Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.De divisione rerum et qualitate. der rerum communium, allein diese machen bey weitennicht alle Arten der im römischen Recht vorkommenden rerum nullius aus. Wir können sie in solche einthei- len, die ganz herrnlos, und welche es nur gewisser maßen sind. Als ein Beyspiel von der letztern Gat- tung führt Cajus 5) die Erbschaften an. Nam res hereditariae, sagt dieser röm. Jurist, antequam aliquis he- res existat, nullius in honis sunt. Eine Erbschaft, wozu sich der Erbe noch nicht erklärt hat, ist zu keines Men- schen gegenwärtigen Eigenthum zu rechnen. Der ehema- lige Eigenthümer ist gestorben, und derjenige, so, statt seiner, eintreten soll, ist noch nicht eingetreten. Von dieser Seite betrachtet, ist also eine Erbschaft wirklich herrnlos 6). Allein gewisser Folgerungen halben sahe man sie auch vermöge rechtlicher Fiction als ein noch fortdauerndes Eigenthum des Verstorbenen an 7); da- mit 5) L. 1. pr. D. h. t. 6) L. 3. pr. D. de peculio. 7) Daher sagen unsere Gesetze: hereditas iacens personae de- functi vicem sustinet, repraesentat defuncti personam, defuncti locum obtinet etc. S. Princip I. de stipulat. servor L 34. D. de acquir. rer. dominio. L 31. §. 1. D. de heredib. in- stituend. Daß man sich aber bey einer Erbschaft, welche der Erbe noch nicht angetreten, nach römischen Begriffen den verstorbenen Erblasser noch als Eigenthümer gedenken müsse, und was das für Folgen haben könne, lehrt Her- mogenian L. 61. D. de acquir. rer dom. Hereditas in multis partibus iuris pro domino habetur, adeoque hereditati quoque ut domino per servum hereditarium acquiritur. Man vergleiche hierbey finestres in Hermogeniano Tom. II. pag 928. Ja die Gesetze unserer Pandecten sagen sogar, quod qualisqualis in hereditate defuncti possessio sit. L. 88 D. de acquir. vel omitt. heredit Es verstehet sich von selbst, daß von keinem eigentlichen Besitz die Rede seyn kann, so wie der E e 2
De diviſione rerum et qualitate. der rerum communium, allein dieſe machen bey weitennicht alle Arten der im roͤmiſchen Recht vorkommenden rerum nullius aus. Wir koͤnnen ſie in ſolche einthei- len, die ganz herrnlos, und welche es nur gewiſſer maßen ſind. Als ein Beyſpiel von der letztern Gat- tung fuͤhrt Cajus 5) die Erbſchaften an. Nam res hereditariae, ſagt dieſer roͤm. Juriſt, antequam aliquis he- res exiſtat, nullius in honis ſunt. Eine Erbſchaft, wozu ſich der Erbe noch nicht erklaͤrt hat, iſt zu keines Men- ſchen gegenwaͤrtigen Eigenthum zu rechnen. Der ehema- lige Eigenthuͤmer iſt geſtorben, und derjenige, ſo, ſtatt ſeiner, eintreten ſoll, iſt noch nicht eingetreten. Von dieſer Seite betrachtet, iſt alſo eine Erbſchaft wirklich herrnlos 6). Allein gewiſſer Folgerungen halben ſahe man ſie auch vermoͤge rechtlicher Fiction als ein noch fortdauerndes Eigenthum des Verſtorbenen an 7); da- mit 5) L. 1. pr. D. h. t. 6) L. 3. pr. D. de peculio. 7) Daher ſagen unſere Geſetze: hereditas iacens perſonae de- functi vicem ſuſtinet, repraeſentat defuncti perſonam, defuncti locum obtinet etc. S. Princip I. de ſtipulat. ſervor L 34. D. de acquir. rer. dominio. L 31. §. 1. D. de heredib. in- ſtituend. Daß man ſich aber bey einer Erbſchaft, welche der Erbe noch nicht angetreten, nach roͤmiſchen Begriffen den verſtorbenen Erblaſſer noch als Eigenthuͤmer gedenken muͤſſe, und was das fuͤr Folgen haben koͤnne, lehrt Her- mogenian L. 61. D. de acquir. rer dom. Hereditas in multis partibus iuris pro domino habetur, adeoque hereditati quoque ut domino per ſervum hereditarium acquiritur. Man vergleiche hierbey finestres in Hermogeniano Tom. II. pag 928. Ja die Geſetze unſerer Pandecten ſagen ſogar, quod qualisqualis in hereditate defuncti poſſeſſio ſit. L. 88 D. de acquir. vel omitt. heredit Es verſtehet ſich von ſelbſt, daß von keinem eigentlichen Beſitz die Rede ſeyn kann, ſo wie der E e 2
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len, die ganz herrnlos, und welche es nur gewiſſer
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tung fuͤhrt Cajus 5) die Erbſchaften an. Nam res
hereditariae, ſagt dieſer roͤm. Juriſt, antequam aliquis he-
res exiſtat, nullius in honis ſunt. Eine Erbſchaft, wozu
ſich der Erbe noch nicht erklaͤrt hat, iſt zu keines Men-
ſchen gegenwaͤrtigen Eigenthum zu rechnen. Der ehema-
lige Eigenthuͤmer iſt geſtorben, und derjenige, ſo, ſtatt
ſeiner, eintreten ſoll, iſt noch nicht eingetreten. Von
dieſer Seite betrachtet, iſt alſo eine Erbſchaft wirklich
herrnlos 6). Allein gewiſſer Folgerungen halben ſahe
man ſie auch vermoͤge rechtlicher Fiction als ein noch
fortdauerndes Eigenthum des Verſtorbenen an 7); da-
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5) L. 1. pr. D. h. t.
6) L. 3. pr. D. de peculio.
7) Daher ſagen unſere Geſetze: hereditas iacens perſonae de-
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D. de acquir. rer. dominio. L 31. §. 1. D. de heredib. in-
ſtituend. Daß man ſich aber bey einer Erbſchaft, welche der
Erbe noch nicht angetreten, nach roͤmiſchen Begriffen den
verſtorbenen Erblaſſer noch als Eigenthuͤmer gedenken
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multis partibus iuris pro domino habetur, adeoque hereditati
quoque ut domino per ſervum hereditarium acquiritur. Man
vergleiche hierbey finestres in Hermogeniano Tom. II.
pag 928. Ja die Geſetze unſerer Pandecten ſagen ſogar, quod
qualisqualis in hereditate defuncti poſſeſſio ſit. L. 88 D. de
acquir. vel omitt. heredit Es verſtehet ſich von ſelbſt, daß
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