Glümer, Claire von: Reich zu reich und arm zu arm. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 255–326. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.nennen ist, doch nicht der Kraft und Tiefe entbehrt. Die Charakteristik z. B. in der größeren Novelle "Frau Domina" würde durch ihre Schärfe und Consequenz jeder männlichen Feder Ehre machen. Dazu kommt, daß die Dichterin in der That sich alles Technischen mit ernster Arbeit bemächtigt und wie Wenige die eigentliche Form der künstlerisch durchgebildeten Novelle begriffen hat. Eine gewisse Gleichartigkeit des Grundmotivs ist in ihren französischen Volksgeschichten allerdings zu bemerken; sie theilen diese Schwäche mit den meisten Dorfnovellen, die sich im Kreise der wirklichen Zustände halten. Und so kehrt das Thema der von uns ausgewählten Erzählung aus dem Bearn in mehrfacher, immer freilich anmuthiger Variation wieder. Wo aber, wie in "Frau Domina", andere Lebenssphären den Hintergrund bilden, steigert sich auch die Phantasie der Erzählerin zu überraschend neuen und glücklichen Erfindungen, die ein echtes, gesundes Talent und eine kraftvolle geistige Natur erkennen lassen. nennen ist, doch nicht der Kraft und Tiefe entbehrt. Die Charakteristik z. B. in der größeren Novelle „Frau Domina“ würde durch ihre Schärfe und Consequenz jeder männlichen Feder Ehre machen. Dazu kommt, daß die Dichterin in der That sich alles Technischen mit ernster Arbeit bemächtigt und wie Wenige die eigentliche Form der künstlerisch durchgebildeten Novelle begriffen hat. Eine gewisse Gleichartigkeit des Grundmotivs ist in ihren französischen Volksgeschichten allerdings zu bemerken; sie theilen diese Schwäche mit den meisten Dorfnovellen, die sich im Kreise der wirklichen Zustände halten. Und so kehrt das Thema der von uns ausgewählten Erzählung aus dem Béarn in mehrfacher, immer freilich anmuthiger Variation wieder. Wo aber, wie in „Frau Domina“, andere Lebenssphären den Hintergrund bilden, steigert sich auch die Phantasie der Erzählerin zu überraschend neuen und glücklichen Erfindungen, die ein echtes, gesundes Talent und eine kraftvolle geistige Natur erkennen lassen. <TEI> <text> <front> <div type="preface"> <p><pb facs="#f0007"/> nennen ist, doch nicht der Kraft und Tiefe entbehrt. Die Charakteristik z. B. in der größeren Novelle „Frau Domina“ würde durch ihre Schärfe und Consequenz jeder männlichen Feder Ehre machen. Dazu kommt, daß die Dichterin in der That sich alles Technischen mit ernster Arbeit bemächtigt und wie Wenige die eigentliche Form der künstlerisch durchgebildeten Novelle begriffen hat. Eine gewisse Gleichartigkeit des Grundmotivs ist in ihren französischen Volksgeschichten allerdings zu bemerken; sie theilen diese Schwäche mit den meisten Dorfnovellen, die sich im Kreise der wirklichen Zustände halten. Und so kehrt das Thema der von uns ausgewählten Erzählung aus dem Béarn in mehrfacher, immer freilich anmuthiger Variation wieder. Wo aber, wie in „Frau Domina“, andere Lebenssphären den Hintergrund bilden, steigert sich auch die Phantasie der Erzählerin zu überraschend neuen und glücklichen Erfindungen, die ein echtes, gesundes Talent und eine kraftvolle geistige Natur erkennen lassen.</p><lb/> </div> </front> </text> </TEI> [0007]
nennen ist, doch nicht der Kraft und Tiefe entbehrt. Die Charakteristik z. B. in der größeren Novelle „Frau Domina“ würde durch ihre Schärfe und Consequenz jeder männlichen Feder Ehre machen. Dazu kommt, daß die Dichterin in der That sich alles Technischen mit ernster Arbeit bemächtigt und wie Wenige die eigentliche Form der künstlerisch durchgebildeten Novelle begriffen hat. Eine gewisse Gleichartigkeit des Grundmotivs ist in ihren französischen Volksgeschichten allerdings zu bemerken; sie theilen diese Schwäche mit den meisten Dorfnovellen, die sich im Kreise der wirklichen Zustände halten. Und so kehrt das Thema der von uns ausgewählten Erzählung aus dem Béarn in mehrfacher, immer freilich anmuthiger Variation wieder. Wo aber, wie in „Frau Domina“, andere Lebenssphären den Hintergrund bilden, steigert sich auch die Phantasie der Erzählerin zu überraschend neuen und glücklichen Erfindungen, die ein echtes, gesundes Talent und eine kraftvolle geistige Natur erkennen lassen.
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Zitationshilfe: | Glümer, Claire von: Reich zu reich und arm zu arm. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 255–326. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gluemer_arm_1910/7>, abgerufen am 23.07.2024. |