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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 6. Tit. §. 145.
serte iusserit, nur setze man hinzu: modo liberis iam na-
tis legitima salva maneat.

§. 145.
b) Wirkungen der Legitimation nach teutschen Rechten.

Ausser den angeführten Wirkungen hat die Legitima-
tion auf Seiten der unehelichen Kinder in Teutschland
auch noch diese Wirkung, daß sie durch Ehelichmachung
von aller Anrüchtigkeit, die ihnen von ihrer unehelichen
Geburt anklebt, befreyet werden, und daher der Regel
nach auf alle bürgerliche Rechte im Staat Anspruch ma-
chen können. Diese Wirkung konnte bey den Römern
darum nicht statt finden, weil uneheliche Kinder der bür-
gerlichen Rechte bey ihnen an sich schon nicht verlustig
waren. (§. 116.) Allein die Teutschen dachten hierin
anders. Sie hielten dafür, daß die uneheliche Geburt
einen Schandfleck mache, und daher ein uneheliches Kind
eine Art von Verachtung und Geringschätzung verdiene,
weshalb es unwürdig sey, in Zünfte, Handwerke und an-
dere ehrliche Collegien aufgenommen zu werden. Um die-
sen Flecken der unehelichen Geburt zu tilgen haben daher
die Teutschen eine eigene Art der Legitimation eingeführt,
welche sonst weiter keine Rechte, also weder dem Vater
die väterliche Gewalt, noch dem legitimirten Kinde die
Familienrechte giebt, sondern dasselbe nur blos in Absicht
auf den Staat zu Erlangung bürgerlicher Rechte legitim
und fähig macht. Man nennt daher diese Art der Legiti-
mation die teutsche, oder unvollkommene, zum
Unterschied der römischen oder vollkommenen,
welche den legitimirten Kindern alle Rechte der ehelich-
gebohrnen mittheilt. Wir bemerken dabey, daß diejenige
Legitimation, welche durch die Ehe geschiehet, ihrer Na-

tur

1. Buch. 6. Tit. §. 145.
ſerte iuſſerit, nur ſetze man hinzu: modo liberis iam na-
tis legitima ſalva maneat.

§. 145.
b) Wirkungen der Legitimation nach teutſchen Rechten.

Auſſer den angefuͤhrten Wirkungen hat die Legitima-
tion auf Seiten der unehelichen Kinder in Teutſchland
auch noch dieſe Wirkung, daß ſie durch Ehelichmachung
von aller Anruͤchtigkeit, die ihnen von ihrer unehelichen
Geburt anklebt, befreyet werden, und daher der Regel
nach auf alle buͤrgerliche Rechte im Staat Anſpruch ma-
chen koͤnnen. Dieſe Wirkung konnte bey den Roͤmern
darum nicht ſtatt finden, weil uneheliche Kinder der buͤr-
gerlichen Rechte bey ihnen an ſich ſchon nicht verluſtig
waren. (§. 116.) Allein die Teutſchen dachten hierin
anders. Sie hielten dafuͤr, daß die uneheliche Geburt
einen Schandfleck mache, und daher ein uneheliches Kind
eine Art von Verachtung und Geringſchaͤtzung verdiene,
weshalb es unwuͤrdig ſey, in Zuͤnfte, Handwerke und an-
dere ehrliche Collegien aufgenommen zu werden. Um die-
ſen Flecken der unehelichen Geburt zu tilgen haben daher
die Teutſchen eine eigene Art der Legitimation eingefuͤhrt,
welche ſonſt weiter keine Rechte, alſo weder dem Vater
die vaͤterliche Gewalt, noch dem legitimirten Kinde die
Familienrechte giebt, ſondern daſſelbe nur blos in Abſicht
auf den Staat zu Erlangung buͤrgerlicher Rechte legitim
und faͤhig macht. Man nennt daher dieſe Art der Legiti-
mation die teutſche, oder unvollkommene, zum
Unterſchied der roͤmiſchen oder vollkommenen,
welche den legitimirten Kindern alle Rechte der ehelich-
gebohrnen mittheilt. Wir bemerken dabey, daß diejenige
Legitimation, welche durch die Ehe geſchiehet, ihrer Na-

tur
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[276/0290] 1. Buch. 6. Tit. §. 145. ſerte iuſſerit, nur ſetze man hinzu: modo liberis iam na- tis legitima ſalva maneat. §. 145. b) Wirkungen der Legitimation nach teutſchen Rechten. Auſſer den angefuͤhrten Wirkungen hat die Legitima- tion auf Seiten der unehelichen Kinder in Teutſchland auch noch dieſe Wirkung, daß ſie durch Ehelichmachung von aller Anruͤchtigkeit, die ihnen von ihrer unehelichen Geburt anklebt, befreyet werden, und daher der Regel nach auf alle buͤrgerliche Rechte im Staat Anſpruch ma- chen koͤnnen. Dieſe Wirkung konnte bey den Roͤmern darum nicht ſtatt finden, weil uneheliche Kinder der buͤr- gerlichen Rechte bey ihnen an ſich ſchon nicht verluſtig waren. (§. 116.) Allein die Teutſchen dachten hierin anders. Sie hielten dafuͤr, daß die uneheliche Geburt einen Schandfleck mache, und daher ein uneheliches Kind eine Art von Verachtung und Geringſchaͤtzung verdiene, weshalb es unwuͤrdig ſey, in Zuͤnfte, Handwerke und an- dere ehrliche Collegien aufgenommen zu werden. Um die- ſen Flecken der unehelichen Geburt zu tilgen haben daher die Teutſchen eine eigene Art der Legitimation eingefuͤhrt, welche ſonſt weiter keine Rechte, alſo weder dem Vater die vaͤterliche Gewalt, noch dem legitimirten Kinde die Familienrechte giebt, ſondern daſſelbe nur blos in Abſicht auf den Staat zu Erlangung buͤrgerlicher Rechte legitim und faͤhig macht. Man nennt daher dieſe Art der Legiti- mation die teutſche, oder unvollkommene, zum Unterſchied der roͤmiſchen oder vollkommenen, welche den legitimirten Kindern alle Rechte der ehelich- gebohrnen mittheilt. Wir bemerken dabey, daß diejenige Legitimation, welche durch die Ehe geſchiehet, ihrer Na- tur

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/290>, abgerufen am 24.11.2024.