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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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de Statu Hominum.
ne 67). Hieraus erhellet also, daß man bey rechtlicher
Beurtheilung der Rechtmäsigkeit eines Kindes
auf zweyerley zu sehen habe; I) auf den Zeitpunkt
der Geburt
, und II) auf die Beschaffenheit des
Kindes
, nämlich ob das Kind reif oder unreif sey 68)?
Der eine Umstand darf schlechterdings von dem andern
nicht getrennet werden, wenn nicht gegen die Absicht der
Gesetze gehandelt, und offenbare Ungerechtigkeit veranlas-
set werden soll 69). Denn es würde sonst oft einem Mann
ein unrechtmäsiges Kind aufgedrungen werden, wenn
man den Ausspruch jenes Gesetzes: septimestris est legitimus,
so schlechthin ohne weitere Einschränkung anwenden dürfte;
und wenn gleich das Gesetz nach der Lehre des Hippocra-
tes ein siebenmonatliches Kind, als ein vollkommenes
(partum perfectum) annimmt; so kann doch dieses von
einer solchen Vollkommenheit und Reife, dergleichen nur
ein neunmonatliches Kind fähig ist, darum nicht verstan-
den werden, weil eines theils eine solche Erklärung nicht
mit dem Lehrsystem des Hippocrates 70), als welcher
nur von einem lebensfähigen Kinde redet, übereinstim-
men, andern Theils aber den unveränderlichen Gesetzen

der
67) hofacker Princip. iur. civ. Rom. Germ. T. I. §. 544.
S. 428. Struben rechtliche Bedenken V. Th. Bed. 86.
S. 179. Ploucquet über die physische Erfordernisse der
Erbfähigkeit eines Kindes §. 38. u. 39.
68) Ploucquet a. a. O.
69) Ploucquet §. 31.
70) Ich will nur eine Stelle aus Hyppocrates Buche de
septimestri partu cap.
5. hersetzen, woraus man sehen wird,
daß er von keinem vollkommenen reifen Kinde redet. Et su-
pervivunt quidem septimestres,
sagt er, verum pauci etiam ex his
educantur. Neque enim crassitudinem habent, quam perfectissimi

habent,
G 2

de Statu Hominum.
ne 67). Hieraus erhellet alſo, daß man bey rechtlicher
Beurtheilung der Rechtmaͤſigkeit eines Kindes
auf zweyerley zu ſehen habe; I) auf den Zeitpunkt
der Geburt
, und II) auf die Beſchaffenheit des
Kindes
, naͤmlich ob das Kind reif oder unreif ſey 68)?
Der eine Umſtand darf ſchlechterdings von dem andern
nicht getrennet werden, wenn nicht gegen die Abſicht der
Geſetze gehandelt, und offenbare Ungerechtigkeit veranlaſ-
ſet werden ſoll 69). Denn es wuͤrde ſonſt oft einem Mann
ein unrechtmaͤſiges Kind aufgedrungen werden, wenn
man den Ausſpruch jenes Geſetzes: ſeptimeſtris eſt legitimus,
ſo ſchlechthin ohne weitere Einſchraͤnkung anwenden duͤrfte;
und wenn gleich das Geſetz nach der Lehre des Hippocra-
tes ein ſiebenmonatliches Kind, als ein vollkommenes
(partum perfectum) annimmt; ſo kann doch dieſes von
einer ſolchen Vollkommenheit und Reife, dergleichen nur
ein neunmonatliches Kind faͤhig iſt, darum nicht verſtan-
den werden, weil eines theils eine ſolche Erklaͤrung nicht
mit dem Lehrſyſtem des Hippocrates 70), als welcher
nur von einem lebensfaͤhigen Kinde redet, uͤbereinſtim-
men, andern Theils aber den unveraͤnderlichen Geſetzen

der
67) hofacker Princip. iur. civ. Rom. Germ. T. I. §. 544.
S. 428. Struben rechtliche Bedenken V. Th. Bed. 86.
S. 179. Ploucquet uͤber die phyſiſche Erforderniſſe der
Erbfaͤhigkeit eines Kindes §. 38. u. 39.
68) Ploucquet a. a. O.
69) Ploucquet §. 31.
70) Ich will nur eine Stelle aus Hyppocrates Buche de
ſeptimeſtri partu cap.
5. herſetzen, woraus man ſehen wird,
daß er von keinem vollkommenen reifen Kinde redet. Et ſu-
pervivunt quidem ſeptimeſtres,
ſagt er, verum pauci etiam ex his
educantur. Neque enim craſſitudinem habent, quam perfectiſſimi

habent,
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[99/0113] de Statu Hominum. ne 67). Hieraus erhellet alſo, daß man bey rechtlicher Beurtheilung der Rechtmaͤſigkeit eines Kindes auf zweyerley zu ſehen habe; I) auf den Zeitpunkt der Geburt, und II) auf die Beſchaffenheit des Kindes, naͤmlich ob das Kind reif oder unreif ſey 68)? Der eine Umſtand darf ſchlechterdings von dem andern nicht getrennet werden, wenn nicht gegen die Abſicht der Geſetze gehandelt, und offenbare Ungerechtigkeit veranlaſ- ſet werden ſoll 69). Denn es wuͤrde ſonſt oft einem Mann ein unrechtmaͤſiges Kind aufgedrungen werden, wenn man den Ausſpruch jenes Geſetzes: ſeptimeſtris eſt legitimus, ſo ſchlechthin ohne weitere Einſchraͤnkung anwenden duͤrfte; und wenn gleich das Geſetz nach der Lehre des Hippocra- tes ein ſiebenmonatliches Kind, als ein vollkommenes (partum perfectum) annimmt; ſo kann doch dieſes von einer ſolchen Vollkommenheit und Reife, dergleichen nur ein neunmonatliches Kind faͤhig iſt, darum nicht verſtan- den werden, weil eines theils eine ſolche Erklaͤrung nicht mit dem Lehrſyſtem des Hippocrates 70), als welcher nur von einem lebensfaͤhigen Kinde redet, uͤbereinſtim- men, andern Theils aber den unveraͤnderlichen Geſetzen der 67) hofacker Princip. iur. civ. Rom. Germ. T. I. §. 544. S. 428. Struben rechtliche Bedenken V. Th. Bed. 86. S. 179. Ploucquet uͤber die phyſiſche Erforderniſſe der Erbfaͤhigkeit eines Kindes §. 38. u. 39. 68) Ploucquet a. a. O. 69) Ploucquet §. 31. 70) Ich will nur eine Stelle aus Hyppocrates Buche de ſeptimeſtri partu cap. 5. herſetzen, woraus man ſehen wird, daß er von keinem vollkommenen reifen Kinde redet. Et ſu- pervivunt quidem ſeptimeſtres, ſagt er, verum pauci etiam ex his educantur. Neque enim craſſitudinem habent, quam perfectiſſimi habent, G 2

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/113>, abgerufen am 23.11.2024.