Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.wesen; und wie es die Rechtlosen Alle ins Recht auf¬ weſen; und wie es die Rechtloſen Alle ins Recht auf¬ <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0179" n="171"/> weſen; und wie es die Rechtloſen Alle ins Recht auf¬<lb/> genommen, verwandelte es die Caſten zuerſt in Stände,<lb/> die Anfangs allerdings noch zu jener Geſchloſſenheit<lb/> hinneigten, aber jemehr der ideale Geiſt des neuen<lb/> Glaubens und der neuen Sitte, die durch ihn begrün¬<lb/> det wurde, ſich Bahn machte, um ſo mehr ihre Ver¬<lb/> bindung zu öffnen ſich genöthigt ſahen, und wechſel¬<lb/> ſeitig ſich kreuzend in eine mehr und mehr allgemeine<lb/> Unbeſtimmtheit ſich verlohren. Die Stände der euro¬<lb/> päiſchen Republik des Mittelalters, obgleich ebenfalls<lb/> zum Theil, wie die alten Caſten, urſprünglich auf<lb/> das Kriegsrecht zwiefacher Eroberung gegründet, ſind<lb/> doch darum nicht wie dieſe verſchiedene Völker, die<lb/> ihre Stammburgen auf verſchiedenen Höhen vom<lb/> Gipfel bis zur ſumpfigten Niederung aufgeſchlagen,<lb/> und nun im ſchnellen Abſturz der Vorrechte und Pri¬<lb/> vilegien vom höchſten Hochmuth der gottgleichen Wie¬<lb/> dergebornen bis zur verworfenſten Niedrigkeit der<lb/> gottverhaßten Ausgeſtoßenen übergehen. Das Chriſten¬<lb/> thum hat dieſe ſchneidenden Unterſchiede ausgeglichen;<lb/> es hat die Uebergänge gemildert und die Anſprüche<lb/> der Gewalt geſänftigt; dadurch, daß es die geiſtige<lb/> Ebenbürtigkeit aller Menſchen anerkannt, und auch<lb/> die Unterſten durch die Taufe zu Wiedergebohrnen<lb/> erklärt, hat es das Geſchiedene näher vereint; ein<lb/> gemeinſames Band der Liebe hat ſie in eine einzige<lb/> Gemeinſchaft eingeſchlungen, und es ſind nicht mehr<lb/> verſchiedene feindliche Seelen, die in einem Leibe<lb/> wohnen, vielmehr nur verſchiedene Facultäten derſel¬<lb/> ben Seele, die nur in verſchiedenen Gliedern in ver¬<lb/> ſchiedener Weiſe ſich zu äußern getrieben iſt.</p><lb/> </body> </text> </TEI> [171/0179]
weſen; und wie es die Rechtloſen Alle ins Recht auf¬
genommen, verwandelte es die Caſten zuerſt in Stände,
die Anfangs allerdings noch zu jener Geſchloſſenheit
hinneigten, aber jemehr der ideale Geiſt des neuen
Glaubens und der neuen Sitte, die durch ihn begrün¬
det wurde, ſich Bahn machte, um ſo mehr ihre Ver¬
bindung zu öffnen ſich genöthigt ſahen, und wechſel¬
ſeitig ſich kreuzend in eine mehr und mehr allgemeine
Unbeſtimmtheit ſich verlohren. Die Stände der euro¬
päiſchen Republik des Mittelalters, obgleich ebenfalls
zum Theil, wie die alten Caſten, urſprünglich auf
das Kriegsrecht zwiefacher Eroberung gegründet, ſind
doch darum nicht wie dieſe verſchiedene Völker, die
ihre Stammburgen auf verſchiedenen Höhen vom
Gipfel bis zur ſumpfigten Niederung aufgeſchlagen,
und nun im ſchnellen Abſturz der Vorrechte und Pri¬
vilegien vom höchſten Hochmuth der gottgleichen Wie¬
dergebornen bis zur verworfenſten Niedrigkeit der
gottverhaßten Ausgeſtoßenen übergehen. Das Chriſten¬
thum hat dieſe ſchneidenden Unterſchiede ausgeglichen;
es hat die Uebergänge gemildert und die Anſprüche
der Gewalt geſänftigt; dadurch, daß es die geiſtige
Ebenbürtigkeit aller Menſchen anerkannt, und auch
die Unterſten durch die Taufe zu Wiedergebohrnen
erklärt, hat es das Geſchiedene näher vereint; ein
gemeinſames Band der Liebe hat ſie in eine einzige
Gemeinſchaft eingeſchlungen, und es ſind nicht mehr
verſchiedene feindliche Seelen, die in einem Leibe
wohnen, vielmehr nur verſchiedene Facultäten derſel¬
ben Seele, die nur in verſchiedenen Gliedern in ver¬
ſchiedener Weiſe ſich zu äußern getrieben iſt.
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