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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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de Statu Hominum.
sey 65). -- Ich kann mich jedoch von dieser Meinung
nicht überzeugen. Denn der Geist jener Gesetze ist ohne
Zweifel dieser, daß eine solche Mißgeburt darum von den
Rechten der Menschen ausgeschlossen seyn solle, weil ihr
der Charakter der Menschheit fehlt
. Da nun
der Mensch von andern Thieren sich vorzüglich darin un-
terscheidet, daß er der Vernunft in einem hohen Grade
fähig ist; diese Fähigkeit aber eine gewisse feine Organi-
sation des Gehirns vorauszusetzen scheint, so hat man da-
raus den richtigen Schluß gemacht, daß mit eben die-
ser Organisation der Charakter der Menschheit so genau
verbunden sey, daß er ohne sie nicht bestehen könne. Da
aber diese Organisation auf keine andere Art als aus dem
Bau des Schedels, in sofern er mit dem bey Menschen
gewöhnlichen übereinstimmt, vermuthet werden kann,
so muß man diesen Theil der Physiognomonic hier zum
Grunde legen, und annehmen, daß nur in einem auf ge-
wöhnliche Art gebaueten menschlichen Schedel eine der
Vernunft günstige Organisation des Hirns statt finden,
in einem Schedel aber, dessen Bau mit der Figur ande-
rer Thier-Schedel übereinstimmt, eine dem Denken un-
günstige Organisation verknüpft sey. Sodann ist ja
überhaupt die Gestalt eines menschlichen Angesichts ein
so wesentliches Stück der Menschheit, daß ohne dieselbe
eine Geburt ohnmöglich für eine menschliche gehal-
ten werden kann, wenn man auch annehmen wollte, daß
in einem Monstrum eine vernünftige Seele wohnen kön-
ne. Allein auch dieses läßt sich nicht erweisen. Quod
vero invincibiliter ignoramus, perinde est, ac si non

existe-
65) L. 135. D. de Verbor. Signif. wo gesagt wird: partum
monstrosum parentibus prodesse.
Glücks Erläut. d. Pand. 2. Th. E

de Statu Hominum.
ſey 65). — Ich kann mich jedoch von dieſer Meinung
nicht uͤberzeugen. Denn der Geiſt jener Geſetze iſt ohne
Zweifel dieſer, daß eine ſolche Mißgeburt darum von den
Rechten der Menſchen ausgeſchloſſen ſeyn ſolle, weil ihr
der Charakter der Menſchheit fehlt
. Da nun
der Menſch von andern Thieren ſich vorzuͤglich darin un-
terſcheidet, daß er der Vernunft in einem hohen Grade
faͤhig iſt; dieſe Faͤhigkeit aber eine gewiſſe feine Organi-
ſation des Gehirns vorauszuſetzen ſcheint, ſo hat man da-
raus den richtigen Schluß gemacht, daß mit eben die-
ſer Organiſation der Charakter der Menſchheit ſo genau
verbunden ſey, daß er ohne ſie nicht beſtehen koͤnne. Da
aber dieſe Organiſation auf keine andere Art als aus dem
Bau des Schedels, in ſofern er mit dem bey Menſchen
gewoͤhnlichen uͤbereinſtimmt, vermuthet werden kann,
ſo muß man dieſen Theil der Phyſiognomonic hier zum
Grunde legen, und annehmen, daß nur in einem auf ge-
woͤhnliche Art gebaueten menſchlichen Schedel eine der
Vernunft guͤnſtige Organiſation des Hirns ſtatt finden,
in einem Schedel aber, deſſen Bau mit der Figur ande-
rer Thier-Schedel uͤbereinſtimmt, eine dem Denken un-
guͤnſtige Organiſation verknuͤpft ſey. Sodann iſt ja
uͤberhaupt die Geſtalt eines menſchlichen Angeſichts ein
ſo weſentliches Stuͤck der Menſchheit, daß ohne dieſelbe
eine Geburt ohnmoͤglich fuͤr eine menſchliche gehal-
ten werden kann, wenn man auch annehmen wollte, daß
in einem Monſtrum eine vernuͤnftige Seele wohnen koͤn-
ne. Allein auch dieſes laͤßt ſich nicht erweiſen. Quod
vero invincibiliter ignoramus, perinde eſt, ac ſi non

exiſte-
65) L. 135. D. de Verbor. Signif. wo geſagt wird: partum
monſtroſum parentibus prodeſſe.
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[65/0079] de Statu Hominum. ſey 65). — Ich kann mich jedoch von dieſer Meinung nicht uͤberzeugen. Denn der Geiſt jener Geſetze iſt ohne Zweifel dieſer, daß eine ſolche Mißgeburt darum von den Rechten der Menſchen ausgeſchloſſen ſeyn ſolle, weil ihr der Charakter der Menſchheit fehlt. Da nun der Menſch von andern Thieren ſich vorzuͤglich darin un- terſcheidet, daß er der Vernunft in einem hohen Grade faͤhig iſt; dieſe Faͤhigkeit aber eine gewiſſe feine Organi- ſation des Gehirns vorauszuſetzen ſcheint, ſo hat man da- raus den richtigen Schluß gemacht, daß mit eben die- ſer Organiſation der Charakter der Menſchheit ſo genau verbunden ſey, daß er ohne ſie nicht beſtehen koͤnne. Da aber dieſe Organiſation auf keine andere Art als aus dem Bau des Schedels, in ſofern er mit dem bey Menſchen gewoͤhnlichen uͤbereinſtimmt, vermuthet werden kann, ſo muß man dieſen Theil der Phyſiognomonic hier zum Grunde legen, und annehmen, daß nur in einem auf ge- woͤhnliche Art gebaueten menſchlichen Schedel eine der Vernunft guͤnſtige Organiſation des Hirns ſtatt finden, in einem Schedel aber, deſſen Bau mit der Figur ande- rer Thier-Schedel uͤbereinſtimmt, eine dem Denken un- guͤnſtige Organiſation verknuͤpft ſey. Sodann iſt ja uͤberhaupt die Geſtalt eines menſchlichen Angeſichts ein ſo weſentliches Stuͤck der Menſchheit, daß ohne dieſelbe eine Geburt ohnmoͤglich fuͤr eine menſchliche gehal- ten werden kann, wenn man auch annehmen wollte, daß in einem Monſtrum eine vernuͤnftige Seele wohnen koͤn- ne. Allein auch dieſes laͤßt ſich nicht erweiſen. Quod vero invincibiliter ignoramus, perinde eſt, ac ſi non exiſte- 65) L. 135. D. de Verbor. Signif. wo geſagt wird: partum monſtroſum parentibus prodeſſe. Gluͤcks Erlaͤut. d. Pand. 2. Th. E

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/79>, abgerufen am 23.11.2024.