Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.ein Anderes beschlossen, nicht aus dem Verdorrten Darum konnte fürder von Teutschland nicht die Rede ein Anderes beſchloſſen, nicht aus dem Verdorrten Darum konnte fürder von Teutſchland nicht die Rede <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0019" n="11"/> ein Anderes beſchloſſen, nicht aus dem Verdorrten<lb/> ſollte von oben herab ein mattes Scheinleben ſich ge¬<lb/> ſtalten, auf anderem Wege ſollte die Idee von unten<lb/> aus dem friſchen Leben grünend, in die Höhe treiben.<lb/> Darum hatten die Höfe, während die Völker für<lb/> Freyheit und Unabhängigkeit geſchwärmt, keineswegs<lb/> dieſen Rauſch getheilt, ſondern klüglich in mancherley<lb/> Traktaten ihres Vortheils wahrgenommen, und als es<lb/> nun zum Werke gieng, und die beiden Mächte, die<lb/> das Schickſal Teutſchlands in Händen trugen, vor<lb/> allem in Eintracht ſich geſellen ſollten, und nun in<lb/> mildem Ernſt und würdiger Feſtigkeit, ſelbſt Opfer<lb/> leiſtend und darum Opfer gebiethend mit Recht und<lb/> Fug, ordnen mit den minder Mächtigen des Reiches<lb/> Angelegenheiten: da mußten ſie, um jene Anſprüche<lb/> durchzuſetzen, fremde Hülfe ſuchen und Oeſterreich und<lb/> Preußen theilten ſich in den Engliſchen und Ruſſiſchen<lb/> Einfluß.</p><lb/> <p>Darum konnte fürder von Teutſchland nicht die Rede<lb/> ſeyn, es hatte ſich ſelbſt verloren in Europa; wie<lb/> Oeſterreich an Italien that, ſo Rußland an Polen<lb/> und England an den teutſchen Küſten von der Elbe<lb/> bis zu den Dünen von Dünkirchen; Preußen das eben<lb/> ſo an Sachſen zu thun verſucht, aber wurde an den<lb/> Rhein geſchoben. Alles Andere ergab ſich nun von<lb/> ſelbſt; nach dem Vorgange der Größeren fiengen auch<lb/> bald die Schwächern an, ſich der Thorheit zu entſchla¬<lb/> gen, ein einiges und ganzes Reich zu bauen, und nach¬<lb/> dem nur erſt kleine Anwandlungen eines beklemmen¬<lb/> den Gefühles im Angeſicht der harrenden und ſchau¬<lb/> enden Zeit überwunden waren, begannen alle Leiden¬<lb/></p> </body> </text> </TEI> [11/0019]
ein Anderes beſchloſſen, nicht aus dem Verdorrten
ſollte von oben herab ein mattes Scheinleben ſich ge¬
ſtalten, auf anderem Wege ſollte die Idee von unten
aus dem friſchen Leben grünend, in die Höhe treiben.
Darum hatten die Höfe, während die Völker für
Freyheit und Unabhängigkeit geſchwärmt, keineswegs
dieſen Rauſch getheilt, ſondern klüglich in mancherley
Traktaten ihres Vortheils wahrgenommen, und als es
nun zum Werke gieng, und die beiden Mächte, die
das Schickſal Teutſchlands in Händen trugen, vor
allem in Eintracht ſich geſellen ſollten, und nun in
mildem Ernſt und würdiger Feſtigkeit, ſelbſt Opfer
leiſtend und darum Opfer gebiethend mit Recht und
Fug, ordnen mit den minder Mächtigen des Reiches
Angelegenheiten: da mußten ſie, um jene Anſprüche
durchzuſetzen, fremde Hülfe ſuchen und Oeſterreich und
Preußen theilten ſich in den Engliſchen und Ruſſiſchen
Einfluß.
Darum konnte fürder von Teutſchland nicht die Rede
ſeyn, es hatte ſich ſelbſt verloren in Europa; wie
Oeſterreich an Italien that, ſo Rußland an Polen
und England an den teutſchen Küſten von der Elbe
bis zu den Dünen von Dünkirchen; Preußen das eben
ſo an Sachſen zu thun verſucht, aber wurde an den
Rhein geſchoben. Alles Andere ergab ſich nun von
ſelbſt; nach dem Vorgange der Größeren fiengen auch
bald die Schwächern an, ſich der Thorheit zu entſchla¬
gen, ein einiges und ganzes Reich zu bauen, und nach¬
dem nur erſt kleine Anwandlungen eines beklemmen¬
den Gefühles im Angeſicht der harrenden und ſchau¬
enden Zeit überwunden waren, begannen alle Leiden¬
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