Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.1. Buch. 8. Tit. §. 180. intelligatur. Et propterea responsum est, neque colonum,neque eum, apud quem res deposita, vel cui commodata est, lucri faciendi causa pro herede usucapere posse. Filium quoque donatam rem a patre pro herede negavit usucapere servius: scilicet qui existimabat naturalem possessionem penes eum fuisse, vivo patre. Die Beyspiele, die hier der Rechts- gelehrte zur Erläuterung der Regel giebt, daß Nie- mand sich die Art seines Besitzes zu eines an- dern Nachtheil ändern, mithin, weder einen blos natürlichen Besitz in einen bürgerlichen verwandeln, noch einen andern Rechtstitel, als mit welchem er bisher die Sache besessen, für sich einseitig annehmen könne, geben deutlich zu erkennen, daß Possessio Naturalis hier in jener allgemeinen Bedeutung genommen werde. Uebri- gens wender Cuper gegen die gewöhnliche Idee, nach welcher unter Possessio Civilis nur ein solcher Besitz ver- standen werden will, der zur Usucapion genügt, und auf einem rechtmäsigen Titel gegründet ist, hauptsächlich dreyerley ein. I) Daß die L. 10. C. de acquir. et retin. possess. circa 98) Daß die Worte Ius und Corpus von der Materie oder den
Gegenständen des Besitzes auch in andern Gesetzen gebraucht werden, ist aus L. 2. §. 3. D. de Precar. und L. 3. §. 1. D. de Bon. Poss. zu ersehen. Auch kommt die Redensart consi- stere 1. Buch. 8. Tit. §. 180. intelligatur. Et propterea reſponſum eſt, neque colonum,neque eum, apud quem res depoſita, vel cui commodata eſt, lucri faciendi cauſa pro herede uſucapere poſſe. Filium quoque donatam rem a patre pro herede negavit uſucapere servius: ſcilicet qui exiſtimabat naturalem poſſeſſionem penes eum fuiſſe, vivo patre. Die Beyſpiele, die hier der Rechts- gelehrte zur Erlaͤuterung der Regel giebt, daß Nie- mand ſich die Art ſeines Beſitzes zu eines an- dern Nachtheil aͤndern, mithin, weder einen blos natuͤrlichen Beſitz in einen buͤrgerlichen verwandeln, noch einen andern Rechtstitel, als mit welchem er bisher die Sache beſeſſen, fuͤr ſich einſeitig annehmen koͤnne, geben deutlich zu erkennen, daß Poſſeſſio Naturalis hier in jener allgemeinen Bedeutung genommen werde. Uebri- gens wender Cuper gegen die gewoͤhnliche Idee, nach welcher unter Poſſeſſio Civilis nur ein ſolcher Beſitz ver- ſtanden werden will, der zur Uſucapion genuͤgt, und auf einem rechtmaͤſigen Titel gegruͤndet iſt, hauptſaͤchlich dreyerley ein. I) Daß die L. 10. C. de acquir. et retin. poſſeſſ. circa 98) Daß die Worte Ius und Corpus von der Materie oder den
Gegenſtaͤnden des Beſitzes auch in andern Geſetzen gebraucht werden, iſt aus L. 2. §. 3. D. de Precar. und L. 3. §. 1. D. de Bon. Poſſ. zu erſehen. Auch kommt die Redensart conſi- ſtere <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0536" n="522"/><fw place="top" type="header">1. Buch. 8. Tit. §. 180.</fw><lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">intelligatur. Et propterea reſponſum eſt, neque colonum,<lb/> neque eum, apud quem res depoſita, vel cui commodata eſt,<lb/> lucri faciendi cauſa pro herede uſucapere poſſe. Filium quoque<lb/> donatam rem a patre pro herede negavit uſucapere</hi><hi rendition="#k">servius:</hi><lb/><hi rendition="#i">ſcilicet qui exiſtimabat naturalem poſſeſſionem penes eum<lb/> fuiſſe, vivo patre.</hi></hi> Die Beyſpiele, die hier der Rechts-<lb/> gelehrte zur Erlaͤuterung der Regel giebt, <hi rendition="#g">daß Nie-<lb/> mand ſich die Art ſeines Beſitzes zu eines an-<lb/> dern Nachtheil aͤndern</hi>, mithin, weder einen blos<lb/> natuͤrlichen Beſitz in einen buͤrgerlichen verwandeln, noch<lb/> einen andern Rechtstitel, als mit welchem er bisher<lb/> die Sache beſeſſen, fuͤr ſich einſeitig annehmen koͤnne,<lb/> geben deutlich zu erkennen, daß <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Poſſeſſio Naturalis</hi></hi> hier<lb/> in jener allgemeinen Bedeutung genommen werde. Uebri-<lb/> gens wender <hi rendition="#fr">Cuper</hi> gegen die gewoͤhnliche Idee, nach<lb/> welcher unter <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Poſſeſſio Civilis</hi></hi> nur ein ſolcher Beſitz ver-<lb/> ſtanden werden will, der zur Uſucapion genuͤgt, und auf<lb/> einem rechtmaͤſigen Titel gegruͤndet iſt, hauptſaͤchlich<lb/> dreyerley ein.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">I</hi>) Daß die <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 10. <hi rendition="#i">C. de acquir. et retin. poſſeſſ.</hi></hi><lb/> welche insgemein zu Unterſtuͤtzung jener Meynung ange-<lb/> fuͤhrt zu werden pflegt, nicht von den Attributen der<lb/> Poſſeſſion, ſondern vielmehr von den verſchiedenen <hi rendition="#g">Ge-<lb/> genſtaͤnden des Beſitzes</hi>, die freylich koͤrperlich und<lb/> unkoͤrperlich ſeyn koͤnnen, zu verſtehen ſey. Der Sinn<lb/> des Geſetzes ſey naͤmlich dieſer: <hi rendition="#aq">Duplex eſt ratio poſ-<lb/> ſeſſionis, alia quae <hi rendition="#i">inbaeret</hi> in <hi rendition="#i">Iure</hi>, alia quae in <hi rendition="#i">Cor-<lb/> pore</hi></hi> <note xml:id="seg2pn_78_1" next="#seg2pn_78_2" place="foot" n="98)">Daß die Worte <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ius</hi></hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Corpus</hi></hi> von der Materie oder den<lb/> Gegenſtaͤnden des Beſitzes auch in andern Geſetzen gebraucht<lb/> werden, iſt aus <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2. <hi rendition="#i">§.</hi> 3. <hi rendition="#i">D. de Precar.</hi></hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 3. §. 1. <hi rendition="#i">D.<lb/> de Bon. Poſſ.</hi></hi> zu erſehen. Auch kommt die Redensart <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">conſi-</hi></hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ſtere</hi></hi></fw></note>, <hi rendition="#aq">ſive, alia, quae <hi rendition="#i">verſatur</hi> circa <hi rendition="#i">Ius</hi>, alia, quae</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">circa</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [522/0536]
1. Buch. 8. Tit. §. 180.
intelligatur. Et propterea reſponſum eſt, neque colonum,
neque eum, apud quem res depoſita, vel cui commodata eſt,
lucri faciendi cauſa pro herede uſucapere poſſe. Filium quoque
donatam rem a patre pro herede negavit uſucapere servius:
ſcilicet qui exiſtimabat naturalem poſſeſſionem penes eum
fuiſſe, vivo patre. Die Beyſpiele, die hier der Rechts-
gelehrte zur Erlaͤuterung der Regel giebt, daß Nie-
mand ſich die Art ſeines Beſitzes zu eines an-
dern Nachtheil aͤndern, mithin, weder einen blos
natuͤrlichen Beſitz in einen buͤrgerlichen verwandeln, noch
einen andern Rechtstitel, als mit welchem er bisher
die Sache beſeſſen, fuͤr ſich einſeitig annehmen koͤnne,
geben deutlich zu erkennen, daß Poſſeſſio Naturalis hier
in jener allgemeinen Bedeutung genommen werde. Uebri-
gens wender Cuper gegen die gewoͤhnliche Idee, nach
welcher unter Poſſeſſio Civilis nur ein ſolcher Beſitz ver-
ſtanden werden will, der zur Uſucapion genuͤgt, und auf
einem rechtmaͤſigen Titel gegruͤndet iſt, hauptſaͤchlich
dreyerley ein.
I) Daß die L. 10. C. de acquir. et retin. poſſeſſ.
welche insgemein zu Unterſtuͤtzung jener Meynung ange-
fuͤhrt zu werden pflegt, nicht von den Attributen der
Poſſeſſion, ſondern vielmehr von den verſchiedenen Ge-
genſtaͤnden des Beſitzes, die freylich koͤrperlich und
unkoͤrperlich ſeyn koͤnnen, zu verſtehen ſey. Der Sinn
des Geſetzes ſey naͤmlich dieſer: Duplex eſt ratio poſ-
ſeſſionis, alia quae inbaeret in Iure, alia quae in Cor-
pore 98), ſive, alia, quae verſatur circa Ius, alia, quae
circa
98) Daß die Worte Ius und Corpus von der Materie oder den
Gegenſtaͤnden des Beſitzes auch in andern Geſetzen gebraucht
werden, iſt aus L. 2. §. 3. D. de Precar. und L. 3. §. 1. D.
de Bon. Poſſ. zu erſehen. Auch kommt die Redensart conſi-
ſtere
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