Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.1. Buch. 8. Tit. §. 163. stand eines Rechts seyn kann, das heißt hier eineSache 8). Die Sachen, wenn wir sie den Personen entgegen setzen, lassen sich in zwey Hauptklassen einthei- len. Es sind entweder Handlungen der Menschen (Facta), in so weit diese als Sachen betrachtet werden, oder es sind eigentlich so genannte Sachen, d. i. was man, nach der gewöhnlichen Art zu reden, Sa- chen nennt, da man nämlich die Sachen den Factis ent- gegen setzt. Es fragt sich nun, wie menschliche Hand- lungen, als Sachen, betrachtet werden können? Die Antwort ist: Wenn wir die Facta nur blos aus dem Gesichtspunkte ansehen, daß ein Mensch durch den Gebrauch seiner Leibes- oder Gei- stes-Kräfte dem andern etwas leistet, oder thut, was zu des andern Nutzen oder Schaden gereicht, so betrachten wir die Handlungen eines Men- schen als Sachen. In dieser Rücksicht gehört daher die Ar- beit des Holzhauers, der mir mein Holz klein macht, die Ar- beit des Schneiders, der mir ein Kleid macht, zu den Sachen; denn es sind Dinge, die ein Mensch dem andern leistet. Hierher gehören aber auch die unerlaubten Handlungen, und Vergehungen, wodurch mir ein anderer Schaden thut, welche in unsern Gesetzen ausdrücklich res genennt wer- 8) Nach Hrn. Prof. Westphal im angef. Buch §. 2. heißt
Sache, alles auf der Erde, so fern es ein Verhältniß ge- gen des Menschen zeitlichen Vortheil hat. Unser Autor hin- gegen sagt: Dicitur res omne id, quod in bonis est vel esse potest: und so definiren mehrere Rechtsgelehrten eine Sache. Allein ich habe mir hier die mehr geläuterten Begriffe des Hrn. von Reinhards in der Sammlung jurist philosoph. u. kritischer Aufsätze I. Th. IV. Stück. N. VI. S. 272. u. f. zu Nutze gemacht. Daß übrigens das Wort res in unserm Iure noch mehrere Bedeutungen habe, ist aus brissonius de Verbor. Significat. voc. Res zu ersehen. Add. Eichmann Erklärungen des bürgerl. Rechts IV. Th. S. 37. folg. 1. Buch. 8. Tit. §. 163. ſtand eines Rechts ſeyn kann, das heißt hier eineSache 8). Die Sachen, wenn wir ſie den Perſonen entgegen ſetzen, laſſen ſich in zwey Hauptklaſſen einthei- len. Es ſind entweder Handlungen der Menſchen (Facta), in ſo weit dieſe als Sachen betrachtet werden, oder es ſind eigentlich ſo genannte Sachen, d. i. was man, nach der gewoͤhnlichen Art zu reden, Sa- chen nennt, da man naͤmlich die Sachen den Factis ent- gegen ſetzt. Es fragt ſich nun, wie menſchliche Hand- lungen, als Sachen, betrachtet werden koͤnnen? Die Antwort iſt: Wenn wir die Facta nur blos aus dem Geſichtspunkte anſehen, daß ein Menſch durch den Gebrauch ſeiner Leibes- oder Gei- ſtes-Kraͤfte dem andern etwas leiſtet, oder thut, was zu des andern Nutzen oder Schaden gereicht, ſo betrachten wir die Handlungen eines Men- ſchen als Sachen. In dieſer Ruͤckſicht gehoͤrt daher die Ar- beit des Holzhauers, der mir mein Holz klein macht, die Ar- beit des Schneiders, der mir ein Kleid macht, zu den Sachen; denn es ſind Dinge, die ein Menſch dem andern leiſtet. Hierher gehoͤren aber auch die unerlaubten Handlungen, und Vergehungen, wodurch mir ein anderer Schaden thut, welche in unſern Geſetzen ausdruͤcklich res genennt wer- 8) Nach Hrn. Prof. Weſtphal im angef. Buch §. 2. heißt
Sache, alles auf der Erde, ſo fern es ein Verhaͤltniß ge- gen des Menſchen zeitlichen Vortheil hat. Unſer Autor hin- gegen ſagt: Dicitur res omne id, quod in bonis eſt vel eſſe poteſt: und ſo definiren mehrere Rechtsgelehrten eine Sache. Allein ich habe mir hier die mehr gelaͤuterten Begriffe des Hrn. von Reinhards in der Sammlung juriſt philoſoph. u. kritiſcher Aufſaͤtze I. Th. IV. Stuͤck. N. VI. S. 272. u. f. zu Nutze gemacht. Daß uͤbrigens das Wort res in unſerm Iure noch mehrere Bedeutungen habe, iſt aus brissonius de Verbor. Significat. voc. Res zu erſehen. Add. Eichmann Erklaͤrungen des buͤrgerl. Rechts IV. Th. S. 37. folg. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0418" n="404"/><fw place="top" type="header">1. Buch. 8. Tit. §. 163.</fw><lb/><hi rendition="#g">ſtand eines Rechts ſeyn kann</hi>, das heißt hier eine<lb/><hi rendition="#fr">Sache</hi> <note place="foot" n="8)">Nach Hrn. Prof. <hi rendition="#g">Weſtphal</hi> im angef. Buch §. 2. heißt<lb/><hi rendition="#g">Sache</hi>, alles auf der Erde, ſo fern es ein Verhaͤltniß ge-<lb/> gen des Menſchen zeitlichen Vortheil hat. Unſer Autor hin-<lb/> gegen ſagt: <hi rendition="#aq">Dicitur <hi rendition="#k">res</hi> <hi rendition="#i">omne id, quod in bonis eſt vel eſſe<lb/> poteſt:</hi></hi> und ſo definiren mehrere Rechtsgelehrten eine <hi rendition="#g">Sache</hi>.<lb/> Allein ich habe mir hier die mehr gelaͤuterten Begriffe des<lb/> Hrn. von <hi rendition="#g">Reinhards</hi> in der Sammlung juriſt philoſoph.<lb/> u. kritiſcher Aufſaͤtze <hi rendition="#aq">I.</hi> Th. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Stuͤck. <hi rendition="#aq">N. VI.</hi> S. 272. u. f.<lb/> zu Nutze gemacht. Daß uͤbrigens das Wort <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">res</hi></hi> in unſerm<lb/><hi rendition="#aq">Iure</hi> noch mehrere Bedeutungen habe, iſt aus <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">brissonius</hi> de<lb/> Verbor. Significat. voc. <hi rendition="#i">Res</hi></hi> zu erſehen. <hi rendition="#aq">Add.</hi> <hi rendition="#g">Eichmann</hi><lb/> Erklaͤrungen des buͤrgerl. Rechts <hi rendition="#aq">IV.</hi> Th. S. 37. folg.</note>. Die <hi rendition="#fr">Sachen</hi>, wenn wir ſie den Perſonen<lb/> entgegen ſetzen, laſſen ſich in zwey Hauptklaſſen einthei-<lb/> len. Es ſind entweder <hi rendition="#g">Handlungen der Menſchen</hi><lb/><hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">Facta</hi>),</hi> in ſo weit dieſe als Sachen betrachtet werden,<lb/> oder es ſind <hi rendition="#g">eigentlich ſo genannte Sachen</hi>, d.<lb/> i. was man, nach der gewoͤhnlichen Art zu reden, <hi rendition="#fr">Sa-<lb/> chen</hi> nennt, da man naͤmlich die Sachen den <hi rendition="#aq">Factis</hi> ent-<lb/> gegen ſetzt. Es fragt ſich nun, wie menſchliche Hand-<lb/> lungen, als Sachen, betrachtet werden koͤnnen? Die<lb/> Antwort iſt: <hi rendition="#g">Wenn wir die <hi rendition="#aq">Facta</hi> nur blos aus<lb/> dem Geſichtspunkte anſehen, daß ein Menſch<lb/> durch den Gebrauch ſeiner Leibes- oder Gei-<lb/> ſtes-Kraͤfte dem andern etwas leiſtet, oder<lb/> thut, was zu des andern Nutzen oder Schaden<lb/> gereicht</hi>, ſo betrachten wir die Handlungen eines Men-<lb/> ſchen als Sachen. In dieſer Ruͤckſicht gehoͤrt daher die Ar-<lb/> beit des Holzhauers, der mir mein Holz klein macht, die Ar-<lb/> beit des Schneiders, der mir ein Kleid macht, zu den Sachen;<lb/> denn es ſind Dinge, die ein Menſch dem andern leiſtet.<lb/> Hierher gehoͤren aber auch die unerlaubten Handlungen,<lb/> und Vergehungen, wodurch mir ein anderer Schaden<lb/> thut, welche in unſern Geſetzen ausdruͤcklich <hi rendition="#aq">res</hi> genennt<lb/> <fw place="bottom" type="catch">wer-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [404/0418]
1. Buch. 8. Tit. §. 163.
ſtand eines Rechts ſeyn kann, das heißt hier eine
Sache 8). Die Sachen, wenn wir ſie den Perſonen
entgegen ſetzen, laſſen ſich in zwey Hauptklaſſen einthei-
len. Es ſind entweder Handlungen der Menſchen
(Facta), in ſo weit dieſe als Sachen betrachtet werden,
oder es ſind eigentlich ſo genannte Sachen, d.
i. was man, nach der gewoͤhnlichen Art zu reden, Sa-
chen nennt, da man naͤmlich die Sachen den Factis ent-
gegen ſetzt. Es fragt ſich nun, wie menſchliche Hand-
lungen, als Sachen, betrachtet werden koͤnnen? Die
Antwort iſt: Wenn wir die Facta nur blos aus
dem Geſichtspunkte anſehen, daß ein Menſch
durch den Gebrauch ſeiner Leibes- oder Gei-
ſtes-Kraͤfte dem andern etwas leiſtet, oder
thut, was zu des andern Nutzen oder Schaden
gereicht, ſo betrachten wir die Handlungen eines Men-
ſchen als Sachen. In dieſer Ruͤckſicht gehoͤrt daher die Ar-
beit des Holzhauers, der mir mein Holz klein macht, die Ar-
beit des Schneiders, der mir ein Kleid macht, zu den Sachen;
denn es ſind Dinge, die ein Menſch dem andern leiſtet.
Hierher gehoͤren aber auch die unerlaubten Handlungen,
und Vergehungen, wodurch mir ein anderer Schaden
thut, welche in unſern Geſetzen ausdruͤcklich res genennt
wer-
8) Nach Hrn. Prof. Weſtphal im angef. Buch §. 2. heißt
Sache, alles auf der Erde, ſo fern es ein Verhaͤltniß ge-
gen des Menſchen zeitlichen Vortheil hat. Unſer Autor hin-
gegen ſagt: Dicitur res omne id, quod in bonis eſt vel eſſe
poteſt: und ſo definiren mehrere Rechtsgelehrten eine Sache.
Allein ich habe mir hier die mehr gelaͤuterten Begriffe des
Hrn. von Reinhards in der Sammlung juriſt philoſoph.
u. kritiſcher Aufſaͤtze I. Th. IV. Stuͤck. N. VI. S. 272. u. f.
zu Nutze gemacht. Daß uͤbrigens das Wort res in unſerm
Iure noch mehrere Bedeutungen habe, iſt aus brissonius de
Verbor. Significat. voc. Res zu erſehen. Add. Eichmann
Erklaͤrungen des buͤrgerl. Rechts IV. Th. S. 37. folg.
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