Glümer, Claire von: Reich zu reich und arm zu arm. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 255–326. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.I. Es hatte gewittert, aber vom Winde getrieben zogen die Wolken ins Land hinaus, und während es noch von allen Zweigen tropfte und die Vögel sich mit lautem Geschrei von dem ausgestandenen Schrecken erzählten, brach die Abendsonne siegreich hervor und blitzte durch das dichte Laubdach der Eichen, die den Platz von Jurancon beschatten. Pierre Bardet, der dicke Weinbauer, der sich kleidet wie ein Stadtherr, und von dem weit und breit gesagt wird, daß er so reich ist, als schwer, trat auf die Schwelle seines Hauses, um zwischen den Baumkronen nach dem Himmel zu sehen, und gab, als ihm das reinste Blau entgegenleuchtete, durch leises Pfeifen seine Zufriedenheit zu erkennen. So vergnügt, Nachbar? sagte eine schrille Stimme neben ihm, und als sich Pierre Bardet umwandte, sah er in das runzlige, neugierige Gesicht des alten Hausirers Caduchon. Er war von Wind und Regen übel zugerichtet, schaute aber lustig drein, wie immer, und schickte sich zum Ausruhen an, indem er dem schweren Kasten, den er auf dem Rücken trug, seinen Stechpalmenstock als Stütze unterschob. I. Es hatte gewittert, aber vom Winde getrieben zogen die Wolken ins Land hinaus, und während es noch von allen Zweigen tropfte und die Vögel sich mit lautem Geschrei von dem ausgestandenen Schrecken erzählten, brach die Abendsonne siegreich hervor und blitzte durch das dichte Laubdach der Eichen, die den Platz von Jurançon beschatten. Pierre Bardet, der dicke Weinbauer, der sich kleidet wie ein Stadtherr, und von dem weit und breit gesagt wird, daß er so reich ist, als schwer, trat auf die Schwelle seines Hauses, um zwischen den Baumkronen nach dem Himmel zu sehen, und gab, als ihm das reinste Blau entgegenleuchtete, durch leises Pfeifen seine Zufriedenheit zu erkennen. So vergnügt, Nachbar? sagte eine schrille Stimme neben ihm, und als sich Pierre Bardet umwandte, sah er in das runzlige, neugierige Gesicht des alten Hausirers Caduchon. Er war von Wind und Regen übel zugerichtet, schaute aber lustig drein, wie immer, und schickte sich zum Ausruhen an, indem er dem schweren Kasten, den er auf dem Rücken trug, seinen Stechpalmenstock als Stütze unterschob. <TEI> <text> <front> <div type="preface"> <pb facs="#f0009"/> </div> </front> <body> <div type="chapter" n="1"> <head>I.</head><lb/> <p>Es hatte gewittert, aber vom Winde getrieben zogen die Wolken ins Land hinaus, und während es noch von allen Zweigen tropfte und die Vögel sich mit lautem Geschrei von dem ausgestandenen Schrecken erzählten, brach die Abendsonne siegreich hervor und blitzte durch das dichte Laubdach der Eichen, die den Platz von Jurançon beschatten.</p><lb/> <p>Pierre Bardet, der dicke Weinbauer, der sich kleidet wie ein Stadtherr, und von dem weit und breit gesagt wird, daß er so reich ist, als schwer, trat auf die Schwelle seines Hauses, um zwischen den Baumkronen nach dem Himmel zu sehen, und gab, als ihm das reinste Blau entgegenleuchtete, durch leises Pfeifen seine Zufriedenheit zu erkennen.</p><lb/> <p>So vergnügt, Nachbar? sagte eine schrille Stimme neben ihm, und als sich Pierre Bardet umwandte, sah er in das runzlige, neugierige Gesicht des alten Hausirers Caduchon. Er war von Wind und Regen übel zugerichtet, schaute aber lustig drein, wie immer, und schickte sich zum Ausruhen an, indem er dem schweren Kasten, den er auf dem Rücken trug, seinen Stechpalmenstock als Stütze unterschob.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0009]
I.
Es hatte gewittert, aber vom Winde getrieben zogen die Wolken ins Land hinaus, und während es noch von allen Zweigen tropfte und die Vögel sich mit lautem Geschrei von dem ausgestandenen Schrecken erzählten, brach die Abendsonne siegreich hervor und blitzte durch das dichte Laubdach der Eichen, die den Platz von Jurançon beschatten.
Pierre Bardet, der dicke Weinbauer, der sich kleidet wie ein Stadtherr, und von dem weit und breit gesagt wird, daß er so reich ist, als schwer, trat auf die Schwelle seines Hauses, um zwischen den Baumkronen nach dem Himmel zu sehen, und gab, als ihm das reinste Blau entgegenleuchtete, durch leises Pfeifen seine Zufriedenheit zu erkennen.
So vergnügt, Nachbar? sagte eine schrille Stimme neben ihm, und als sich Pierre Bardet umwandte, sah er in das runzlige, neugierige Gesicht des alten Hausirers Caduchon. Er war von Wind und Regen übel zugerichtet, schaute aber lustig drein, wie immer, und schickte sich zum Ausruhen an, indem er dem schweren Kasten, den er auf dem Rücken trug, seinen Stechpalmenstock als Stütze unterschob.
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Zitationshilfe: | Glümer, Claire von: Reich zu reich und arm zu arm. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 255–326. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gluemer_arm_1910/9>, abgerufen am 23.07.2024. |