Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.1. Buch. 5. Tit. §. 119. Ulpian 88), servi pro nullis habentur. Sie konnten da-her keine öffentlichen Aemter bekleiden 89), aus ihren Con- tracten hatte keine bürgerliche Klage statt, weder sie selbst konnten klagen, noch von andern vor Gericht belangt werden. Kurz, in Absicht auf den Staat waren sie keine Personen, weil sie kein bürgerliches Leben (caput) hatten, welches die Römer in dem Genuß der Rechte der Freyheit, der Bür- gerrechte, und der Familienrechte setzten. Sie waren al- so gleichsam bürgerlich tod 90). Man betrachtete sie in dieser Rücksicht nur als Sachen, die zum Nutzen und Gebrauch der Menschen wären. Der Sclave hatte daher kein Eigenthum, setzte ihn jemand zum Erben ein, so gehörte die Erbschaft dem Herrn. Er hatte eben deswe- gen auch kein ius testamentifactionis, war im Commerz, sein Herr konnte ihn verkaufen, einem andern in Testa- ment vermachen, verschenken, verpfänden u. d. 91). Je- doch darf der Unterschied zwischen öffentlichen Scla- ven (Servi publici populi Romani) die zum Eigen- thum des gesammten Staats gehörten, und privat Sclaven nicht aus der Acht gelassen werden 92). Oef- fent- 88) L. 32. D. de Reg. Iur. 89) Hatte ein Sclave durch Irrthum oder Betrug, wie jener Flüchtling Barbarius Philippus beym Ulpian in L. 3. de off. Praetor. ein öffentliches Amt erschlichen, so än- derte dies seinen Zustand nicht, L. 11. C. de lib. caus. ob- gleich dessen Handlungen, die er während seines Amts unter öffentlicher Auctorität verrichtet, um des gemeinen Bestens willen, nicht rescindirt wurden, L. 3. cit. L. 2. C. de sen- tent ct interlocut omnium Iud. Man vergleiche August. cam- piani de officio et potestate Magistratuum Rom. et iurisdi- ctione (Augustae Taurinor 1724. 4.) pag. 225--231. 90) L. 209. D. de Reg Iur. 91) S. Laur. pignorius Comm. de Servis et eorum apud veteres ministeriis. Amstelod. 1674. 92) D' arnaud cit. Dissertat. cap. XIV.
1. Buch. 5. Tit. §. 119. Ulpian 88), ſervi pro nullis habentur. Sie konnten da-her keine oͤffentlichen Aemter bekleiden 89), aus ihren Con- tracten hatte keine buͤrgerliche Klage ſtatt, weder ſie ſelbſt konnten klagen, noch von andern vor Gericht belangt werden. Kurz, in Abſicht auf den Staat waren ſie keine Perſonen, weil ſie kein buͤrgerliches Leben (caput) hatten, welches die Roͤmer in dem Genuß der Rechte der Freyheit, der Buͤr- gerrechte, und der Familienrechte ſetzten. Sie waren al- ſo gleichſam buͤrgerlich tod 90). Man betrachtete ſie in dieſer Ruͤckſicht nur als Sachen, die zum Nutzen und Gebrauch der Menſchen waͤren. Der Sclave hatte daher kein Eigenthum, ſetzte ihn jemand zum Erben ein, ſo gehoͤrte die Erbſchaft dem Herrn. Er hatte eben deswe- gen auch kein ius teſtamentifactionis, war im Commerz, ſein Herr konnte ihn verkaufen, einem andern in Teſta- ment vermachen, verſchenken, verpfaͤnden u. d. 91). Je- doch darf der Unterſchied zwiſchen oͤffentlichen Scla- ven (Servi publici populi Romani) die zum Eigen- thum des geſammten Staats gehoͤrten, und privat Sclaven nicht aus der Acht gelaſſen werden 92). Oef- fent- 88) L. 32. D. de Reg. Iur. 89) Hatte ein Sclave durch Irrthum oder Betrug, wie jener Fluͤchtling Barbarius Philippus beym Ulpian in L. 3. de off. Praetor. ein oͤffentliches Amt erſchlichen, ſo aͤn- derte dies ſeinen Zuſtand nicht, L. 11. C. de lib. cauſ. ob- gleich deſſen Handlungen, die er waͤhrend ſeines Amts unter oͤffentlicher Auctoritaͤt verrichtet, um des gemeinen Beſtens willen, nicht reſcindirt wurden, L. 3. cit. L. 2. C. de ſen- tent ct interlocut omnium Iud. Man vergleiche Auguſt. cam- piani de officio et poteſtate Magiſtratuum Rom. et iurisdi- ctione (Auguſtae Taurinor 1724. 4.) pag. 225—231. 90) L. 209. D. de Reg Iur. 91) S. Laur. pignorius Comm. de Servis et eorum apud veteres miniſteriis. Amſtelod. 1674. 92) D’ arnaud cit. Diſſertat. cap. XIV.
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1. Buch. 5. Tit. §. 119.
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her keine oͤffentlichen Aemter bekleiden 89), aus ihren Con-
tracten hatte keine buͤrgerliche Klage ſtatt, weder ſie ſelbſt
konnten klagen, noch von andern vor Gericht belangt werden.
Kurz, in Abſicht auf den Staat waren ſie keine Perſonen,
weil ſie kein buͤrgerliches Leben (caput) hatten, welches die
Roͤmer in dem Genuß der Rechte der Freyheit, der Buͤr-
gerrechte, und der Familienrechte ſetzten. Sie waren al-
ſo gleichſam buͤrgerlich tod 90). Man betrachtete ſie in
dieſer Ruͤckſicht nur als Sachen, die zum Nutzen und
Gebrauch der Menſchen waͤren. Der Sclave hatte daher
kein Eigenthum, ſetzte ihn jemand zum Erben ein, ſo
gehoͤrte die Erbſchaft dem Herrn. Er hatte eben deswe-
gen auch kein ius teſtamentifactionis, war im Commerz,
ſein Herr konnte ihn verkaufen, einem andern in Teſta-
ment vermachen, verſchenken, verpfaͤnden u. d. 91). Je-
doch darf der Unterſchied zwiſchen oͤffentlichen Scla-
ven (Servi publici populi Romani) die zum Eigen-
thum des geſammten Staats gehoͤrten, und privat
Sclaven nicht aus der Acht gelaſſen werden 92). Oef-
fent-
88) L. 32. D. de Reg. Iur.
89) Hatte ein Sclave durch Irrthum oder Betrug, wie jener
Fluͤchtling Barbarius Philippus beym Ulpian in
L. 3. de off. Praetor. ein oͤffentliches Amt erſchlichen, ſo aͤn-
derte dies ſeinen Zuſtand nicht, L. 11. C. de lib. cauſ. ob-
gleich deſſen Handlungen, die er waͤhrend ſeines Amts unter
oͤffentlicher Auctoritaͤt verrichtet, um des gemeinen Beſtens
willen, nicht reſcindirt wurden, L. 3. cit. L. 2. C. de ſen-
tent ct interlocut omnium Iud. Man vergleiche Auguſt. cam-
piani de officio et poteſtate Magiſtratuum Rom. et iurisdi-
ctione (Auguſtae Taurinor 1724. 4.) pag. 225—231.
90) L. 209. D. de Reg Iur.
91) S. Laur. pignorius Comm. de Servis et eorum apud
veteres miniſteriis. Amſtelod. 1674.
92) D’ arnaud cit. Diſſertat. cap. XIV.
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