Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.1. Buch. 6. Tit. §. 130. fen 74), wenn nicht etwa die Bosheit bey ih-nen das Alter erfüllen möchte 75). In An- sehung erlaubter Handlungen aber, wenn von deren Ver- bindlichkeit die Rede ist, hat es zwar keinen Zweifel, daß ein solcher Unmündiger mit Zuziehung seines Vormun- des alle verbindliche Geschäfte gültig eingehen könne; befindet sich indessen derselbe noch in väterlicher Gewalt, so kann er nach römischen Rechten nicht verbindlich ge- macht werden, wenn gleich der Vater das Geschäft ge- nehmiget 76). Es stimmen jedoch die heutigen Rechts- lehrer darin überein, daß heutiges Tages dieser Unter- schied nicht statt finde, sondern die Einwilligung des Va- ters bey den rechtlichen Geschäften eines Unmündigen eben 74) Peinl. Gerichtsordn. Art. 164. 75) Nach der sehr richtigen Erklärung des sel. Hofr. Meisters in den rechtl. Erkenntnissen und Gutachten in peinlichen Fäl- len 1. Th. Decis. VI. n. 21. ist eine das Alter erfül- lende Bosheit weder aus der Größe oder Wiederholung des Verbrechens, noch des dadurch gestifteten Schadens allein zu beurtheilen, weil auch große Vergehungen leicht aus einem der unbesonnenen Jugend so natürlichen Mangel der Ueber- legung, und dem Leichtsinne erfolgen können: sondern es ist vielmehr eine solche Bosheit, die das Alter erfüllt, sodann vorhanden, wenn ein solcher junger Mensch die Größe seiner vorhabenden Missethat mit ihren Folgen genugsam ein- zusehen im Stande gewesen, und wirklich eingesehen, und dennoch die Bewegungsgründe, welche ihn davon hätten ab- halten sollen, muthwillig aus den Augen gesetzet; imgleichen wenn er das Verbrechen mit einer solchen Arglist und Schlauig- keit, die einen geübten Verstand, und bedachtsame Ueberlegung voraussetzet, ins Werk gerichtet hat. S. auch boehmer ad Carpzovium P. 3. Quaest. 143. Obs. 2. kress in Com- mentar. ad Art 164. not. 4. 76) §. 10. I. de inutil. stipulat. -- Sed qui in potestate pa-
rentis est impubes, ne auctore quidem patre obligatur, add. L. 141 §. 2. D. de Verb. Oblig. 1. Buch. 6. Tit. §. 130. fen 74), wenn nicht etwa die Bosheit bey ih-nen das Alter erfuͤllen moͤchte 75). In An- ſehung erlaubter Handlungen aber, wenn von deren Ver- bindlichkeit die Rede iſt, hat es zwar keinen Zweifel, daß ein ſolcher Unmuͤndiger mit Zuziehung ſeines Vormun- des alle verbindliche Geſchaͤfte guͤltig eingehen koͤnne; befindet ſich indeſſen derſelbe noch in vaͤterlicher Gewalt, ſo kann er nach roͤmiſchen Rechten nicht verbindlich ge- macht werden, wenn gleich der Vater das Geſchaͤft ge- nehmiget 76). Es ſtimmen jedoch die heutigen Rechts- lehrer darin uͤberein, daß heutiges Tages dieſer Unter- ſchied nicht ſtatt finde, ſondern die Einwilligung des Va- ters bey den rechtlichen Geſchaͤften eines Unmuͤndigen eben 74) Peinl. Gerichtsordn. Art. 164. 75) Nach der ſehr richtigen Erklaͤrung des ſel. Hofr. Meiſters in den rechtl. Erkenntniſſen und Gutachten in peinlichen Faͤl- len 1. Th. Deciſ. VI. n. 21. iſt eine das Alter erfuͤl- lende Bosheit weder aus der Groͤße oder Wiederholung des Verbrechens, noch des dadurch geſtifteten Schadens allein zu beurtheilen, weil auch große Vergehungen leicht aus einem der unbeſonnenen Jugend ſo natuͤrlichen Mangel der Ueber- legung, und dem Leichtſinne erfolgen koͤnnen: ſondern es iſt vielmehr eine ſolche Bosheit, die das Alter erfuͤllt, ſodann vorhanden, wenn ein ſolcher junger Menſch die Groͤße ſeiner vorhabenden Miſſethat mit ihren Folgen genugſam ein- zuſehen im Stande geweſen, und wirklich eingeſehen, und dennoch die Bewegungsgruͤnde, welche ihn davon haͤtten ab- halten ſollen, muthwillig aus den Augen geſetzet; imgleichen wenn er das Verbrechen mit einer ſolchen Argliſt und Schlauig- keit, die einen geuͤbten Verſtand, und bedachtſame Ueberlegung vorausſetzet, ins Werk gerichtet hat. S. auch boehmer ad Carpzovium P. 3. Quaeſt. 143. Obſ. 2. kress in Com- mentar. ad Art 164. not. 4. 76) §. 10. I. de inutil. ſtipulat. — Sed qui in poteſtate pa-
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ſehung erlaubter Handlungen aber, wenn von deren Ver-
bindlichkeit die Rede iſt, hat es zwar keinen Zweifel, daß
ein ſolcher Unmuͤndiger mit Zuziehung ſeines Vormun-
des alle verbindliche Geſchaͤfte guͤltig eingehen koͤnne;
befindet ſich indeſſen derſelbe noch in vaͤterlicher Gewalt,
ſo kann er nach roͤmiſchen Rechten nicht verbindlich ge-
macht werden, wenn gleich der Vater das Geſchaͤft ge-
nehmiget 76). Es ſtimmen jedoch die heutigen Rechts-
lehrer darin uͤberein, daß heutiges Tages dieſer Unter-
ſchied nicht ſtatt finde, ſondern die Einwilligung des Va-
ters bey den rechtlichen Geſchaͤften eines Unmuͤndigen
eben
74) Peinl. Gerichtsordn. Art. 164.
75) Nach der ſehr richtigen Erklaͤrung des ſel. Hofr. Meiſters
in den rechtl. Erkenntniſſen und Gutachten in peinlichen Faͤl-
len 1. Th. Deciſ. VI. n. 21. iſt eine das Alter erfuͤl-
lende Bosheit weder aus der Groͤße oder Wiederholung
des Verbrechens, noch des dadurch geſtifteten Schadens allein
zu beurtheilen, weil auch große Vergehungen leicht aus einem
der unbeſonnenen Jugend ſo natuͤrlichen Mangel der Ueber-
legung, und dem Leichtſinne erfolgen koͤnnen: ſondern es iſt
vielmehr eine ſolche Bosheit, die das Alter erfuͤllt,
ſodann vorhanden, wenn ein ſolcher junger Menſch die Groͤße
ſeiner vorhabenden Miſſethat mit ihren Folgen genugſam ein-
zuſehen im Stande geweſen, und wirklich eingeſehen, und
dennoch die Bewegungsgruͤnde, welche ihn davon haͤtten ab-
halten ſollen, muthwillig aus den Augen geſetzet; imgleichen
wenn er das Verbrechen mit einer ſolchen Argliſt und Schlauig-
keit, die einen geuͤbten Verſtand, und bedachtſame Ueberlegung
vorausſetzet, ins Werk gerichtet hat. S. auch boehmer
ad Carpzovium P. 3. Quaeſt. 143. Obſ. 2. kress in Com-
mentar. ad Art 164. not. 4.
76) §. 10. I. de inutil. ſtipulat. — Sed qui in poteſtate pa-
rentis eſt impubes, ne auctore quidem patre obligatur, add.
L. 141 §. 2. D. de Verb. Oblig.
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