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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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De divisione rerum et qualitate.
stern Art heißt die Verbindlichkeit zu denselben obligatio
ad faciendum.
Das Wort facere wird also hier in einem
engern Verstande genommen. Bey den Factis der letz-
tern Art heißt sie obligatio ad dandum. Sonach setzt al-
so alles ius in personam eine gewisse Person voraus, wel-
che einer andern zu einem bestimmten Thun oder Geben
verbindlich gemacht worden ist 14), es sey nun dies ent-
weder durch ihre eigene, oder durch die Handlung eines
Dritten, sofern man diese zu vertreten hat, oder ohne
ein besonderes factum unmittelbar durch ein Gesetz ge-
schehen. Was das ius in rem betrift, so hat solches zwar
eine Sache selbst, ohne alle Rücksicht auf eine bestimmte
Person, zum Gegenstande; dies schadet indessen nichts,
daß nicht Folgeweise eine Person, welche nämlich diese
Sache in Besitz hat, zu etwas, nämlich zur Restitution
oder Abtretung der Sache, verbunden seyn könne 15).
Ja zuweilen kann jemand, ob er gleich eigentlich Besitzer
der Sache nicht ist, dennoch vermöge meines dinglichen
Rechts zufällig für die Sache haften müssen, nämlich
wenn er sich muthwillig für den Besitzer ausgegeben
(liti se obtulit), oder mit Vorsatz die Sache von abhän-
den kommen lassen, um nur meinen Anspruch dadurch
zu nichte zu machen (dolo desiit possidere) 16).


Da
14) Daher wird das ius in personam auch ius obligationis ge-
nennt. S. §. 2. I. de reb. incorpor.
15) nettelbladt in Diss. de iure in re, quae est res nullius
Sect. I.
§. 9. sagt: Si ius est ius in re, deesse determinatam
personam obligatam, dici quidem posse: ost deesse certam per-
sonam obligatam, simpliciter dici non posse, dum, quoties res,
quae huius iuris obiectum est, possidetur ab alio, omnino certa
persona obligata adest, nimirum praesens rei possessor.
16) L. 25. L. 27. §. 3. D. de Rei Vindicat. turin de ficto
possessore. Erford.
Glücks Erläut. d. Pand. 2. Th. J i

De diviſione rerum et qualitate.
ſtern Art heißt die Verbindlichkeit zu denſelben obligatio
ad faciendum.
Das Wort facere wird alſo hier in einem
engern Verſtande genommen. Bey den Factis der letz-
tern Art heißt ſie obligatio ad dandum. Sonach ſetzt al-
ſo alles ius in perſonam eine gewiſſe Perſon voraus, wel-
che einer andern zu einem beſtimmten Thun oder Geben
verbindlich gemacht worden iſt 14), es ſey nun dies ent-
weder durch ihre eigene, oder durch die Handlung eines
Dritten, ſofern man dieſe zu vertreten hat, oder ohne
ein beſonderes factum unmittelbar durch ein Geſetz ge-
ſchehen. Was das ius in rem betrift, ſo hat ſolches zwar
eine Sache ſelbſt, ohne alle Ruͤckſicht auf eine beſtimmte
Perſon, zum Gegenſtande; dies ſchadet indeſſen nichts,
daß nicht Folgeweiſe eine Perſon, welche naͤmlich dieſe
Sache in Beſitz hat, zu etwas, naͤmlich zur Reſtitution
oder Abtretung der Sache, verbunden ſeyn koͤnne 15).
Ja zuweilen kann jemand, ob er gleich eigentlich Beſitzer
der Sache nicht iſt, dennoch vermoͤge meines dinglichen
Rechts zufaͤllig fuͤr die Sache haften muͤſſen, naͤmlich
wenn er ſich muthwillig fuͤr den Beſitzer ausgegeben
(liti ſe obtulit), oder mit Vorſatz die Sache von abhaͤn-
den kommen laſſen, um nur meinen Anſpruch dadurch
zu nichte zu machen (dolo deſiit poſſidere) 16).


Da
14) Daher wird das ius in perſonam auch ius obligationis ge-
nennt. S. §. 2. I. de reb. incorpor.
15) nettelbladt in Diſſ. de iure in re, quae eſt res nullius
Sect. I.
§. 9. ſagt: Si ius eſt ius in re, deeſſe determinatam
perſonam obligatam, dici quidem poſſe: oſt deeſſe certam per-
ſonam obligatam, ſimpliciter dici non poſſe, dum, quoties res,
quae huius iuris obiectum eſt, poſſidetur ab alio, omnino certa
perſona obligata adeſt, nimirum praeſens rei poſſeſſor.
16) L. 25. L. 27. §. 3. D. de Rei Vindicat. turin de ficto
poſſeſſore. Erford.
Gluͤcks Erlaͤut. d. Pand. 2. Th. J i
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[497/0511] De diviſione rerum et qualitate. ſtern Art heißt die Verbindlichkeit zu denſelben obligatio ad faciendum. Das Wort facere wird alſo hier in einem engern Verſtande genommen. Bey den Factis der letz- tern Art heißt ſie obligatio ad dandum. Sonach ſetzt al- ſo alles ius in perſonam eine gewiſſe Perſon voraus, wel- che einer andern zu einem beſtimmten Thun oder Geben verbindlich gemacht worden iſt 14), es ſey nun dies ent- weder durch ihre eigene, oder durch die Handlung eines Dritten, ſofern man dieſe zu vertreten hat, oder ohne ein beſonderes factum unmittelbar durch ein Geſetz ge- ſchehen. Was das ius in rem betrift, ſo hat ſolches zwar eine Sache ſelbſt, ohne alle Ruͤckſicht auf eine beſtimmte Perſon, zum Gegenſtande; dies ſchadet indeſſen nichts, daß nicht Folgeweiſe eine Perſon, welche naͤmlich dieſe Sache in Beſitz hat, zu etwas, naͤmlich zur Reſtitution oder Abtretung der Sache, verbunden ſeyn koͤnne 15). Ja zuweilen kann jemand, ob er gleich eigentlich Beſitzer der Sache nicht iſt, dennoch vermoͤge meines dinglichen Rechts zufaͤllig fuͤr die Sache haften muͤſſen, naͤmlich wenn er ſich muthwillig fuͤr den Beſitzer ausgegeben (liti ſe obtulit), oder mit Vorſatz die Sache von abhaͤn- den kommen laſſen, um nur meinen Anſpruch dadurch zu nichte zu machen (dolo deſiit poſſidere) 16). Da 14) Daher wird das ius in perſonam auch ius obligationis ge- nennt. S. §. 2. I. de reb. incorpor. 15) nettelbladt in Diſſ. de iure in re, quae eſt res nullius Sect. I. §. 9. ſagt: Si ius eſt ius in re, deeſſe determinatam perſonam obligatam, dici quidem poſſe: oſt deeſſe certam per- ſonam obligatam, ſimpliciter dici non poſſe, dum, quoties res, quae huius iuris obiectum eſt, poſſidetur ab alio, omnino certa perſona obligata adeſt, nimirum praeſens rei poſſeſſor. 16) L. 25. L. 27. §. 3. D. de Rei Vindicat. turin de ficto poſſeſſore. Erford. Gluͤcks Erlaͤut. d. Pand. 2. Th. J i

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/511>, abgerufen am 21.11.2024.