chung aller kirchlichen Formen, mit der Ausrottung des Adels, mit der Einführung einer republikanischen Verfassung unausbleiblich endigen; sie würde dann, wenn sie ihren glücklichern Wallenstein gefunden, weil jedes revolutionirte Volk nothwendig ein eroberndes wird, über ihre Gränze treten, und das ganze mor¬ sche europäische Staatsgebäude bis an die Gränze Asiens, niederwerfen; aber alle diese Herrlichkeiten, wie früher die Niederlande, mit dem Blute vieler Mil¬ lionen, mit dem Untergange der Hälfte der ansteigen¬ den Generation, mit der Zerrüttung des ganzen Wohl¬ standes von Teutschland, und mit der Verödung aller seiner Gauen durch einen langwierigen Krieg erkau¬ fen, und am Ende nicht viel mehr gewinnen, als jetzt auf eine wohlfeilere Weise zu erlangen ist.
Weder für die Regierungen noch für die Völker, noch auch für das Ausland, das etwa im Trüben seinen Vortheil suchen wollte, können solche Aussichten ir¬ gend einen Reiz darbiethen; darum kann vernünfti¬ gerweise bey allen Partheyen nur von dem ersten Wege die Rede seyn. Aber es ist nicht so bestellt, daß man etwa zuerst alles versuchen und alles mißbrau¬ chen, und dann erst, wenn es zum Aeußersten ge¬ kommen, immer noch zeitig genug diesen Weg zu be¬ treten, sich entschließen könnte. Nur, so lange noch ein Zügel die Leidenschaften hält, so lange die wil¬ den Geister noch gebunden liegen, mag man Ver¬ nunft reden, und die allmählige Umgestaltung kann gradweise von statten gehen; sind die Begebenheiten aber einmal an den jähen Absturz hingelangt, dann ist aller Zuspruch eitel, alle Rede ist vergeblich, als
chung aller kirchlichen Formen, mit der Ausrottung des Adels, mit der Einführung einer republikaniſchen Verfaſſung unausbleiblich endigen; ſie würde dann, wenn ſie ihren glücklichern Wallenſtein gefunden, weil jedes revolutionirte Volk nothwendig ein eroberndes wird, über ihre Gränze treten, und das ganze mor¬ ſche europäiſche Staatsgebäude bis an die Gränze Aſiens, niederwerfen; aber alle dieſe Herrlichkeiten, wie früher die Niederlande, mit dem Blute vieler Mil¬ lionen, mit dem Untergange der Hälfte der anſteigen¬ den Generation, mit der Zerrüttung des ganzen Wohl¬ ſtandes von Teutſchland, und mit der Verödung aller ſeiner Gauen durch einen langwierigen Krieg erkau¬ fen, und am Ende nicht viel mehr gewinnen, als jetzt auf eine wohlfeilere Weiſe zu erlangen iſt.
Weder für die Regierungen noch für die Völker, noch auch für das Ausland, das etwa im Trüben ſeinen Vortheil ſuchen wollte, können ſolche Ausſichten ir¬ gend einen Reiz darbiethen; darum kann vernünfti¬ gerweiſe bey allen Partheyen nur von dem erſten Wege die Rede ſeyn. Aber es iſt nicht ſo beſtellt, daß man etwa zuerſt alles verſuchen und alles mißbrau¬ chen, und dann erſt, wenn es zum Aeußerſten ge¬ kommen, immer noch zeitig genug dieſen Weg zu be¬ treten, ſich entſchließen könnte. Nur, ſo lange noch ein Zügel die Leidenſchaften hält, ſo lange die wil¬ den Geiſter noch gebunden liegen, mag man Ver¬ nunft reden, und die allmählige Umgeſtaltung kann gradweiſe von ſtatten gehen; ſind die Begebenheiten aber einmal an den jähen Abſturz hingelangt, dann iſt aller Zuſpruch eitel, alle Rede iſt vergeblich, als
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[132/0140]
chung aller kirchlichen Formen, mit der Ausrottung
des Adels, mit der Einführung einer republikaniſchen
Verfaſſung unausbleiblich endigen; ſie würde dann,
wenn ſie ihren glücklichern Wallenſtein gefunden, weil
jedes revolutionirte Volk nothwendig ein eroberndes
wird, über ihre Gränze treten, und das ganze mor¬
ſche europäiſche Staatsgebäude bis an die Gränze
Aſiens, niederwerfen; aber alle dieſe Herrlichkeiten,
wie früher die Niederlande, mit dem Blute vieler Mil¬
lionen, mit dem Untergange der Hälfte der anſteigen¬
den Generation, mit der Zerrüttung des ganzen Wohl¬
ſtandes von Teutſchland, und mit der Verödung aller
ſeiner Gauen durch einen langwierigen Krieg erkau¬
fen, und am Ende nicht viel mehr gewinnen, als
jetzt auf eine wohlfeilere Weiſe zu erlangen iſt.
Weder für die Regierungen noch für die Völker, noch
auch für das Ausland, das etwa im Trüben ſeinen
Vortheil ſuchen wollte, können ſolche Ausſichten ir¬
gend einen Reiz darbiethen; darum kann vernünfti¬
gerweiſe bey allen Partheyen nur von dem erſten
Wege die Rede ſeyn. Aber es iſt nicht ſo beſtellt, daß
man etwa zuerſt alles verſuchen und alles mißbrau¬
chen, und dann erſt, wenn es zum Aeußerſten ge¬
kommen, immer noch zeitig genug dieſen Weg zu be¬
treten, ſich entſchließen könnte. Nur, ſo lange noch
ein Zügel die Leidenſchaften hält, ſo lange die wil¬
den Geiſter noch gebunden liegen, mag man Ver¬
nunft reden, und die allmählige Umgeſtaltung kann
gradweiſe von ſtatten gehen; ſind die Begebenheiten
aber einmal an den jähen Abſturz hingelangt, dann
iſt aller Zuſpruch eitel, alle Rede iſt vergeblich, als
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Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/140>, abgerufen am 16.02.2025.
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