Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.1. Buch. 1. Tit. langung eines gewissen Gutes oder durch Abwendung ei-nes gewissen Uebels zu bewirken. Wenigstens haben alle Gesetze diese Vermuthung für sich, daß sie in keiner andern Abficht sind gegeben worden 78). Das höchste Wohl des Staats bestehet also in der genauesten Beob- achtung der Gesetze. Sind nun gleich Unterthanen in dieser Rücksicht schon an sich verpflichtet, denen Ge- setzen ihres Oberherrn Folge zu leisten, und ihre Hand- lungen denenselben gemäß einzurichten, so stehet es doch dem Gesezgeber zu, zweckmäsige Mittel zu gebrauchen, und dadurch die Beobachtung seiner Gesetze desto ge- wisser und unausbleiblicher zu machen 79). Diese Mit- tel werden desto wirksamer seyn, je mehr sie der Ver- suchung, die Geseze zu übertreten, in den Gemüthern der Unterthanen ein Gegengewicht zu geben vermögend sind. Gleichwie nun die Vorstellung des Guten und Bösen, welches eine Handlung zur Folge haben kann, allerdings ein starkes Motiv giebt, wodurch wir zur Be- gehung oder Unterlassung einer solchen Handlung bestim- met werden, so pflegen nun entweder Verheissung gewisser Belohnungen oder Androhung und Zufügung gewisser Uebel die beyden Mittel zu seyn, wodurch Gesezgeber ihren Anordnungen Ansehen und 78) Vortreflich sagt daher cicero in Orat. pro A. Cluen- tio cap. 53. Mens, et animus, et consilium, et senten- tia civitatis, posita est in legibus. Ut corpora nostra sine mente: sic civitas sine lege, suis partibus ut ner- vis, ac sanguine et membris, uti non potest. 79) Von den Mitteln, wodurch die Heiligkeit der Gesetze
gesichert wird, handelt sehr ausführlich und mit dem ge- wöhnlichen Scharfsinn Gustav Bernh. Becmann in Diss. de aequitate privilegii odiosi et potestate imperantis circa illud. Goettingae 1750. §. 8. und folg. 1. Buch. 1. Tit. langung eines gewiſſen Gutes oder durch Abwendung ei-nes gewiſſen Uebels zu bewirken. Wenigſtens haben alle Geſetze dieſe Vermuthung fuͤr ſich, daß ſie in keiner andern Abficht ſind gegeben worden 78). Das hoͤchſte Wohl des Staats beſtehet alſo in der genaueſten Beob- achtung der Geſetze. Sind nun gleich Unterthanen in dieſer Ruͤckſicht ſchon an ſich verpflichtet, denen Ge- ſetzen ihres Oberherrn Folge zu leiſten, und ihre Hand- lungen denenſelben gemaͤß einzurichten, ſo ſtehet es doch dem Geſezgeber zu, zweckmaͤſige Mittel zu gebrauchen, und dadurch die Beobachtung ſeiner Geſetze deſto ge- wiſſer und unausbleiblicher zu machen 79). Dieſe Mit- tel werden deſto wirkſamer ſeyn, je mehr ſie der Ver- ſuchung, die Geſeze zu uͤbertreten, in den Gemuͤthern der Unterthanen ein Gegengewicht zu geben vermoͤgend ſind. Gleichwie nun die Vorſtellung des Guten und Boͤſen, welches eine Handlung zur Folge haben kann, allerdings ein ſtarkes Motiv giebt, wodurch wir zur Be- gehung oder Unterlaſſung einer ſolchen Handlung beſtim- met werden, ſo pflegen nun entweder Verheiſſung gewiſſer Belohnungen oder Androhung und Zufuͤgung gewiſſer Uebel die beyden Mittel zu ſeyn, wodurch Geſezgeber ihren Anordnungen Anſehen und 78) Vortreflich ſagt daher cicero in Orat. pro A. Cluen- tio cap. 53. Mens, et animus, et conſilium, et ſenten- tia civitatis, poſita eſt in legibus. Ut corpora noſtra ſine mente: ſic civitas ſine lege, ſuis partibus ut ner- vis, ac ſanguine et membris, uti non poteſt. 79) Von den Mitteln, wodurch die Heiligkeit der Geſetze
geſichert wird, handelt ſehr ausfuͤhrlich und mit dem ge- woͤhnlichen Scharfſinn Guſtav Bernh. Becmann in Diſſ. de aequitate privilegii odioſi et poteſtate imperantis circa illud. Goettingae 1750. §. 8. und folg. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0078" n="58"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">1. Buch. 1. Tit.</hi></fw><lb/> langung eines gewiſſen Gutes oder durch Abwendung ei-<lb/> nes gewiſſen Uebels zu bewirken. Wenigſtens haben alle<lb/> Geſetze dieſe Vermuthung fuͤr ſich, daß ſie in keiner<lb/> andern Abficht ſind gegeben worden <note place="foot" n="78)">Vortreflich ſagt daher <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">cicero</hi> in Orat. <hi rendition="#i">pro A. Cluen-<lb/> tio</hi> cap. 53. Mens, et animus, et conſilium, et ſenten-<lb/> tia civitatis, poſita eſt in legibus. Ut corpora noſtra<lb/> ſine mente: ſic civitas ſine lege, ſuis partibus ut ner-<lb/> vis, ac ſanguine et membris, uti non poteſt.</hi></note>. Das hoͤchſte<lb/> Wohl des Staats beſtehet alſo in der genaueſten Beob-<lb/> achtung der Geſetze. Sind nun gleich Unterthanen<lb/> in dieſer Ruͤckſicht ſchon an ſich verpflichtet, denen Ge-<lb/> ſetzen ihres Oberherrn Folge zu leiſten, und ihre Hand-<lb/> lungen denenſelben gemaͤß einzurichten, ſo ſtehet es doch<lb/> dem Geſezgeber zu, zweckmaͤſige Mittel zu gebrauchen,<lb/> und dadurch die Beobachtung ſeiner Geſetze deſto ge-<lb/> wiſſer und unausbleiblicher zu machen <note place="foot" n="79)">Von den Mitteln, wodurch die Heiligkeit der Geſetze<lb/> geſichert wird, handelt ſehr ausfuͤhrlich und mit dem ge-<lb/> woͤhnlichen Scharfſinn Guſtav Bernh. <hi rendition="#fr">Becmann</hi> <hi rendition="#aq">in Diſſ.<lb/><hi rendition="#g">de aequitate privilegii odioſi et poteſtate<lb/> imperantis circa illud</hi>. Goettingae</hi> 1750. §. 8.<lb/> und folg.</note>. Dieſe Mit-<lb/> tel werden deſto wirkſamer ſeyn, je mehr ſie der Ver-<lb/> ſuchung, die Geſeze zu uͤbertreten, in den Gemuͤthern<lb/> der Unterthanen ein Gegengewicht zu geben vermoͤgend<lb/> ſind. Gleichwie nun die Vorſtellung des Guten und<lb/> Boͤſen, welches eine Handlung zur Folge haben kann,<lb/> allerdings ein ſtarkes Motiv giebt, wodurch wir zur Be-<lb/> gehung oder Unterlaſſung einer ſolchen Handlung beſtim-<lb/> met werden, ſo pflegen nun entweder <hi rendition="#g">Verheiſſung<lb/> gewiſſer Belohnungen</hi> oder <hi rendition="#g">Androhung</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Zufuͤgung gewiſſer Uebel</hi> die beyden Mittel zu<lb/> ſeyn, wodurch Geſezgeber ihren Anordnungen Anſehen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [58/0078]
1. Buch. 1. Tit.
langung eines gewiſſen Gutes oder durch Abwendung ei-
nes gewiſſen Uebels zu bewirken. Wenigſtens haben alle
Geſetze dieſe Vermuthung fuͤr ſich, daß ſie in keiner
andern Abficht ſind gegeben worden 78). Das hoͤchſte
Wohl des Staats beſtehet alſo in der genaueſten Beob-
achtung der Geſetze. Sind nun gleich Unterthanen
in dieſer Ruͤckſicht ſchon an ſich verpflichtet, denen Ge-
ſetzen ihres Oberherrn Folge zu leiſten, und ihre Hand-
lungen denenſelben gemaͤß einzurichten, ſo ſtehet es doch
dem Geſezgeber zu, zweckmaͤſige Mittel zu gebrauchen,
und dadurch die Beobachtung ſeiner Geſetze deſto ge-
wiſſer und unausbleiblicher zu machen 79). Dieſe Mit-
tel werden deſto wirkſamer ſeyn, je mehr ſie der Ver-
ſuchung, die Geſeze zu uͤbertreten, in den Gemuͤthern
der Unterthanen ein Gegengewicht zu geben vermoͤgend
ſind. Gleichwie nun die Vorſtellung des Guten und
Boͤſen, welches eine Handlung zur Folge haben kann,
allerdings ein ſtarkes Motiv giebt, wodurch wir zur Be-
gehung oder Unterlaſſung einer ſolchen Handlung beſtim-
met werden, ſo pflegen nun entweder Verheiſſung
gewiſſer Belohnungen oder Androhung und
Zufuͤgung gewiſſer Uebel die beyden Mittel zu
ſeyn, wodurch Geſezgeber ihren Anordnungen Anſehen
und
78) Vortreflich ſagt daher cicero in Orat. pro A. Cluen-
tio cap. 53. Mens, et animus, et conſilium, et ſenten-
tia civitatis, poſita eſt in legibus. Ut corpora noſtra
ſine mente: ſic civitas ſine lege, ſuis partibus ut ner-
vis, ac ſanguine et membris, uti non poteſt.
79) Von den Mitteln, wodurch die Heiligkeit der Geſetze
geſichert wird, handelt ſehr ausfuͤhrlich und mit dem ge-
woͤhnlichen Scharfſinn Guſtav Bernh. Becmann in Diſſ.
de aequitate privilegii odioſi et poteſtate
imperantis circa illud. Goettingae 1750. §. 8.
und folg.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |