Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

1. Buch. 3. Tit.
§. 74. und den folgenden Paragraphen von der Col-
lision teutscher Particulargesetze
vorgetragen
habe. Aus diesen ergiebt sich,

I) daß Statuten, welche blos die Person ihrer Bür-
ger und Gemeindeglieder betreffen, ihren Zustand, und
die davon abhängende Fähigkeit oder Unfähigkeit zu con-
trahiren, und zu disponiren, bestimmen, bey denensel-
ben, auch wenn sie sich ausser Landes befinden, als Nor-
men anzuwenden sind. Denn diejenige Qualität, welche
die Gesetze des Domiciliums einer Person geben, ist über-
all geltend, so lang dieselbe ihren Wohnsitz nicht verän-
dert. Man pflegt dergleichen Statuten statuta personalia
zu nennen. Wer also nach den Statuten seines Wohn-
orts eine Infamie contrahirt hat, oder für Mündig oder
Unmündig zu halten, trägt diese Eigenschaft überall mit
sich herum. Es kann auch die den Bürgern und Ein-
wohnern eines Orts nach ihren Statuten anklebende
Qualität in einem fremden Lande sogar in Ansehung derer
daselbst gelegenen Güter wirken, insofern nämlich der-
selben kein eigenes Statut daselbst entgegen stehet. Z. B.
wenn ein Sohn oder Tochter nach denen Statuten ihres
Wohnorts sui iuris werden, so genießet derselben Vater
nicht weiter die Nutzung ihres Vermögens, auch nicht
einmahl in Ansehung der unter einer fremden Landesobrig-
keit gelegenen Güter 5).

II) Wenn Statuten aber nur lediglich die Güter
der Gemeindeglieder betreffen, ohne Rücksicht auf die
Person ihrer Besitzer, (Statuta realia) so haben solche

zwar
5) riccius a. a. O. 2. Buchs 14. Hauptst. Io. Sam. Frid.
boehmer D. de efficacia statuti personalis extra territorium.
Frfti
1756. Einer andern Meinung ist voet ad Dig. Lib. I.
Tit. IV. P.
2. §. 5. und folgg.

1. Buch. 3. Tit.
§. 74. und den folgenden Paragraphen von der Col-
liſion teutſcher Particulargeſetze
vorgetragen
habe. Aus dieſen ergiebt ſich,

I) daß Statuten, welche blos die Perſon ihrer Buͤr-
ger und Gemeindeglieder betreffen, ihren Zuſtand, und
die davon abhaͤngende Faͤhigkeit oder Unfaͤhigkeit zu con-
trahiren, und zu diſponiren, beſtimmen, bey denenſel-
ben, auch wenn ſie ſich auſſer Landes befinden, als Nor-
men anzuwenden ſind. Denn diejenige Qualitaͤt, welche
die Geſetze des Domiciliums einer Perſon geben, iſt uͤber-
all geltend, ſo lang dieſelbe ihren Wohnſitz nicht veraͤn-
dert. Man pflegt dergleichen Statuten ſtatuta perſonalia
zu nennen. Wer alſo nach den Statuten ſeines Wohn-
orts eine Infamie contrahirt hat, oder fuͤr Muͤndig oder
Unmuͤndig zu halten, traͤgt dieſe Eigenſchaft uͤberall mit
ſich herum. Es kann auch die den Buͤrgern und Ein-
wohnern eines Orts nach ihren Statuten anklebende
Qualitaͤt in einem fremden Lande ſogar in Anſehung derer
daſelbſt gelegenen Guͤter wirken, inſofern naͤmlich der-
ſelben kein eigenes Statut daſelbſt entgegen ſtehet. Z. B.
wenn ein Sohn oder Tochter nach denen Statuten ihres
Wohnorts ſui iuris werden, ſo genießet derſelben Vater
nicht weiter die Nutzung ihres Vermoͤgens, auch nicht
einmahl in Anſehung der unter einer fremden Landesobrig-
keit gelegenen Guͤter 5).

II) Wenn Statuten aber nur lediglich die Guͤter
der Gemeindeglieder betreffen, ohne Ruͤckſicht auf die
Perſon ihrer Beſitzer, (Statuta realia) ſo haben ſolche

zwar
5) riccius a. a. O. 2. Buchs 14. Hauptſt. Io. Sam. Frid.
boehmer D. de efficacia ſtatuti perſonalis extra territorium.
Frfti
1756. Einer andern Meinung iſt voet ad Dig. Lib. I.
Tit. IV. P.
2. §. 5. und folgg.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0516" n="496"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">1. Buch. 3. Tit.</hi></fw><lb/>
§. 74. und den folgenden Paragraphen von der <hi rendition="#g">Col-<lb/>
li&#x017F;ion teut&#x017F;cher Particularge&#x017F;etze</hi> vorgetragen<lb/>
habe. Aus die&#x017F;en ergiebt &#x017F;ich,</p><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">I</hi>) daß Statuten, welche blos die Per&#x017F;on ihrer Bu&#x0364;r-<lb/>
ger und Gemeindeglieder betreffen, ihren Zu&#x017F;tand, und<lb/>
die davon abha&#x0364;ngende Fa&#x0364;higkeit oder Unfa&#x0364;higkeit zu con-<lb/>
trahiren, und zu di&#x017F;poniren, be&#x017F;timmen, bey denen&#x017F;el-<lb/>
ben, auch wenn &#x017F;ie &#x017F;ich au&#x017F;&#x017F;er Landes befinden, als Nor-<lb/>
men anzuwenden &#x017F;ind. Denn diejenige Qualita&#x0364;t, welche<lb/>
die Ge&#x017F;etze des Domiciliums einer Per&#x017F;on geben, i&#x017F;t u&#x0364;ber-<lb/>
all geltend, &#x017F;o lang die&#x017F;elbe ihren Wohn&#x017F;itz nicht vera&#x0364;n-<lb/>
dert. Man pflegt dergleichen Statuten <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">&#x017F;tatuta per&#x017F;onalia</hi></hi><lb/>
zu nennen. Wer al&#x017F;o nach den Statuten &#x017F;eines Wohn-<lb/>
orts eine Infamie contrahirt hat, oder fu&#x0364;r Mu&#x0364;ndig oder<lb/>
Unmu&#x0364;ndig zu halten, tra&#x0364;gt die&#x017F;e Eigen&#x017F;chaft u&#x0364;berall mit<lb/>
&#x017F;ich herum. Es kann auch die den Bu&#x0364;rgern und Ein-<lb/>
wohnern eines Orts nach ihren Statuten anklebende<lb/>
Qualita&#x0364;t in einem fremden Lande &#x017F;ogar in An&#x017F;ehung derer<lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;t gelegenen Gu&#x0364;ter wirken, in&#x017F;ofern na&#x0364;mlich der-<lb/>
&#x017F;elben kein eigenes Statut da&#x017F;elb&#x017F;t entgegen &#x017F;tehet. Z. B.<lb/>
wenn ein Sohn oder Tochter nach denen Statuten ihres<lb/>
Wohnorts <hi rendition="#aq">&#x017F;ui iuris</hi> werden, &#x017F;o genießet der&#x017F;elben Vater<lb/>
nicht weiter die Nutzung ihres Vermo&#x0364;gens, auch nicht<lb/>
einmahl in An&#x017F;ehung der unter einer fremden Landesobrig-<lb/>
keit gelegenen Gu&#x0364;ter <note place="foot" n="5)"><hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">riccius</hi></hi> a. a. O. 2. Buchs 14. Haupt&#x017F;t. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Io. Sam. Frid</hi>.<lb/><hi rendition="#k">boehmer</hi> D. de efficacia &#x017F;tatuti per&#x017F;onalis extra territorium.<lb/>
Frfti</hi> 1756. Einer andern Meinung i&#x017F;t <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">voet</hi> ad Dig. Lib. I.<lb/>
Tit. IV. P.</hi> 2. §. 5. und folgg.</note>.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">II</hi>) Wenn Statuten aber nur lediglich die Gu&#x0364;ter<lb/>
der Gemeindeglieder betreffen, ohne Ru&#x0364;ck&#x017F;icht auf die<lb/>
Per&#x017F;on ihrer Be&#x017F;itzer, (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Statuta realia</hi></hi>) &#x017F;o haben &#x017F;olche<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zwar</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[496/0516] 1. Buch. 3. Tit. §. 74. und den folgenden Paragraphen von der Col- liſion teutſcher Particulargeſetze vorgetragen habe. Aus dieſen ergiebt ſich, I) daß Statuten, welche blos die Perſon ihrer Buͤr- ger und Gemeindeglieder betreffen, ihren Zuſtand, und die davon abhaͤngende Faͤhigkeit oder Unfaͤhigkeit zu con- trahiren, und zu diſponiren, beſtimmen, bey denenſel- ben, auch wenn ſie ſich auſſer Landes befinden, als Nor- men anzuwenden ſind. Denn diejenige Qualitaͤt, welche die Geſetze des Domiciliums einer Perſon geben, iſt uͤber- all geltend, ſo lang dieſelbe ihren Wohnſitz nicht veraͤn- dert. Man pflegt dergleichen Statuten ſtatuta perſonalia zu nennen. Wer alſo nach den Statuten ſeines Wohn- orts eine Infamie contrahirt hat, oder fuͤr Muͤndig oder Unmuͤndig zu halten, traͤgt dieſe Eigenſchaft uͤberall mit ſich herum. Es kann auch die den Buͤrgern und Ein- wohnern eines Orts nach ihren Statuten anklebende Qualitaͤt in einem fremden Lande ſogar in Anſehung derer daſelbſt gelegenen Guͤter wirken, inſofern naͤmlich der- ſelben kein eigenes Statut daſelbſt entgegen ſtehet. Z. B. wenn ein Sohn oder Tochter nach denen Statuten ihres Wohnorts ſui iuris werden, ſo genießet derſelben Vater nicht weiter die Nutzung ihres Vermoͤgens, auch nicht einmahl in Anſehung der unter einer fremden Landesobrig- keit gelegenen Guͤter 5). II) Wenn Statuten aber nur lediglich die Guͤter der Gemeindeglieder betreffen, ohne Ruͤckſicht auf die Perſon ihrer Beſitzer, (Statuta realia) ſo haben ſolche zwar 5) riccius a. a. O. 2. Buchs 14. Hauptſt. Io. Sam. Frid. boehmer D. de efficacia ſtatuti perſonalis extra territorium. Frfti 1756. Einer andern Meinung iſt voet ad Dig. Lib. I. Tit. IV. P. 2. §. 5. und folgg.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/516
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/516>, abgerufen am 22.11.2024.