Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.de Constitutionibus Principum. ratam et indubitatam haberi. Sollen jedoch Decreteund Rescripte nach dieser Verordnung des Justinians eine allgemeine gesetzliche Verbindungskraft haben, so wird nach den ausdrücklichen Worten derselben erfordert, daß selbige eine zweifelhafte und streitige Rechtsfrage ent- scheiden müssen. Denn die eine blose quaestionem facti entscheiden, z. B. ob der Beweis für vollführt zu halten, welcher dem Kläger oder dem Beklagten aufgelegt wor- den? oder ob die ergriffene Appellation für desert zu er- klären? können ihrer Natur nach nicht die Wirkung ei- nes gemeinen Rechts hervorbringen 70). So weit vom römischen Rechte; und ich glaube, durch den eingeschla- genen Weg der historischen Darstellung haben wir alle die Schwierigkeiten glücklich vermieden, die andere hier- bey gefunden, welche zwischen die L. 2. 3. und 12. Cod. de Legibus eine Vereinigung zu treffen gemeinet ha- ben 71). Die Frage ist nur noch, ob jene Vorschrift des justi nianischen Rechts noch heutiges Tages anwend- bar sey? Die Rechtsgelehrten sind deshalb nicht einer- ley Meinung. Huber 72) scheint es zu verneinen; al- lein 70) S. reinharth select. Observat. ad Christinaeum. Vol. I. Obs. I. n. 10. 11. u. folgg. 71) Man vergleiche Fr. balduinus in Iustiniano Lib. II. S. 95. (edit. Gundling.) Ebenderselbe in Commentar. ad §. 6. I. de I. N. G. et Civ. ad verb. Decreta. Ulr. huberus Praelect. ad Digest. h. t. §. 5. cocceji Iure Controv. h. t. Qu. 1. Casp. ziegler in Dicastice Conclus. XXXVI. §. 19. 20. u. folgg. 72) a. a. O. §. fin. Quod eo plus hodiernis moribus habet evi-
dentiae, quo magis constat, bis diebus Principes -- rebus iudicandis se dedere non solere, vel si his rebus se misceant, fere id eo comparatum esse, ut extra ordinem ignoscant, aut animadvertant, quod ad legis non valere consequentiam, ipsa iuris eivilis regula dictat. de Conſtitutionibus Principum. ratam et indubitatam haberi. Sollen jedoch Decreteund Reſcripte nach dieſer Verordnung des Juſtinians eine allgemeine geſetzliche Verbindungskraft haben, ſo wird nach den ausdruͤcklichen Worten derſelben erfordert, daß ſelbige eine zweifelhafte und ſtreitige Rechtsfrage ent- ſcheiden muͤſſen. Denn die eine bloſe quaeſtionem facti entſcheiden, z. B. ob der Beweis fuͤr vollfuͤhrt zu halten, welcher dem Klaͤger oder dem Beklagten aufgelegt wor- den? oder ob die ergriffene Appellation fuͤr deſert zu er- klaͤren? koͤnnen ihrer Natur nach nicht die Wirkung ei- nes gemeinen Rechts hervorbringen 70). So weit vom roͤmiſchen Rechte; und ich glaube, durch den eingeſchla- genen Weg der hiſtoriſchen Darſtellung haben wir alle die Schwierigkeiten gluͤcklich vermieden, die andere hier- bey gefunden, welche zwiſchen die L. 2. 3. und 12. Cod. de Legibus eine Vereinigung zu treffen gemeinet ha- ben 71). Die Frage iſt nur noch, ob jene Vorſchrift des juſti nianiſchen Rechts noch heutiges Tages anwend- bar ſey? Die Rechtsgelehrten ſind deshalb nicht einer- ley Meinung. Huber 72) ſcheint es zu verneinen; al- lein 70) S. reinharth ſelect. Obſervat. ad Chriſtinaeum. Vol. I. Obſ. I. n. 10. 11. u. folgg. 71) Man vergleiche Fr. balduinus in Iuſtiniano Lib. II. S. 95. (edit. Gundling.) Ebenderſelbe in Commentar. ad §. 6. I. de I. N. G. et Civ. ad verb. Decreta. Ulr. huberus Praelect. ad Digeſt. h. t. §. 5. cocceji Iure Controv. h. t. Qu. 1. Caſp. ziegler in Dicaſtice Concluſ. XXXVI. §. 19. 20. u. folgg. 72) a. a. O. §. fin. Quod eo plus hodiernis moribus habet evi-
dentiae, quo magis conſtat, bis diebus Principes — rebus iudicandis ſe dedere non ſolere, vel ſi his rebus ſe miſceant, fere id eo comparatum eſſe, ut extra ordinem ignoſcant, aut animadvertant, quod ad legis non valere conſequentiam, ipſa iuris eivilis regula dictat. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0541" n="521"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">de Conſtitutionibus Principum.</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">ratam et indubitatam haberi.</hi> Sollen jedoch Decrete<lb/> und Reſcripte nach dieſer Verordnung des Juſtinians eine<lb/> allgemeine geſetzliche Verbindungskraft haben, ſo wird<lb/> nach den ausdruͤcklichen Worten derſelben erfordert, daß<lb/> ſelbige eine zweifelhafte und ſtreitige Rechtsfrage ent-<lb/> ſcheiden muͤſſen. Denn die eine bloſe <hi rendition="#aq">quaeſtionem facti</hi><lb/> entſcheiden, z. B. ob der Beweis fuͤr vollfuͤhrt zu halten,<lb/> welcher dem Klaͤger oder dem Beklagten aufgelegt wor-<lb/> den? oder ob die ergriffene Appellation fuͤr deſert zu er-<lb/> klaͤren? koͤnnen ihrer Natur nach nicht die Wirkung ei-<lb/> nes gemeinen Rechts hervorbringen <note place="foot" n="70)">S. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">reinharth</hi> ſelect. Obſervat. ad Chriſtinaeum. Vol. I.<lb/> Obſ. I. n.</hi> 10. 11. u. folgg.</note>. So weit vom<lb/> roͤmiſchen Rechte; und ich glaube, durch den eingeſchla-<lb/> genen Weg der hiſtoriſchen Darſtellung haben wir alle<lb/> die Schwierigkeiten gluͤcklich vermieden, die andere hier-<lb/> bey gefunden, welche zwiſchen die <hi rendition="#aq">L.</hi> 2. 3. und 12. <hi rendition="#aq">Cod.<lb/> de Legibus</hi> eine Vereinigung zu treffen gemeinet ha-<lb/> ben <note place="foot" n="71)">Man vergleiche <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Fr</hi>. <hi rendition="#k">balduinus</hi> in Iuſtiniano Lib. II.</hi> S. 95.<lb/> (<hi rendition="#aq">edit. <hi rendition="#i">Gundling</hi>.</hi>) <hi rendition="#g">Ebenderſelbe</hi> <hi rendition="#aq">in Commentar. ad §. 6.<lb/> I. de I. N. G. et Civ. ad verb. <hi rendition="#i">Decreta. Ulr</hi>. <hi rendition="#k">huberus</hi><lb/> Praelect. ad Digeſt. h. t. §. 5. <hi rendition="#k">cocceji</hi> Iure Controv. h. t.<lb/> Qu. 1. <hi rendition="#i">Caſp</hi>. <hi rendition="#k">ziegler</hi> in Dicaſtice Concluſ. XXXVI.</hi> §. 19.<lb/> 20. u. folgg.</note>. Die Frage iſt nur noch, ob jene Vorſchrift<lb/> des juſti nianiſchen Rechts noch heutiges Tages anwend-<lb/> bar ſey? Die Rechtsgelehrten ſind deshalb nicht einer-<lb/> ley Meinung. <hi rendition="#g">Huber</hi> <note place="foot" n="72)">a. a. O. §. <hi rendition="#aq">fin. <hi rendition="#i">Quod eo plus hodiernis moribus habet evi-<lb/> dentiae, quo magis conſtat, bis diebus Principes — rebus<lb/> iudicandis ſe dedere non ſolere, vel ſi his rebus ſe miſceant,<lb/> fere id eo comparatum eſſe, ut extra ordinem ignoſcant, aut<lb/> animadvertant, quod ad legis non valere conſequentiam, ipſa<lb/> iuris eivilis regula dictat</hi>.</hi></note> ſcheint es zu verneinen; al-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">lein</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [521/0541]
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nach den ausdruͤcklichen Worten derſelben erfordert, daß
ſelbige eine zweifelhafte und ſtreitige Rechtsfrage ent-
ſcheiden muͤſſen. Denn die eine bloſe quaeſtionem facti
entſcheiden, z. B. ob der Beweis fuͤr vollfuͤhrt zu halten,
welcher dem Klaͤger oder dem Beklagten aufgelegt wor-
den? oder ob die ergriffene Appellation fuͤr deſert zu er-
klaͤren? koͤnnen ihrer Natur nach nicht die Wirkung ei-
nes gemeinen Rechts hervorbringen 70). So weit vom
roͤmiſchen Rechte; und ich glaube, durch den eingeſchla-
genen Weg der hiſtoriſchen Darſtellung haben wir alle
die Schwierigkeiten gluͤcklich vermieden, die andere hier-
bey gefunden, welche zwiſchen die L. 2. 3. und 12. Cod.
de Legibus eine Vereinigung zu treffen gemeinet ha-
ben 71). Die Frage iſt nur noch, ob jene Vorſchrift
des juſti nianiſchen Rechts noch heutiges Tages anwend-
bar ſey? Die Rechtsgelehrten ſind deshalb nicht einer-
ley Meinung. Huber 72) ſcheint es zu verneinen; al-
lein
70) S. reinharth ſelect. Obſervat. ad Chriſtinaeum. Vol. I.
Obſ. I. n. 10. 11. u. folgg.
71) Man vergleiche Fr. balduinus in Iuſtiniano Lib. II. S. 95.
(edit. Gundling.) Ebenderſelbe in Commentar. ad §. 6.
I. de I. N. G. et Civ. ad verb. Decreta. Ulr. huberus
Praelect. ad Digeſt. h. t. §. 5. cocceji Iure Controv. h. t.
Qu. 1. Caſp. ziegler in Dicaſtice Concluſ. XXXVI. §. 19.
20. u. folgg.
72) a. a. O. §. fin. Quod eo plus hodiernis moribus habet evi-
dentiae, quo magis conſtat, bis diebus Principes — rebus
iudicandis ſe dedere non ſolere, vel ſi his rebus ſe miſceant,
fere id eo comparatum eſſe, ut extra ordinem ignoſcant, aut
animadvertant, quod ad legis non valere conſequentiam, ipſa
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