Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.Bilderstürmer sich angeschlossen, weil immer die Ra¬ Wenn aber nun in solcher Weise die Natur in anar¬ 9*
Bilderſtürmer ſich angeſchloſſen, weil immer die Ra¬ Wenn aber nun in ſolcher Weiſe die Natur in anar¬ 9*
<TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0139" n="131"/> Bilderſtürmer ſich angeſchloſſen, weil immer die Ra¬<lb/> ſerey der vorigen Stufe der Folgenden als eine kalte<lb/> Lauigkeit erſcheint; bis endlich Schritt vor Schritt<lb/> die ganze Leiter menſchlichen Frevels durchlaufen,<lb/> alles Beſtehende geſtürzt, alles Feſte zerſchmettert, alles<lb/> Hohe geſchleift, aller Beſitz gewechſelt iſt.</p><lb/> <p>Wenn aber nun in ſolcher Weiſe die Natur in anar¬<lb/> chiſchem Wüthen ſich erſchöpft, tritt als nothwendiger<lb/> Gegenſatz wieder die Herrſchaft der Einheit ein, die<lb/> anfangs die ermüdeten Kräfte leicht bezwingt, dann<lb/> aber, da das im Innerſten aufgeregte Leben große<lb/> Widerſprüche und die heftigſten centrifugalen Rich¬<lb/> tungen geweckt, nothwendig ſcharf und eng die Maſſe<lb/> zuſammengreifend, nach und nach ſich zum höchſten<lb/> Despotism ſteigert, und wieder eine andere entge¬<lb/> gengeſetzte Stufenfolge von Freveln durchläuft, bis<lb/> endlich eine äußere oder innere Cataſtrophe, nun ein<lb/> ganzer Umlauf vollendet iſt, die Extreme wieder ge¬<lb/> gen die Mitte lenkt. Das iſt der Gang, den die eng¬<lb/> liſche wie die franzöſiſche und jede andere Revolution<lb/> genommen; eine Teutſche würde von dieſer Natur¬<lb/> ordnung keine Ausnahme machen, indem was kälteres<lb/> Blut vielleicht mildern könnte, leicht durch geiſtige Ge¬<lb/> tränke erſetzt werden mag, wie der Bauernkrieg aus¬<lb/> gewieſen. Zu den Ideen, die Frankreich bis zur gänz¬<lb/> lichen Umwälzung bewegt, iſt bey uns noch eine Neue<lb/> hinzugekommen, die in dieſer kaum gewirkt, Die der<lb/> Einheit nämlich, und eine ſolche Vermehrung des Fer¬<lb/> mentes muß nothwendig zur verſtärkten Gährung füh¬<lb/> ren. Eine teutſche Revolution würde mit der Vertrei¬<lb/> bung aller herrſchenden Dynaſtien, mit der Zerbre¬<lb/> <fw place="bottom" type="sig">9*<lb/></fw> </p> </body> </text> </TEI> [131/0139]
Bilderſtürmer ſich angeſchloſſen, weil immer die Ra¬
ſerey der vorigen Stufe der Folgenden als eine kalte
Lauigkeit erſcheint; bis endlich Schritt vor Schritt
die ganze Leiter menſchlichen Frevels durchlaufen,
alles Beſtehende geſtürzt, alles Feſte zerſchmettert, alles
Hohe geſchleift, aller Beſitz gewechſelt iſt.
Wenn aber nun in ſolcher Weiſe die Natur in anar¬
chiſchem Wüthen ſich erſchöpft, tritt als nothwendiger
Gegenſatz wieder die Herrſchaft der Einheit ein, die
anfangs die ermüdeten Kräfte leicht bezwingt, dann
aber, da das im Innerſten aufgeregte Leben große
Widerſprüche und die heftigſten centrifugalen Rich¬
tungen geweckt, nothwendig ſcharf und eng die Maſſe
zuſammengreifend, nach und nach ſich zum höchſten
Despotism ſteigert, und wieder eine andere entge¬
gengeſetzte Stufenfolge von Freveln durchläuft, bis
endlich eine äußere oder innere Cataſtrophe, nun ein
ganzer Umlauf vollendet iſt, die Extreme wieder ge¬
gen die Mitte lenkt. Das iſt der Gang, den die eng¬
liſche wie die franzöſiſche und jede andere Revolution
genommen; eine Teutſche würde von dieſer Natur¬
ordnung keine Ausnahme machen, indem was kälteres
Blut vielleicht mildern könnte, leicht durch geiſtige Ge¬
tränke erſetzt werden mag, wie der Bauernkrieg aus¬
gewieſen. Zu den Ideen, die Frankreich bis zur gänz¬
lichen Umwälzung bewegt, iſt bey uns noch eine Neue
hinzugekommen, die in dieſer kaum gewirkt, Die der
Einheit nämlich, und eine ſolche Vermehrung des Fer¬
mentes muß nothwendig zur verſtärkten Gährung füh¬
ren. Eine teutſche Revolution würde mit der Vertrei¬
bung aller herrſchenden Dynaſtien, mit der Zerbre¬
9*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |