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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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De adoptionibus, emancipationibus etc.
aber der geistliche Stand 88) auch nicht die Doktorwürde 89)
von der väterlichen Gewalt befreyen. Allein mir scheint
diejenige Meinung die richtigste zu seyn 90), welche an-
nimmt, daß heutiges Tages Würden und Aemter an sich
von der väterlichen Gewalt nicht befreyen, sondern nur
eine Veranlassung dazu geben können, wenn nämlich der
Sohn, welcher ein öffentliches Amt erhalten, sich von
dem Vater trennt, und seine eigene Haushaltung anstellt.
Es ist daher unnütz zu untersuchen, welche heutiges Ta-
ges übliche Würden und Aemter mit denenjenigen, welchen
Justinian jene mehr gedachte Prärogativ beygelegt hatte,
zu vergleichen seyen?

5) Werde, sagt unser Verf., die väterliche Gewalt
durch eine sogenannte Usurpation verlohren. Allein
dies läßt sich mit den Begrif einer Ursurpation nicht ver-
einbaren. Usurpation 91) ist, wie ich mir selbige vor-
stelle, die Anmassung und Ausübung eines dem andern

zustehen-
Diss. 2. §. 9. die Regel: Eine jede heutige Würde, die mit
denjenigen Dignitäten, so nach dem röm. Rechte von väter-
licher Gewalt befreyen, übereinkommt und damit verglichen
werden kann, habe auch noch heutiges Tages die nämliche
Wirkung.
88) lauterbach Colleg. pr. Pandect. h. t. §. XXVII.
89) lauterbach c. l. §. 26. harpprecht in Comm. ad In-
stitut tit. quib. mod. ius p. p. solvit. §. 4. kaestner Progr.
an doctoralis dignitas liberet a patria potestate? Lipsiae
1723.
90) de selchow in Element. iuris germ. privati hod. §. 500.
not
. 3. Höpfner im Commentar über die Institutionen
§. 163. Eichmann in den Erklärungen des bürgerl. Rechts
3. Th. S. 388. und L. G. madihn Princip. I. Rom. P. V. §. 20.
91) In der Lehre von der Usucapion hat das Wort usur-
patio
eine andere Bedeutung, wie Paulus L. 2. D. de
usurpat. et usucapionib
.
lehrt.
Y 3

De adoptionibus, emancipationibus etc.
aber der geiſtliche Stand 88) auch nicht die Doktorwuͤrde 89)
von der vaͤterlichen Gewalt befreyen. Allein mir ſcheint
diejenige Meinung die richtigſte zu ſeyn 90), welche an-
nimmt, daß heutiges Tages Wuͤrden und Aemter an ſich
von der vaͤterlichen Gewalt nicht befreyen, ſondern nur
eine Veranlaſſung dazu geben koͤnnen, wenn naͤmlich der
Sohn, welcher ein oͤffentliches Amt erhalten, ſich von
dem Vater trennt, und ſeine eigene Haushaltung anſtellt.
Es iſt daher unnuͤtz zu unterſuchen, welche heutiges Ta-
ges uͤbliche Wuͤrden und Aemter mit denenjenigen, welchen
Juſtinian jene mehr gedachte Praͤrogativ beygelegt hatte,
zu vergleichen ſeyen?

5) Werde, ſagt unſer Verf., die vaͤterliche Gewalt
durch eine ſogenannte Uſurpation verlohren. Allein
dies laͤßt ſich mit den Begrif einer Urſurpation nicht ver-
einbaren. Uſurpation 91) iſt, wie ich mir ſelbige vor-
ſtelle, die Anmaſſung und Ausuͤbung eines dem andern

zuſtehen-
Diſſ. 2. §. 9. die Regel: Eine jede heutige Wuͤrde, die mit
denjenigen Dignitaͤten, ſo nach dem roͤm. Rechte von vaͤter-
licher Gewalt befreyen, uͤbereinkommt und damit verglichen
werden kann, habe auch noch heutiges Tages die naͤmliche
Wirkung.
88) lauterbach Colleg. pr. Pandect. h. t. §. XXVII.
89) lauterbach c. l. §. 26. harpprecht in Comm. ad In-
ſtitut tit. quib. mod. ius p. p. ſolvit. §. 4. kaestner Progr.
an doctoralis dignitas liberet a patria poteſtate? Lipſiae
1723.
90) de selchow in Element. iuris germ. privati hod. §. 500.
not
. 3. Hoͤpfner im Commentar uͤber die Inſtitutionen
§. 163. Eichmann in den Erklaͤrungen des buͤrgerl. Rechts
3. Th. S. 388. und L. G. madihn Princip. I. Rom. P. V. §. 20.
91) In der Lehre von der Uſucapion hat das Wort usur-
patio
eine andere Bedeutung, wie Paulus L. 2. D. de
uſurpat. et uſucapionib
.
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[341/0355] De adoptionibus, emancipationibus etc. aber der geiſtliche Stand 88) auch nicht die Doktorwuͤrde 89) von der vaͤterlichen Gewalt befreyen. Allein mir ſcheint diejenige Meinung die richtigſte zu ſeyn 90), welche an- nimmt, daß heutiges Tages Wuͤrden und Aemter an ſich von der vaͤterlichen Gewalt nicht befreyen, ſondern nur eine Veranlaſſung dazu geben koͤnnen, wenn naͤmlich der Sohn, welcher ein oͤffentliches Amt erhalten, ſich von dem Vater trennt, und ſeine eigene Haushaltung anſtellt. Es iſt daher unnuͤtz zu unterſuchen, welche heutiges Ta- ges uͤbliche Wuͤrden und Aemter mit denenjenigen, welchen Juſtinian jene mehr gedachte Praͤrogativ beygelegt hatte, zu vergleichen ſeyen? 5) Werde, ſagt unſer Verf., die vaͤterliche Gewalt durch eine ſogenannte Uſurpation verlohren. Allein dies laͤßt ſich mit den Begrif einer Urſurpation nicht ver- einbaren. Uſurpation 91) iſt, wie ich mir ſelbige vor- ſtelle, die Anmaſſung und Ausuͤbung eines dem andern zuſtehen- 87) 88) lauterbach Colleg. pr. Pandect. h. t. §. XXVII. 89) lauterbach c. l. §. 26. harpprecht in Comm. ad In- ſtitut tit. quib. mod. ius p. p. ſolvit. §. 4. kaestner Progr. an doctoralis dignitas liberet a patria poteſtate? Lipſiae 1723. 90) de selchow in Element. iuris germ. privati hod. §. 500. not. 3. Hoͤpfner im Commentar uͤber die Inſtitutionen §. 163. Eichmann in den Erklaͤrungen des buͤrgerl. Rechts 3. Th. S. 388. und L. G. madihn Princip. I. Rom. P. V. §. 20. 91) In der Lehre von der Uſucapion hat das Wort usur- patio eine andere Bedeutung, wie Paulus L. 2. D. de uſurpat. et uſucapionib. lehrt. 87) Diſſ. 2. §. 9. die Regel: Eine jede heutige Wuͤrde, die mit denjenigen Dignitaͤten, ſo nach dem roͤm. Rechte von vaͤter- licher Gewalt befreyen, uͤbereinkommt und damit verglichen werden kann, habe auch noch heutiges Tages die naͤmliche Wirkung. Y 3

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/355>, abgerufen am 22.11.2024.