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Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.

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den lassen, und solche Kammern der Gemeinen gewinnen,
die auf nichts ruhen, als den Coterien der Hauptstadt
und der Zeitungen, und in Mitten einer durch alle Ele¬
mente durchgeführten Despotie, allein die Freyheit
vertreten sollen, darum immer schwanken zwischen Auf¬
ruhr und Unterjochung, und ewig das langweilige
Scherzspiel spielen, die Minister, die ihrerseits mit
allen Seiltänzerkünsten sich im Gleichgewichte zu hal¬
ten suchen, aus ihren Stellen zu vertreiben, und
selbst wieder vertrieben zu werden.

Zwar ist zu hoffen, daß auch dort die Institutio¬
nen mit der Zeit sich besser befestigen werden; es haben
wichtige Elemente des öffentlichen Lebens in diesem
Lande sich entwickelt, die wir achten sollen und ehren auch
am Auslande, mit dem der Friede uns versöhnt; es ist
vor Allem dort eine Schule aufgethan, in der weltkluge,
gewandte, verschlagene Staatsmänner sich dem Lande
bilden, die die bleichsüchtigen, zaghaften Zöglinge unse¬
rer sitzenden und schreibenden Schule leicht überlisten
und düpiren: aber damit ist für das innere Glück
des Volkes zur Zeit immer noch wenig ausgerich¬
tet, und es liegen wohl noch andere Keime in
dem Unsrigen, die auf eine weit fruchtbarere Weise
sich entfalten werden, wenn es zwar nicht in thörich¬
tem Dünkel das Fremde verschmäht, aber auch nicht
in noch thörichterer Selbstvergessenheit die Eigenthüm¬
lichkeit in fremder Nachahmung ganz untergehen läßt.

Indem mit diesen Partheyansichten sich zuerst die
üble Laune, dann der Unmuth, endlich die Erbitterung
der Zeit verband; indem vielfältig sich kreutzende In¬
teressen alles durcheinander mischten, zu den gewöhn

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den laſſen, und ſolche Kammern der Gemeinen gewinnen,
die auf nichts ruhen, als den Coterien der Hauptſtadt
und der Zeitungen, und in Mitten einer durch alle Ele¬
mente durchgeführten Despotie, allein die Freyheit
vertreten ſollen, darum immer ſchwanken zwiſchen Auf¬
ruhr und Unterjochung, und ewig das langweilige
Scherzſpiel ſpielen, die Miniſter, die ihrerſeits mit
allen Seiltänzerkünſten ſich im Gleichgewichte zu hal¬
ten ſuchen, aus ihren Stellen zu vertreiben, und
ſelbſt wieder vertrieben zu werden.

Zwar iſt zu hoffen, daß auch dort die Inſtitutio¬
nen mit der Zeit ſich beſſer befeſtigen werden; es haben
wichtige Elemente des öffentlichen Lebens in dieſem
Lande ſich entwickelt, die wir achten ſollen und ehren auch
am Auslande, mit dem der Friede uns verſöhnt; es iſt
vor Allem dort eine Schule aufgethan, in der weltkluge,
gewandte, verſchlagene Staatsmänner ſich dem Lande
bilden, die die bleichſüchtigen, zaghaften Zöglinge unſe¬
rer ſitzenden und ſchreibenden Schule leicht überliſten
und düpiren: aber damit iſt für das innere Glück
des Volkes zur Zeit immer noch wenig ausgerich¬
tet, und es liegen wohl noch andere Keime in
dem Unſrigen, die auf eine weit fruchtbarere Weiſe
ſich entfalten werden, wenn es zwar nicht in thörich¬
tem Dünkel das Fremde verſchmäht, aber auch nicht
in noch thörichterer Selbſtvergeſſenheit die Eigenthüm¬
lichkeit in fremder Nachahmung ganz untergehen läßt.

Indem mit dieſen Partheyanſichten ſich zuerſt die
üble Laune, dann der Unmuth, endlich die Erbitterung
der Zeit verband; indem vielfältig ſich kreutzende In¬
tereſſen alles durcheinander miſchten, zu den gewöhn

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[97/0105] den laſſen, und ſolche Kammern der Gemeinen gewinnen, die auf nichts ruhen, als den Coterien der Hauptſtadt und der Zeitungen, und in Mitten einer durch alle Ele¬ mente durchgeführten Despotie, allein die Freyheit vertreten ſollen, darum immer ſchwanken zwiſchen Auf¬ ruhr und Unterjochung, und ewig das langweilige Scherzſpiel ſpielen, die Miniſter, die ihrerſeits mit allen Seiltänzerkünſten ſich im Gleichgewichte zu hal¬ ten ſuchen, aus ihren Stellen zu vertreiben, und ſelbſt wieder vertrieben zu werden. Zwar iſt zu hoffen, daß auch dort die Inſtitutio¬ nen mit der Zeit ſich beſſer befeſtigen werden; es haben wichtige Elemente des öffentlichen Lebens in dieſem Lande ſich entwickelt, die wir achten ſollen und ehren auch am Auslande, mit dem der Friede uns verſöhnt; es iſt vor Allem dort eine Schule aufgethan, in der weltkluge, gewandte, verſchlagene Staatsmänner ſich dem Lande bilden, die die bleichſüchtigen, zaghaften Zöglinge unſe¬ rer ſitzenden und ſchreibenden Schule leicht überliſten und düpiren: aber damit iſt für das innere Glück des Volkes zur Zeit immer noch wenig ausgerich¬ tet, und es liegen wohl noch andere Keime in dem Unſrigen, die auf eine weit fruchtbarere Weiſe ſich entfalten werden, wenn es zwar nicht in thörich¬ tem Dünkel das Fremde verſchmäht, aber auch nicht in noch thörichterer Selbſtvergeſſenheit die Eigenthüm¬ lichkeit in fremder Nachahmung ganz untergehen läßt. Indem mit dieſen Partheyanſichten ſich zuerſt die üble Laune, dann der Unmuth, endlich die Erbitterung der Zeit verband; indem vielfältig ſich kreutzende In¬ tereſſen alles durcheinander miſchten, zu den gewöhn 7

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Zitationshilfe: Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/105>, abgerufen am 24.11.2024.