kaiserreiche die Folge In dem Uebermuthe und dem Drange einer solchen 4
des Mittelalters im teutſchen Kaiſerreiche die Folge In dem Uebermuthe und dem Drange einer ſolchen 4
<TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0057" n="49"/> des Mittelalters im teutſchen Kaiſerreiche die Folge<lb/> dieſes Bundes.</p><lb/> <p>In dem Uebermuthe und dem Drange einer ſolchen<lb/> Zeit hatte eine Claſſe von Staatsmännern ſich ausge¬<lb/> bildet, ganz anderer Art als ſo Manche, die im Nor¬<lb/> den aus der Periode vor jener großen Bewegung noch<lb/> übrig geblieben, oder auch ſeither allenfalls in ihren<lb/> Grundſätzen erwachſen ſind. Wie Dieſe, Sclaven des<lb/> Herkommens, das Beſtehende allein anerkennen, und<lb/> vor allem Werdenden eine tiefe Scheu in der Seele<lb/> tragen; ſo erkennen und achten Jene kein Seyn und<lb/> keine Vergangenheit, und haſſen alles Poſitive, das<lb/> ihrer unruhigen Thätigkeit hemmend entgegentritt.<lb/> Während die Einen nicht zu rühren wagen an das<lb/> Ueberlieferte, und mit den Leichen des in ſeinem Al¬<lb/> ter Erſtorbenen ſich bis zur Verweſung ſchleppend, als<lb/> Leibeigene dienen auf dem Hofgut, an das eine keckere<lb/> Vorzeit ſie gefeſtet; halten die Andern alles Gewe¬<lb/> ſene dem Tode heimgefallen, ſich aber für Herren der<lb/> Gegenwart, und zu Tyrannen der Zukunft ſich beru¬<lb/> fen. Kinder des Tages, der ſie geboren, verneinend<lb/> Alles, was vorhin geweſen, hoffen ſie doch, daß ihr<lb/> Wille bejahend ſeyn werde für das Kommende, dem<lb/> ſie ſelbſt wieder ein Vergangenes geworden, und das<lb/> Morgen mit dem gleichen Rechte ſie negirt, wie ſie<lb/> das Geſtern vernichteten. Schaltend nach freyeſter<lb/> Willkühr mit allem Vorhandnen, von dem Jene ſich<lb/> bemeiſtern laſſen, werfen ſie in unaufhörlicher Umkehr<lb/> die Dinge durcheinander; wie die Gedanken wechſeln<lb/> in des Menſchen Bruſt, ſo muß ihre Welt ſich mit<lb/> den Flüchtigen umgeſtalten; in geilem Bildungstrieb<lb/> <fw place="bottom" type="sig">4<lb/></fw> </p> </body> </text> </TEI> [49/0057]
des Mittelalters im teutſchen Kaiſerreiche die Folge
dieſes Bundes.
In dem Uebermuthe und dem Drange einer ſolchen
Zeit hatte eine Claſſe von Staatsmännern ſich ausge¬
bildet, ganz anderer Art als ſo Manche, die im Nor¬
den aus der Periode vor jener großen Bewegung noch
übrig geblieben, oder auch ſeither allenfalls in ihren
Grundſätzen erwachſen ſind. Wie Dieſe, Sclaven des
Herkommens, das Beſtehende allein anerkennen, und
vor allem Werdenden eine tiefe Scheu in der Seele
tragen; ſo erkennen und achten Jene kein Seyn und
keine Vergangenheit, und haſſen alles Poſitive, das
ihrer unruhigen Thätigkeit hemmend entgegentritt.
Während die Einen nicht zu rühren wagen an das
Ueberlieferte, und mit den Leichen des in ſeinem Al¬
ter Erſtorbenen ſich bis zur Verweſung ſchleppend, als
Leibeigene dienen auf dem Hofgut, an das eine keckere
Vorzeit ſie gefeſtet; halten die Andern alles Gewe¬
ſene dem Tode heimgefallen, ſich aber für Herren der
Gegenwart, und zu Tyrannen der Zukunft ſich beru¬
fen. Kinder des Tages, der ſie geboren, verneinend
Alles, was vorhin geweſen, hoffen ſie doch, daß ihr
Wille bejahend ſeyn werde für das Kommende, dem
ſie ſelbſt wieder ein Vergangenes geworden, und das
Morgen mit dem gleichen Rechte ſie negirt, wie ſie
das Geſtern vernichteten. Schaltend nach freyeſter
Willkühr mit allem Vorhandnen, von dem Jene ſich
bemeiſtern laſſen, werfen ſie in unaufhörlicher Umkehr
die Dinge durcheinander; wie die Gedanken wechſeln
in des Menſchen Bruſt, ſo muß ihre Welt ſich mit
den Flüchtigen umgeſtalten; in geilem Bildungstrieb
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