Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.nicht sehr christlichen Thathandlungen als eine Art von Wenn die Meinung in solcher Weise durch alle menraffen
nicht ſehr chriſtlichen Thathandlungen als eine Art von Wenn die Meinung in ſolcher Weiſe durch alle menraffen
<TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0024" n="16"/> nicht ſehr chriſtlichen Thathandlungen als eine Art von<lb/> Expiation und Sühne folgend, konnte ſie in der fol¬<lb/> genden ſehr geſpannten Stimmung, nur Mißtrauen<lb/> erwecken, und kein dauernder Troſt war für die nie¬<lb/> dergeſchlagenen Hoffnungen bey ihr zu nehmen. Die¬<lb/> ſer heilige Bund, der an die Stelle des alten heili¬<lb/> gen römiſchen Reichs getreten, konnte wohl allenfalls<lb/> die wechſelſeitige religiöſe Toleranz der darin verbunde¬<lb/> nen Glaubensſecten gewähren; aber gerade die reli¬<lb/> giöſe Indifferenz, die dieſe Gewähr entbehrlich machte,<lb/> nahm der nothwendigern Garantie der Toleranz aller<lb/> politiſchen Gegenſätze in den verſchiednen Gliedern des<lb/> Bundes allen Grund und jegliche Sicherheit.</p><lb/> <p>Wenn die Meinung in ſolcher Weiſe durch alle<lb/> dieſe Vorgänge für ihre Befürchtungen einer unheil¬<lb/> ſchwangern Zukunft nur wenig beruhigt wurde, ſo<lb/> ließ ſich auf der andern Seite doch nicht läugnen,<lb/> daß jene Politik des Vacuums, ſo ſehr bequem der<lb/> gänzlichen Impotenz des öffentlichen Lebens, indem ſie<lb/> alle Probleme, an deren Löſung die Gegenwart ver¬<lb/> zweifeln muß, behend der Zukunft hinſchiebt, und ſich<lb/> zum voraus mit den Verhältniſſen kommender Ge¬<lb/> ſchlechter nicht abmühen will, allerdings einer Zeit<lb/> natürlich war, die ein ganzes Menſchenalter lang in<lb/> wüthenden Kriegen und Bewegungen ſich erſchöpft,<lb/> und ſich nun wohl geſättigt nach jener Ruhe ſehnt,<lb/> die ſich um das Thun des Nachbars nur im äußer¬<lb/> ſten Nothfall kümmern will. Auf die europäiſche Ge¬<lb/> ſellſchaft in einer Periode angewendet, die nach einem<lb/> allgemeinen Naturgeſetz jetzt eben ſo ſehr zur Verein¬<lb/> zelung neigte, wie ſie vorher mit Wuth im Zuſam¬<lb/> <fw place="bottom" type="catch">menraffen<lb/></fw> </p> </body> </text> </TEI> [16/0024]
nicht ſehr chriſtlichen Thathandlungen als eine Art von
Expiation und Sühne folgend, konnte ſie in der fol¬
genden ſehr geſpannten Stimmung, nur Mißtrauen
erwecken, und kein dauernder Troſt war für die nie¬
dergeſchlagenen Hoffnungen bey ihr zu nehmen. Die¬
ſer heilige Bund, der an die Stelle des alten heili¬
gen römiſchen Reichs getreten, konnte wohl allenfalls
die wechſelſeitige religiöſe Toleranz der darin verbunde¬
nen Glaubensſecten gewähren; aber gerade die reli¬
giöſe Indifferenz, die dieſe Gewähr entbehrlich machte,
nahm der nothwendigern Garantie der Toleranz aller
politiſchen Gegenſätze in den verſchiednen Gliedern des
Bundes allen Grund und jegliche Sicherheit.
Wenn die Meinung in ſolcher Weiſe durch alle
dieſe Vorgänge für ihre Befürchtungen einer unheil¬
ſchwangern Zukunft nur wenig beruhigt wurde, ſo
ließ ſich auf der andern Seite doch nicht läugnen,
daß jene Politik des Vacuums, ſo ſehr bequem der
gänzlichen Impotenz des öffentlichen Lebens, indem ſie
alle Probleme, an deren Löſung die Gegenwart ver¬
zweifeln muß, behend der Zukunft hinſchiebt, und ſich
zum voraus mit den Verhältniſſen kommender Ge¬
ſchlechter nicht abmühen will, allerdings einer Zeit
natürlich war, die ein ganzes Menſchenalter lang in
wüthenden Kriegen und Bewegungen ſich erſchöpft,
und ſich nun wohl geſättigt nach jener Ruhe ſehnt,
die ſich um das Thun des Nachbars nur im äußer¬
ſten Nothfall kümmern will. Auf die europäiſche Ge¬
ſellſchaft in einer Periode angewendet, die nach einem
allgemeinen Naturgeſetz jetzt eben ſo ſehr zur Verein¬
zelung neigte, wie ſie vorher mit Wuth im Zuſam¬
menraffen
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