Glümer, Claire von: Reich zu reich und arm zu arm. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 255–326. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.geschieht's, weil er besser ist . . . vorsichtiger, klüger; weil er die Augen offen hält und zur rechten Zeit die Hände rührt. Mit diesen Worten ließ er den unverschämten Alten, der es sein Lebelang zu Nichts gebracht hatte, stehen, drängte sich mit kräftigen Ellnbogenstößen dem Brautpaar nach, und seine Miene sagte deutlich: Ich möchte wissen, was in einer Familie, wie die Bardet'sche ist, jemals mißlingen könnte. IV. Einige Stunden waren dem Brautpaar im Festgewühl vergangen. Man hatte Sehenswürdigkeiten bewundert, Einkäufe gemacht, Bekannte begrüßt. Dem Henriot schwindelte der Kopf vom vielen Sprechen, Lachen und Händeschütteln; aber trotz aller Glückwünsche, die er empfangen und beantwortet hatte, war es ihm noch immer wie ein Traum, daß das große, stille Mädchen an seinem Arm seine Braut sein sollte. Von selbst würde er auch nie darauf gekommen sein, sich um sie zu bewerben, oder überhaupt ans Heirathen zu denken. Auf dem letzten Markttag zu Pau hatte sich's jedoch gefügt, daß er allein im Wirthshaus geblieben, während der Francois ein paar Ochsen verkaufte, und da war Pierre Bardet gekommen, hatte sich zu ihm gesetzt, ihn ausgefragt, ihm eingeredet, daß geschieht's, weil er besser ist . . . vorsichtiger, klüger; weil er die Augen offen hält und zur rechten Zeit die Hände rührt. Mit diesen Worten ließ er den unverschämten Alten, der es sein Lebelang zu Nichts gebracht hatte, stehen, drängte sich mit kräftigen Ellnbogenstößen dem Brautpaar nach, und seine Miene sagte deutlich: Ich möchte wissen, was in einer Familie, wie die Bardet'sche ist, jemals mißlingen könnte. IV. Einige Stunden waren dem Brautpaar im Festgewühl vergangen. Man hatte Sehenswürdigkeiten bewundert, Einkäufe gemacht, Bekannte begrüßt. Dem Henriot schwindelte der Kopf vom vielen Sprechen, Lachen und Händeschütteln; aber trotz aller Glückwünsche, die er empfangen und beantwortet hatte, war es ihm noch immer wie ein Traum, daß das große, stille Mädchen an seinem Arm seine Braut sein sollte. Von selbst würde er auch nie darauf gekommen sein, sich um sie zu bewerben, oder überhaupt ans Heirathen zu denken. Auf dem letzten Markttag zu Pau hatte sich's jedoch gefügt, daß er allein im Wirthshaus geblieben, während der François ein paar Ochsen verkaufte, und da war Pierre Bardet gekommen, hatte sich zu ihm gesetzt, ihn ausgefragt, ihm eingeredet, daß <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <p><pb facs="#f0038"/> geschieht's, weil er besser ist . . . vorsichtiger, klüger; weil er die Augen offen hält und zur rechten Zeit die Hände rührt.</p><lb/> <p>Mit diesen Worten ließ er den unverschämten Alten, der es sein Lebelang zu Nichts gebracht hatte, stehen, drängte sich mit kräftigen Ellnbogenstößen dem Brautpaar nach, und seine Miene sagte deutlich: Ich möchte wissen, was in einer Familie, wie die Bardet'sche ist, jemals mißlingen könnte.</p><lb/> </div> <div type="chapter" n="4"> <head>IV.</head><lb/> <p>Einige Stunden waren dem Brautpaar im Festgewühl vergangen. Man hatte Sehenswürdigkeiten bewundert, Einkäufe gemacht, Bekannte begrüßt. Dem Henriot schwindelte der Kopf vom vielen Sprechen, Lachen und Händeschütteln; aber trotz aller Glückwünsche, die er empfangen und beantwortet hatte, war es ihm noch immer wie ein Traum, daß das große, stille Mädchen an seinem Arm seine Braut sein sollte.</p><lb/> <p>Von selbst würde er auch nie darauf gekommen sein, sich um sie zu bewerben, oder überhaupt ans Heirathen zu denken. Auf dem letzten Markttag zu Pau hatte sich's jedoch gefügt, daß er allein im Wirthshaus geblieben, während der François ein paar Ochsen verkaufte, und da war Pierre Bardet gekommen, hatte sich zu ihm gesetzt, ihn ausgefragt, ihm eingeredet, daß<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0038]
geschieht's, weil er besser ist . . . vorsichtiger, klüger; weil er die Augen offen hält und zur rechten Zeit die Hände rührt.
Mit diesen Worten ließ er den unverschämten Alten, der es sein Lebelang zu Nichts gebracht hatte, stehen, drängte sich mit kräftigen Ellnbogenstößen dem Brautpaar nach, und seine Miene sagte deutlich: Ich möchte wissen, was in einer Familie, wie die Bardet'sche ist, jemals mißlingen könnte.
IV.
Einige Stunden waren dem Brautpaar im Festgewühl vergangen. Man hatte Sehenswürdigkeiten bewundert, Einkäufe gemacht, Bekannte begrüßt. Dem Henriot schwindelte der Kopf vom vielen Sprechen, Lachen und Händeschütteln; aber trotz aller Glückwünsche, die er empfangen und beantwortet hatte, war es ihm noch immer wie ein Traum, daß das große, stille Mädchen an seinem Arm seine Braut sein sollte.
Von selbst würde er auch nie darauf gekommen sein, sich um sie zu bewerben, oder überhaupt ans Heirathen zu denken. Auf dem letzten Markttag zu Pau hatte sich's jedoch gefügt, daß er allein im Wirthshaus geblieben, während der François ein paar Ochsen verkaufte, und da war Pierre Bardet gekommen, hatte sich zu ihm gesetzt, ihn ausgefragt, ihm eingeredet, daß
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gluemer_arm_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gluemer_arm_1910/38 |
Zitationshilfe: | Glümer, Claire von: Reich zu reich und arm zu arm. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 255–326. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gluemer_arm_1910/38>, abgerufen am 16.02.2025. |