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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 6. Tit. §. 143.
dieses auch seinen guten Grund. Denn da der Con-
cubinat zu den Zeiten der Kaiser der Ehe so ähnlich
war, daß man ihn schwer davon unterscheiden konnte,
so war ein evidentes Zeichen unumgänglich nöthig, um
den Concubinat in eine rechtmäßige Ehe zu verwandeln.
Hierzu schickten sich nun die instrumenta dotalia am be-
sten, weil man die dos schon immer als ein ächtes Kenn-
zeichen einer rechtmäßigen Ehe angesehen hatte 97). Heu-
tiges Tages finden jedoch in Ansehung der Legitimation
durch die nachfolgende Ehe mancherley Abweichungen
vom römischen Recht statt. Denn erstens wird zu dieser
Art der Legitimation nach canonischen und heutigen Rechten
nicht mehr erfordert, daß man mit der Person gerade
im Concubinat gelebet haben müsse, die man ehelichen
will, sondern es findet dieselbe heutiges Tages überhaupt
statt, wenn Jemand die Person, mit der er im uneheli-
chen Beyschlaf, es sey im Stuprum, oder Ehebruch, oder
Incest Kinder erzeugt hat, auf eine rechtmäßige Art hey,
rathet. Es muß nur also eine rechtmäßige Ehe unter
den Eltern möglich seyn 98), und diese wirklich erfolgen.
Ist dieses, so kommt auf die Zeit, zu welcher die Ehe
geschlossen wird, nichts an, wenn sie auch zur Zeit einer
tödlichen Krankheit, ja auf dem Sterbebette erst erfolgen

soll-
97) plautus in Trinummo Act. III. Scen. 2. v. 62. sqq. sue-
tonius
in vita Claudii c. 26. et.
29. Daher wird sogar die
dos oft für nuptiae selbst in unsern Gesetzen gebraucht. §. 2.
I. de hered. quae ab intest. defer. Man vergleiche auch hei-
neccius
in Commentar. ad L. Iul. et Pap. Popp. Lib. II. c. 13.
pag. 255. wiesand in Opuscul. Spec. VI. n.
2. und ge-
bauer
Exc. IV. §. 4. in fin.
98) Rud. Christ. henne Diss. de legitimatione liberorum pe-
subsequens matrimonium. Erf.
1754. §. 10. ff. hofaker
Princip. iur. civ. Rom. germ. T. I.
§. 594.

1. Buch. 6. Tit. §. 143.
dieſes auch ſeinen guten Grund. Denn da der Con-
cubinat zu den Zeiten der Kaiſer der Ehe ſo aͤhnlich
war, daß man ihn ſchwer davon unterſcheiden konnte,
ſo war ein evidentes Zeichen unumgaͤnglich noͤthig, um
den Concubinat in eine rechtmaͤßige Ehe zu verwandeln.
Hierzu ſchickten ſich nun die inſtrumenta dotalia am be-
ſten, weil man die dos ſchon immer als ein aͤchtes Kenn-
zeichen einer rechtmaͤßigen Ehe angeſehen hatte 97). Heu-
tiges Tages finden jedoch in Anſehung der Legitimation
durch die nachfolgende Ehe mancherley Abweichungen
vom roͤmiſchen Recht ſtatt. Denn erſtens wird zu dieſer
Art der Legitimation nach canoniſchen und heutigen Rechten
nicht mehr erfordert, daß man mit der Perſon gerade
im Concubinat gelebet haben muͤſſe, die man ehelichen
will, ſondern es findet dieſelbe heutiges Tages uͤberhaupt
ſtatt, wenn Jemand die Perſon, mit der er im uneheli-
chen Beyſchlaf, es ſey im Stuprum, oder Ehebruch, oder
Inceſt Kinder erzeugt hat, auf eine rechtmaͤßige Art hey,
rathet. Es muß nur alſo eine rechtmaͤßige Ehe unter
den Eltern moͤglich ſeyn 98), und dieſe wirklich erfolgen.
Iſt dieſes, ſo kommt auf die Zeit, zu welcher die Ehe
geſchloſſen wird, nichts an, wenn ſie auch zur Zeit einer
toͤdlichen Krankheit, ja auf dem Sterbebette erſt erfolgen

ſoll-
97) plautus in Trinummo Act. III. Scen. 2. v. 62. ſqq. sue-
tonius
in vita Claudii c. 26. et.
29. Daher wird ſogar die
dos oft fuͤr nuptiae ſelbſt in unſern Geſetzen gebraucht. §. 2.
I. de hered. quae ab inteſt. defer. Man vergleiche auch hei-
neccius
in Commentar. ad L. Iul. et Pap. Popp. Lib. II. c. 13.
pag. 255. wiesand in Opuſcul. Spec. VI. n.
2. und ge-
bauer
Exc. IV. §. 4. in fin.
98) Rud. Chriſt. henne Diſſ. de legitimatione liberorum pe-
ſubſequens matrimonium. Erf.
1754. §. 10. ff. hofaker
Princip. iur. civ. Rom. germ. T. I.
§. 594.
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[262/0276] 1. Buch. 6. Tit. §. 143. dieſes auch ſeinen guten Grund. Denn da der Con- cubinat zu den Zeiten der Kaiſer der Ehe ſo aͤhnlich war, daß man ihn ſchwer davon unterſcheiden konnte, ſo war ein evidentes Zeichen unumgaͤnglich noͤthig, um den Concubinat in eine rechtmaͤßige Ehe zu verwandeln. Hierzu ſchickten ſich nun die inſtrumenta dotalia am be- ſten, weil man die dos ſchon immer als ein aͤchtes Kenn- zeichen einer rechtmaͤßigen Ehe angeſehen hatte 97). Heu- tiges Tages finden jedoch in Anſehung der Legitimation durch die nachfolgende Ehe mancherley Abweichungen vom roͤmiſchen Recht ſtatt. Denn erſtens wird zu dieſer Art der Legitimation nach canoniſchen und heutigen Rechten nicht mehr erfordert, daß man mit der Perſon gerade im Concubinat gelebet haben muͤſſe, die man ehelichen will, ſondern es findet dieſelbe heutiges Tages uͤberhaupt ſtatt, wenn Jemand die Perſon, mit der er im uneheli- chen Beyſchlaf, es ſey im Stuprum, oder Ehebruch, oder Inceſt Kinder erzeugt hat, auf eine rechtmaͤßige Art hey, rathet. Es muß nur alſo eine rechtmaͤßige Ehe unter den Eltern moͤglich ſeyn 98), und dieſe wirklich erfolgen. Iſt dieſes, ſo kommt auf die Zeit, zu welcher die Ehe geſchloſſen wird, nichts an, wenn ſie auch zur Zeit einer toͤdlichen Krankheit, ja auf dem Sterbebette erſt erfolgen ſoll- 97) plautus in Trinummo Act. III. Scen. 2. v. 62. ſqq. sue- tonius in vita Claudii c. 26. et. 29. Daher wird ſogar die dos oft fuͤr nuptiae ſelbſt in unſern Geſetzen gebraucht. §. 2. I. de hered. quae ab inteſt. defer. Man vergleiche auch hei- neccius in Commentar. ad L. Iul. et Pap. Popp. Lib. II. c. 13. pag. 255. wiesand in Opuſcul. Spec. VI. n. 2. und ge- bauer Exc. IV. §. 4. in fin. 98) Rud. Chriſt. henne Diſſ. de legitimatione liberorum pe- ſubſequens matrimonium. Erf. 1754. §. 10. ff. hofaker Princip. iur. civ. Rom. germ. T. I. §. 594.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/276>, abgerufen am 23.11.2024.