Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.1. Buch. 5. Tit. §. 114. gen hervorbringen könne. Keine menschliche Seele könnealso mit einem solchen Körper in Verbindung stehen, wel- cher keinen menschlichen Kopf hat. Solche monströse Geburten können folglich auch nach den Gesetzen keine menschlichen Rechte erwerben, daher auch diejenigen weg- fallen, welche ihnen die Gesetze, ehe sie noch gebohren waren, auf den Fall ihrer Geburt zueigneten, und können mithin durch sie auf andere nicht weiter transmittiret werden. So ist die Vorschrift unserer Gesetze 61). Allein verschiedene unserer Rechtsgelehrten wollen an der heuti- gen Anwendung derselben zweifeln 62). Sie haben sich durch die Meinung einiger neuern Aerzte 63) verleiten las- sen zu glauben, daß auch in einem Monstrum eine ver- nünftige Seele wohnen könne. Denn was aus mensch- lichen Saamen erzeugt worden, das sey Mensch. Die Vorschriften Justinians könnten uns auch in rebus physicis nicht verbinden, sobald wir durch die Aerzte be- lehret würden, daß sie auf falschen Grundsätzen beruhe- ten 64). Sogar unter den römischen Juristen habe es schon Leute gegeben, die eben so gedacht, und deren Mei- nung auch ins römische Gesetzbuch aufgenommen worden sey 61) Solche Mißgeburten erklären auch die Gesetze für untüchtig, ein Testament zu brechen, worin der postumen Kinder keine Erwähnung geschehen ist. L. 3. C. de posthumis heredib. instit. vel exheredand. 62) hommel in Rhapsod. quaestion. forens. Vol. VI. Obs. 905. S. 588. und in Epitome iuris sacri (Lipsine 1777.) Cap. XIII. §. 9. hartleren in Meditat. ad Pandect. Spec. XVI. med. 2. 63) boerner in Institut. medicin. legalis §. 69. kannegieser Institut. medicin. forens. Cap. I. §. 88. ludwig Institut. medic. for. §. 155. u. 406. 64) Stryck in Usu Mod. Pandect. h. t. §. 14.
1. Buch. 5. Tit. §. 114. gen hervorbringen koͤnne. Keine menſchliche Seele koͤnnealſo mit einem ſolchen Koͤrper in Verbindung ſtehen, wel- cher keinen menſchlichen Kopf hat. Solche monſtroͤſe Geburten koͤnnen folglich auch nach den Geſetzen keine menſchlichen Rechte erwerben, daher auch diejenigen weg- fallen, welche ihnen die Geſetze, ehe ſie noch gebohren waren, auf den Fall ihrer Geburt zueigneten, und koͤnnen mithin durch ſie auf andere nicht weiter transmittiret werden. So iſt die Vorſchrift unſerer Geſetze 61). Allein verſchiedene unſerer Rechtsgelehrten wollen an der heuti- gen Anwendung derſelben zweifeln 62). Sie haben ſich durch die Meinung einiger neuern Aerzte 63) verleiten laſ- ſen zu glauben, daß auch in einem Monſtrum eine ver- nuͤnftige Seele wohnen koͤnne. Denn was aus menſch- lichen Saamen erzeugt worden, das ſey Menſch. Die Vorſchriften Juſtinians koͤnnten uns auch in rebus phyſicis nicht verbinden, ſobald wir durch die Aerzte be- lehret wuͤrden, daß ſie auf falſchen Grundſaͤtzen beruhe- ten 64). Sogar unter den roͤmiſchen Juriſten habe es ſchon Leute gegeben, die eben ſo gedacht, und deren Mei- nung auch ins roͤmiſche Geſetzbuch aufgenommen worden ſey 61) Solche Mißgeburten erklaͤren auch die Geſetze fuͤr untuͤchtig, ein Teſtament zu brechen, worin der poſtumen Kinder keine Erwaͤhnung geſchehen iſt. L. 3. C. de poſthumis heredib. inſtit. vel exheredand. 62) hommel in Rhapſod. quaeſtion. forens. Vol. VI. Obſ. 905. S. 588. und in Epitome iuris ſacri (Lipſine 1777.) Cap. XIII. §. 9. hartleren in Meditat. ad Pandect. Spec. XVI. med. 2. 63) boerner in Inſtitut. medicin. legalis §. 69. kannegieser Inſtitut. medicin. forens. Cap. I. §. 88. ludwig Inſtitut. medic. for. §. 155. u. 406. 64) Stryck in Uſu Mod. Pandect. h. t. §. 14.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0078" n="64"/><fw place="top" type="header">1. Buch. 5. Tit. §. 114.</fw><lb/> gen hervorbringen koͤnne. Keine menſchliche Seele koͤnne<lb/> alſo mit einem ſolchen Koͤrper in Verbindung ſtehen, wel-<lb/> cher keinen menſchlichen Kopf hat. Solche monſtroͤſe<lb/> Geburten koͤnnen folglich auch nach den Geſetzen keine<lb/> menſchlichen Rechte erwerben, daher auch diejenigen weg-<lb/> fallen, welche ihnen die Geſetze, ehe ſie noch gebohren<lb/> waren, auf den Fall ihrer Geburt zueigneten, und koͤnnen<lb/> mithin durch ſie auf andere nicht weiter transmittiret<lb/> werden. So iſt die Vorſchrift unſerer Geſetze <note place="foot" n="61)">Solche Mißgeburten erklaͤren auch die Geſetze fuͤr untuͤchtig,<lb/> ein Teſtament zu brechen, worin der poſtumen Kinder keine<lb/> Erwaͤhnung geſchehen iſt. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 3. <hi rendition="#i">C. de poſthumis heredib.<lb/> inſtit. vel exheredand</hi>.</hi></note>. Allein<lb/> verſchiedene unſerer Rechtsgelehrten wollen an der heuti-<lb/> gen Anwendung derſelben zweifeln <note place="foot" n="62)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">hommel</hi> in Rhapſod. quaeſtion. forens. Vol. VI. Obſ.</hi> 905.<lb/> S. 588. und <hi rendition="#aq">in Epitome iuris ſacri (<hi rendition="#i">Lipſine</hi> 1777.) Cap. XIII.<lb/> §. 9. <hi rendition="#k">hartleren</hi> in Meditat. ad Pandect. Spec. XVI. med.</hi> 2.</note>. Sie haben ſich<lb/> durch die Meinung einiger neuern Aerzte <note place="foot" n="63)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">boerner</hi> in Inſtitut. medicin. legalis §. 69. <hi rendition="#k">kannegieser</hi><lb/> Inſtitut. medicin. forens. Cap. I. §. 88. <hi rendition="#k">ludwig</hi> Inſtitut.<lb/> medic. for.</hi> §. 155. u. 406.</note> verleiten laſ-<lb/> ſen zu glauben, daß auch in einem Monſtrum eine ver-<lb/> nuͤnftige Seele wohnen koͤnne. Denn was aus menſch-<lb/> lichen Saamen erzeugt worden, das ſey Menſch. Die<lb/> Vorſchriften <hi rendition="#fr">Juſtinians</hi> koͤnnten uns auch in <hi rendition="#aq">rebus<lb/> phyſicis</hi> nicht verbinden, ſobald wir durch die Aerzte be-<lb/> lehret wuͤrden, daß ſie auf falſchen Grundſaͤtzen beruhe-<lb/> ten <note place="foot" n="64)"><hi rendition="#aq">Stryck in Uſu Mod. Pandect. h. t.</hi> §. 14.</note>. Sogar unter den roͤmiſchen Juriſten habe es<lb/> ſchon Leute gegeben, die eben ſo gedacht, und deren Mei-<lb/> nung auch ins roͤmiſche Geſetzbuch aufgenommen worden<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſey</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [64/0078]
1. Buch. 5. Tit. §. 114.
gen hervorbringen koͤnne. Keine menſchliche Seele koͤnne
alſo mit einem ſolchen Koͤrper in Verbindung ſtehen, wel-
cher keinen menſchlichen Kopf hat. Solche monſtroͤſe
Geburten koͤnnen folglich auch nach den Geſetzen keine
menſchlichen Rechte erwerben, daher auch diejenigen weg-
fallen, welche ihnen die Geſetze, ehe ſie noch gebohren
waren, auf den Fall ihrer Geburt zueigneten, und koͤnnen
mithin durch ſie auf andere nicht weiter transmittiret
werden. So iſt die Vorſchrift unſerer Geſetze 61). Allein
verſchiedene unſerer Rechtsgelehrten wollen an der heuti-
gen Anwendung derſelben zweifeln 62). Sie haben ſich
durch die Meinung einiger neuern Aerzte 63) verleiten laſ-
ſen zu glauben, daß auch in einem Monſtrum eine ver-
nuͤnftige Seele wohnen koͤnne. Denn was aus menſch-
lichen Saamen erzeugt worden, das ſey Menſch. Die
Vorſchriften Juſtinians koͤnnten uns auch in rebus
phyſicis nicht verbinden, ſobald wir durch die Aerzte be-
lehret wuͤrden, daß ſie auf falſchen Grundſaͤtzen beruhe-
ten 64). Sogar unter den roͤmiſchen Juriſten habe es
ſchon Leute gegeben, die eben ſo gedacht, und deren Mei-
nung auch ins roͤmiſche Geſetzbuch aufgenommen worden
ſey
61) Solche Mißgeburten erklaͤren auch die Geſetze fuͤr untuͤchtig,
ein Teſtament zu brechen, worin der poſtumen Kinder keine
Erwaͤhnung geſchehen iſt. L. 3. C. de poſthumis heredib.
inſtit. vel exheredand.
62) hommel in Rhapſod. quaeſtion. forens. Vol. VI. Obſ. 905.
S. 588. und in Epitome iuris ſacri (Lipſine 1777.) Cap. XIII.
§. 9. hartleren in Meditat. ad Pandect. Spec. XVI. med. 2.
63) boerner in Inſtitut. medicin. legalis §. 69. kannegieser
Inſtitut. medicin. forens. Cap. I. §. 88. ludwig Inſtitut.
medic. for. §. 155. u. 406.
64) Stryck in Uſu Mod. Pandect. h. t. §. 14.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |