Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800.S. 193. ist Z. 1--8. so zu lesen: Der Regel nach wird Man Meinung ist H. Heinrich Wilh. Schultes in den Be- merkungen über die Mündigkeit zum Testiren nach Röm. Rechte. Jena 1800. Dieser versteht unter dem letztern Tage, da die Pubertät eintritt, den Geburtstag selbst, nicht den vorher- gehenden Kalendertag. Nach seiner Erklärung der L. 5. cit. soll Ulpian so viel sagen: Wer am 1. Januar 1784 geboh- ren ist, von dem werde vermöge der Civilcomputation ange- nommen, er sey zum Testiren mündig, sobald es in der Nacht vom 31. Dec. 1797 zum 1. Jan. 1798 die Glocke zwölf geschla- gen hat. Denn nun habe er den Eintritt des 14. Jahrs er- lebt, und dies sey so gut, als wenn er die 24ste Stunde vom 1 Jenner selbst verlebt hätte. Allein mit so viel Ge- lehrsamkeit auch diese Meinung ausgeführt ist, so scheint es mir doch noch immer ausser Zweifel zu seyn, daß Ulpian von zwey ganz verschiedenen Fällen redet. 1) Wenn Jemand, der am 1. Jenner vor 14 Jahren gebohren ist, an diesem seinem 15ten Geburtstage (ipso natali suo) ein Testament macht; und 2) wenn er schon den Tag vorher, also am 31. Dec. (pridie Kalendarum) testirt. In beyden Fällen gilt das Testament. Denn im ersten Falle excessit quartum decimum annum, im letz- ten Falle aber complevit hunc annum. Nun ist letzteres zur Mündigkeit hinreichend. Wollte man beydes für einen und eben denselben Tag erklären, so wären die Worte: Plus arbi- tror, ohne Bedeutung. Ulpian drückt sich an andern Orten eben so aus: L. 1. D. de manumiss. L. 7. D. de usurpat. et usucap. 63) L. 14. §. 1. D. de aliment. legat. 64) L. 57. D. de re iudicat.
S. 193. iſt Z. 1—8. ſo zu leſen: Der Regel nach wird Man Meinung iſt H. Heinrich Wilh. Schultes in den Be- merkungen uͤber die Muͤndigkeit zum Teſtiren nach Roͤm. Rechte. Jena 1800. Dieſer verſteht unter dem letztern Tage, da die Pubertaͤt eintritt, den Geburtstag ſelbſt, nicht den vorher- gehenden Kalendertag. Nach ſeiner Erklaͤrung der L. 5. cit. ſoll Ulpian ſo viel ſagen: Wer am 1. Januar 1784 geboh- ren iſt, von dem werde vermoͤge der Civilcomputation ange- nommen, er ſey zum Teſtiren muͤndig, ſobald es in der Nacht vom 31. Dec. 1797 zum 1. Jan. 1798 die Glocke zwoͤlf geſchla- gen hat. Denn nun habe er den Eintritt des 14. Jahrs er- lebt, und dies ſey ſo gut, als wenn er die 24ſte Stunde vom 1 Jenner ſelbſt verlebt haͤtte. Allein mit ſo viel Ge- lehrſamkeit auch dieſe Meinung ausgefuͤhrt iſt, ſo ſcheint es mir doch noch immer auſſer Zweifel zu ſeyn, daß Ulpian von zwey ganz verſchiedenen Faͤllen redet. 1) Wenn Jemand, der am 1. Jenner vor 14 Jahren gebohren iſt, an dieſem ſeinem 15ten Geburtstage (ipſo natali ſuo) ein Teſtament macht; und 2) wenn er ſchon den Tag vorher, alſo am 31. Dec. (pridie Kalendarum) teſtirt. In beyden Faͤllen gilt das Teſtament. Denn im erſten Falle exceſſit quartum decimum annum, im letz- ten Falle aber complevit hunc annum. Nun iſt letzteres zur Muͤndigkeit hinreichend. Wollte man beydes fuͤr einen und eben denſelben Tag erklaͤren, ſo waͤren die Worte: Plus arbi- tror, ohne Bedeutung. Ulpian druͤckt ſich an andern Orten eben ſo aus: L. 1. D. de manumiſſ. L. 7. D. de uſurpat. et uſucap. 63) L. 14. §. 1. D. de aliment. legat. 64) L. 57. D. de re iudicat.
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S. 193. iſt Z. 1—8. ſo zu leſen: Der Regel nach wird
daher die unvollkommene Muͤndigkeit angenommen,
wenn der Pubertaͤt ſchlechthin Erwaͤhnung geſchiehet, und dieſe
iſt in den meiſten Faͤllen hinreichend, wo nicht entweder nach aus-
druͤcklichen Geſetzen, oder nach dem heutigen Gerichtsgebrauche
eine Ausnahme Statt findet. Dahin gehoͤrt, a) wenn Jemand
adoptiren will. b) Wenn einer Perſon die Alimente bis zur er-
langten Muͤndigkeit vermacht werden ſind. Dieſe genießt eine
Mannsperſon bis zum 18ten, eine Weibsperſon aber bis zum
14ten Jahre, idque pietatis intuitu, ſagt Ulpian 63), in hac
ſpecie alimentorum eſſe obſervandum, non eſt incivile. c) Soll
Niemand unter 18 Jahren zum iudex beſtellet werden 64).
Man
61)
63) L. 14. §. 1. D. de aliment. legat.
64) L. 57. D. de re iudicat.
61) Meinung iſt H. Heinrich Wilh. Schultes in den Be-
merkungen uͤber die Muͤndigkeit zum Teſtiren nach Roͤm. Rechte.
Jena 1800. Dieſer verſteht unter dem letztern Tage, da die
Pubertaͤt eintritt, den Geburtstag ſelbſt, nicht den vorher-
gehenden Kalendertag. Nach ſeiner Erklaͤrung der L. 5. cit.
ſoll Ulpian ſo viel ſagen: Wer am 1. Januar 1784 geboh-
ren iſt, von dem werde vermoͤge der Civilcomputation ange-
nommen, er ſey zum Teſtiren muͤndig, ſobald es in der Nacht
vom 31. Dec. 1797 zum 1. Jan. 1798 die Glocke zwoͤlf geſchla-
gen hat. Denn nun habe er den Eintritt des 14. Jahrs er-
lebt, und dies ſey ſo gut, als wenn er die 24ſte Stunde
vom 1 Jenner ſelbſt verlebt haͤtte. Allein mit ſo viel Ge-
lehrſamkeit auch dieſe Meinung ausgefuͤhrt iſt, ſo ſcheint es
mir doch noch immer auſſer Zweifel zu ſeyn, daß Ulpian von
zwey ganz verſchiedenen Faͤllen redet. 1) Wenn Jemand, der
am 1. Jenner vor 14 Jahren gebohren iſt, an dieſem ſeinem
15ten Geburtstage (ipſo natali ſuo) ein Teſtament macht; und
2) wenn er ſchon den Tag vorher, alſo am 31. Dec. (pridie
Kalendarum) teſtirt. In beyden Faͤllen gilt das Teſtament.
Denn im erſten Falle exceſſit quartum decimum annum, im letz-
ten Falle aber complevit hunc annum. Nun iſt letzteres zur
Muͤndigkeit hinreichend. Wollte man beydes fuͤr einen und
eben denſelben Tag erklaͤren, ſo waͤren die Worte: Plus arbi-
tror, ohne Bedeutung. Ulpian druͤckt ſich an andern Orten
eben ſo aus: L. 1. D. de manumiſſ. L. 7. D. de uſurpat. et
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