Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.Macht der Stärkeren zu vergrößeren, oder die Unab¬ Da man inzwischen fühlte, daß einer so absoluten Macht der Stärkeren zu vergrößeren, oder die Unab¬ Da man inzwiſchen fühlte, daß einer ſo abſoluten <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0023" n="15"/> Macht der Stärkeren zu vergrößeren, oder die Unab¬<lb/> hängigkeit der Schwächeren zu gefährden.« Dieſes<lb/> Surrogat einer vollziehenden Gewalt, den Mächtigern<lb/> beygelegt, wurde in der Folge auf dem Congreß von<lb/> Aachen gänzlich aufgelößt, und es blieb nun eine reine<lb/> Negativität im wechſelſeitigen Verhältniſſe aller Staa¬<lb/> ten, als die Grundlage des europäiſchen Bundes zu¬<lb/> rück. Statt wie im alten Syſteme des Gleichgewichts<lb/> um Abwägungen entgegengeſetzter Kräfte ſich zu mühen,<lb/> wurden alle Gegenſätze als aufgegeben, oder wenig¬<lb/> ſtens ſchlafend ſtatuirt; von allem Wechſel ſich ver¬<lb/> wandter und abgeneigter Beziehungen wurde Abſehen<lb/> genommen; Keine ſollte durch Anmuthungen und Ein¬<lb/> miſchungen die Andere in ihrem Wirken ſtören, und<lb/> ſo durch gegenſeitige Enthaltſamkeit die heitere Wind¬<lb/> ſtille eines langen Friedens in die ſtreitenden Elemente<lb/> kommen.</p><lb/> <p>Da man inzwiſchen fühlte, daß einer ſo abſoluten<lb/> Verneinung doch als Grund und Schutz irgend ein<lb/> poſitives Prinzip unterlegt werden müſſe, wurde die<lb/> heilige Allianz auf Grundſätze abgeſchloſſen, die man<lb/> zwar bey chriſtlichen Fürſten ohnehin vorausſetzen mußte,<lb/> deren Erneuerung und wiederholte Sancirung aber<lb/> immer ſehr lobenswerth war. Wäre dieſe Allianz mit<lb/> der Wiederherſtellung des Reiches vor dem Congreſſe<lb/> abgeſchloſſen, und dieſer nach ihren Grundſätzen abge¬<lb/> halten worden; hätte ſie dort durch die erſte Probe<lb/> ihrer ſegenreichen Wirkung das Vertrauen der damals<lb/> ſehr empfänglichen Gemüther ſich gewonnen, dann<lb/> hätte ſie allerdings eine große Epoche in der Geſchichte<lb/> gemacht und eine neue Zeit einleiten können: aber ſo,<lb/></p> </body> </text> </TEI> [15/0023]
Macht der Stärkeren zu vergrößeren, oder die Unab¬
hängigkeit der Schwächeren zu gefährden.« Dieſes
Surrogat einer vollziehenden Gewalt, den Mächtigern
beygelegt, wurde in der Folge auf dem Congreß von
Aachen gänzlich aufgelößt, und es blieb nun eine reine
Negativität im wechſelſeitigen Verhältniſſe aller Staa¬
ten, als die Grundlage des europäiſchen Bundes zu¬
rück. Statt wie im alten Syſteme des Gleichgewichts
um Abwägungen entgegengeſetzter Kräfte ſich zu mühen,
wurden alle Gegenſätze als aufgegeben, oder wenig¬
ſtens ſchlafend ſtatuirt; von allem Wechſel ſich ver¬
wandter und abgeneigter Beziehungen wurde Abſehen
genommen; Keine ſollte durch Anmuthungen und Ein¬
miſchungen die Andere in ihrem Wirken ſtören, und
ſo durch gegenſeitige Enthaltſamkeit die heitere Wind¬
ſtille eines langen Friedens in die ſtreitenden Elemente
kommen.
Da man inzwiſchen fühlte, daß einer ſo abſoluten
Verneinung doch als Grund und Schutz irgend ein
poſitives Prinzip unterlegt werden müſſe, wurde die
heilige Allianz auf Grundſätze abgeſchloſſen, die man
zwar bey chriſtlichen Fürſten ohnehin vorausſetzen mußte,
deren Erneuerung und wiederholte Sancirung aber
immer ſehr lobenswerth war. Wäre dieſe Allianz mit
der Wiederherſtellung des Reiches vor dem Congreſſe
abgeſchloſſen, und dieſer nach ihren Grundſätzen abge¬
halten worden; hätte ſie dort durch die erſte Probe
ihrer ſegenreichen Wirkung das Vertrauen der damals
ſehr empfänglichen Gemüther ſich gewonnen, dann
hätte ſie allerdings eine große Epoche in der Geſchichte
gemacht und eine neue Zeit einleiten können: aber ſo,
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