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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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1. Buch. 4. Tit.

2) Ein Privilegium im eigentlichen Verstande wird
immer nur einem gewissen Individuum ertheilet. Die-
ses kann nun entweder eine Person oder Sache seyn.
Auch moralische Personen sind nicht ausgeschlossen, z. B.
Städte, Innungen. Denn auch diese werden in rechtli-
chen Sinn denen einzelnen Personen gleich geachtet 20).

3) Durch ein Privilegium im eigentlichen Verstan-
de wird eine Ausnahme vom gemeinen Recht für meh-
rere zukünftige Fälle
gemacht. Dieß kann auf
eine zweyfache Art geschehen; entweder auf eine für den
Privilegirten vortheilhafte, oder eine für denselben
nachtheilige Weise. Erstere werden günstige Pri-
vilegien
genennt. Dahin gehören a) diejenigen, wo-
durch der Privilegirte einer sonst allgemeinen Erlaubniß
allein zu geniessen befugt wird, alle andere aber von dem
Gebrauch eines sonst gemeinen Rechts ausgeschlossen wer-
den; dergleichen man Monopolien nennt; b) diejeni-
gen, wodurch der Privilegirte ein Vorrecht erwirbt, so
nach dem gemeinen Recht keinem Unterthan, sondern nur
dem Landesherrn zustehet; c) solche, wodurch der Privi-
legirte von der sonst allgemeinen Verbindlichkeit eines
Gesetzes für das künftige befreyet wird. Ungünstige

oder
§. 4. anführen will. Allein es haben andere nicht weniger
berühmte Rechtslehrer, z. B. Leyser Spec. CCCCXLI.
m.
7. Böhmer Iur. Eccles. Prot. Lib. II. Tit. 26. §. 45.
Freyherr von Cramer in Opuscul. T. II. Op. 1. p. 1. u. ff.
von Cocceji in Iure Controvers. Lib. L. Tit. 6. Qu. 2.
Hector Wilh. von Günderrode in denen vom D.
Posselt herausgegebenen sämtlichen Werken aus dem T.
Staats, und Privatrechte, 2ten Band S. 219. u. a. m. mit
weit stärkern Gründen das Gegentheil dargethan.
20) L. 22. D. de fideinss. et mandator.
1. Buch. 4. Tit.

2) Ein Privilegium im eigentlichen Verſtande wird
immer nur einem gewiſſen Individuum ertheilet. Die-
ſes kann nun entweder eine Perſon oder Sache ſeyn.
Auch moraliſche Perſonen ſind nicht ausgeſchloſſen, z. B.
Staͤdte, Innungen. Denn auch dieſe werden in rechtli-
chen Sinn denen einzelnen Perſonen gleich geachtet 20).

3) Durch ein Privilegium im eigentlichen Verſtan-
de wird eine Ausnahme vom gemeinen Recht fuͤr meh-
rere zukuͤnftige Faͤlle
gemacht. Dieß kann auf
eine zweyfache Art geſchehen; entweder auf eine fuͤr den
Privilegirten vortheilhafte, oder eine fuͤr denſelben
nachtheilige Weiſe. Erſtere werden guͤnſtige Pri-
vilegien
genennt. Dahin gehoͤren a) diejenigen, wo-
durch der Privilegirte einer ſonſt allgemeinen Erlaubniß
allein zu genieſſen befugt wird, alle andere aber von dem
Gebrauch eines ſonſt gemeinen Rechts ausgeſchloſſen wer-
den; dergleichen man Monopolien nennt; b) diejeni-
gen, wodurch der Privilegirte ein Vorrecht erwirbt, ſo
nach dem gemeinen Recht keinem Unterthan, ſondern nur
dem Landesherrn zuſtehet; c) ſolche, wodurch der Privi-
legirte von der ſonſt allgemeinen Verbindlichkeit eines
Geſetzes fuͤr das kuͤnftige befreyet wird. Unguͤnſtige

oder
§. 4. anfuͤhren will. Allein es haben andere nicht weniger
beruͤhmte Rechtslehrer, z. B. Leyſer Spec. CCCCXLI.
m.
7. Boͤhmer Iur. Eccleſ. Prot. Lib. II. Tit. 26. §. 45.
Freyherr von Cramer in Opuſcul. T. II. Op. 1. p. 1. u. ff.
von Cocceji in Iure Controverſ. Lib. L. Tit. 6. Qu. 2.
Hector Wilh. von Guͤnderrode in denen vom D.
Poſſelt herausgegebenen ſaͤmtlichen Werken aus dem T.
Staats, und Privatrechte, 2ten Band S. 219. u. a. m. mit
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[538/0558] 1. Buch. 4. Tit. 2) Ein Privilegium im eigentlichen Verſtande wird immer nur einem gewiſſen Individuum ertheilet. Die- ſes kann nun entweder eine Perſon oder Sache ſeyn. Auch moraliſche Perſonen ſind nicht ausgeſchloſſen, z. B. Staͤdte, Innungen. Denn auch dieſe werden in rechtli- chen Sinn denen einzelnen Perſonen gleich geachtet 20). 3) Durch ein Privilegium im eigentlichen Verſtan- de wird eine Ausnahme vom gemeinen Recht fuͤr meh- rere zukuͤnftige Faͤlle gemacht. Dieß kann auf eine zweyfache Art geſchehen; entweder auf eine fuͤr den Privilegirten vortheilhafte, oder eine fuͤr denſelben nachtheilige Weiſe. Erſtere werden guͤnſtige Pri- vilegien genennt. Dahin gehoͤren a) diejenigen, wo- durch der Privilegirte einer ſonſt allgemeinen Erlaubniß allein zu genieſſen befugt wird, alle andere aber von dem Gebrauch eines ſonſt gemeinen Rechts ausgeſchloſſen wer- den; dergleichen man Monopolien nennt; b) diejeni- gen, wodurch der Privilegirte ein Vorrecht erwirbt, ſo nach dem gemeinen Recht keinem Unterthan, ſondern nur dem Landesherrn zuſtehet; c) ſolche, wodurch der Privi- legirte von der ſonſt allgemeinen Verbindlichkeit eines Geſetzes fuͤr das kuͤnftige befreyet wird. Unguͤnſtige oder 19) 20) L. 22. D. de fideinſſ. et mandator. 19) §. 4. anfuͤhren will. Allein es haben andere nicht weniger beruͤhmte Rechtslehrer, z. B. Leyſer Spec. CCCCXLI. m. 7. Boͤhmer Iur. Eccleſ. Prot. Lib. II. Tit. 26. §. 45. Freyherr von Cramer in Opuſcul. T. II. Op. 1. p. 1. u. ff. von Cocceji in Iure Controverſ. Lib. L. Tit. 6. Qu. 2. Hector Wilh. von Guͤnderrode in denen vom D. Poſſelt herausgegebenen ſaͤmtlichen Werken aus dem T. Staats, und Privatrechte, 2ten Band S. 219. u. a. m. mit weit ſtaͤrkern Gruͤnden das Gegentheil dargethan.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/558>, abgerufen am 22.11.2024.