blos auf die Gnade und Mildigkeit des Regenten an, wel- che keine bestimmte Grenzen habe. Es bestättige auch eben dieses der bekannte Ausspruch Javolens36): beneficium imperatoris, quod a divina scilicet eius indulgentia proficisci- tur, quam plenissime interpretari debemus. Allein diese Gründe sind seicht, und haben mich nie für diese Mey- nung eingenommen. Denn
1) ist das von der Freygebigkeit des Regenten herge- nommene Argument viel zu kühn und kann für denjeni- gen, der auf landesherrliche Gnade lossündiger, sehr un- angenehme Folgen haben. Verleihet der Regent einem Unterthan ein Regal schlechtweg, ohne weder die Gattung desselben, noch die Art und Weise, dasselbe auszuüben, genau und deutlich auszudrücken; so muß im Zweifel im- mer eher vermuthet werden, daß sich der Regent bey der Verleihung des Regals, so wenig, als nur seyn konnte, habe vergeben wollen; indem sonst nicht allein die Sache selbst, sondern auch der gewöhnliche Hofstyl bestimmtere und deutlichere Ausdrücke erheischt haben würde 37). So- dann aber will auch b) der angezogene Ausspruch Javo- lens gar nicht dasjenige sagen, was man damit bewei- sen will; indem der wahre Sinn des Rechtsgelehrten nur dahin gehet, daß ein Privilegium so erkläret werden müs- se, daß die Gnade, die der Regent dadurch hat erzeigen wollen, nicht vereitelt werde, sondern diejenige vollkomme- ne Würkung habe, welche der Ertheiler dadurch intendirt hat 38). Und überhaupt ist noch die Frage, ob jene Stel-
le
36)L. 3. D. h. t.
37) Man vergleiche hier H. Hofr. Schnauberts Erläute- rung des in Deutschland üblichen Lehnrechts. Lib. 1. S. I. Cap. III. §. 65. S. 110. u folgg.
38) So erklären die Stelle Javolens auch I. H.boehmer in Diss. de finib. privilegior. reg. Cap. II. §. 9. und Fratres becmanni in Consil. et Decis. P. I. Resp. l. S. 23. u. a. m.
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de Conſtitutionibus Principum.
blos auf die Gnade und Mildigkeit des Regenten an, wel- che keine beſtimmte Grenzen habe. Es beſtaͤttige auch eben dieſes der bekannte Ausſpruch Javolens36): beneficium imperatoris, quod a divina ſcilicet eius indulgentia proficiſci- tur, quam pleniſſime interpretari debemus. Allein dieſe Gruͤnde ſind ſeicht, und haben mich nie fuͤr dieſe Mey- nung eingenommen. Denn
1) iſt das von der Freygebigkeit des Regenten herge- nommene Argument viel zu kuͤhn und kann fuͤr denjeni- gen, der auf landesherrliche Gnade losſuͤndiger, ſehr un- angenehme Folgen haben. Verleihet der Regent einem Unterthan ein Regal ſchlechtweg, ohne weder die Gattung deſſelben, noch die Art und Weiſe, daſſelbe auszuuͤben, genau und deutlich auszudruͤcken; ſo muß im Zweifel im- mer eher vermuthet werden, daß ſich der Regent bey der Verleihung des Regals, ſo wenig, als nur ſeyn konnte, habe vergeben wollen; indem ſonſt nicht allein die Sache ſelbſt, ſondern auch der gewoͤhnliche Hofſtyl beſtimmtere und deutlichere Ausdruͤcke erheiſcht haben wuͤrde 37). So- dann aber will auch b) der angezogene Ausſpruch Javo- lens gar nicht dasjenige ſagen, was man damit bewei- ſen will; indem der wahre Sinn des Rechtsgelehrten nur dahin gehet, daß ein Privilegium ſo erklaͤret werden muͤſ- ſe, daß die Gnade, die der Regent dadurch hat erzeigen wollen, nicht vereitelt werde, ſondern diejenige vollkomme- ne Wuͤrkung habe, welche der Ertheiler dadurch intendirt hat 38). Und uͤberhaupt iſt noch die Frage, ob jene Stel-
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36)L. 3. D. h. t.
37) Man vergleiche hier H. Hofr. Schnauberts Erlaͤute- rung des in Deutſchland uͤblichen Lehnrechts. Lib. 1. S. I. Cap. III. §. 65. S. 110. u folgg.
38) So erklaͤren die Stelle Javolens auch I. H.boehmer in Diſſ. de finib. privilegior. reg. Cap. II. §. 9. und Fratres becmanni in Conſil. et Deciſ. P. I. Reſp. l. S. 23. u. a. m.
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dieſes der bekannte Ausſpruch Javolens 36): beneficium
imperatoris, quod a divina ſcilicet eius indulgentia proficiſci-
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Gruͤnde ſind ſeicht, und haben mich nie fuͤr dieſe Mey-
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1) iſt das von der Freygebigkeit des Regenten herge-
nommene Argument viel zu kuͤhn und kann fuͤr denjeni-
gen, der auf landesherrliche Gnade losſuͤndiger, ſehr un-
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Unterthan ein Regal ſchlechtweg, ohne weder die Gattung
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genau und deutlich auszudruͤcken; ſo muß im Zweifel im-
mer eher vermuthet werden, daß ſich der Regent bey der
Verleihung des Regals, ſo wenig, als nur ſeyn konnte,
habe vergeben wollen; indem ſonſt nicht allein die Sache
ſelbſt, ſondern auch der gewoͤhnliche Hofſtyl beſtimmtere
und deutlichere Ausdruͤcke erheiſcht haben wuͤrde 37). So-
dann aber will auch b) der angezogene Ausſpruch Javo-
lens gar nicht dasjenige ſagen, was man damit bewei-
ſen will; indem der wahre Sinn des Rechtsgelehrten nur
dahin gehet, daß ein Privilegium ſo erklaͤret werden muͤſ-
ſe, daß die Gnade, die der Regent dadurch hat erzeigen
wollen, nicht vereitelt werde, ſondern diejenige vollkomme-
ne Wuͤrkung habe, welche der Ertheiler dadurch intendirt
hat 38). Und uͤberhaupt iſt noch die Frage, ob jene Stel-
le
36) L. 3. D. h. t.
37) Man vergleiche hier H. Hofr. Schnauberts Erlaͤute-
rung des in Deutſchland uͤblichen Lehnrechts. Lib. 1. S. I.
Cap. III. §. 65. S. 110. u folgg.
38) So erklaͤren die Stelle Javolens auch I. H. boehmer
in Diſſ. de finib. privilegior. reg. Cap. II. §. 9. und Fratres
becmanni in Conſil. et Deciſ. P. I. Reſp. l. S. 23. u. a. m.
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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/567>, abgerufen am 16.02.2025.
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